Lila046 Die dicke Barbie

Ja, ja, ja: ES GIBT NEUE BARBIES! Wir haben viele Zuschriften von euch erhalten und haben uns die neuen Barbies angeschaut. Außerdem: Gewalt gegen Frauen – wir sprechen über die Mörderin, die vom französischen Präsidenten Hollande begnadigt wurde.

Susanne und Katrin haben sich die neuen Barbies angesehen und kommentieren in dieser Folge die sogenannten „Fashionistas“, die als „Evolution“ des alten Barbie-Konzepts angesehen werden.

Außerdem sprechen wir über den spanischen Erzbischof, der findet, dass Frauen, die häusliche Gewalt erlebten, selbst schuld seien. Sie seien eben ungehorsam. Kann man finden, aber der französische Präsident Hollande sieht das offenbar anders: Er hat eine Mörderin begnadigt, die ihren gewalttätigen Mann umgebracht hat. In Frankreich hat der Fall eine große Debatte ausgelöst. Auch Katrin und Susanne können sich ein wenig streiten.

Außerdem sprechen wir über das Frauenbild eines seltsamen ungarischen Sängers, das erst einmal total veraltet rüberkommt, aber auch ein wenig in einer Sex-Sendung von Beckmann anklang. Wir gucken mal, ob wir wirklich schon so viel weiter sind, ne?

Am Schluss gibt’s wieder Tipps – diesmal zwei tolle Serien!

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Susanne Klingner
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Katrin Rönicke
Intro: CC-BY-NC-ND ProleteR “April Showers” http://proleter.bandcamp.com/

Links und Hintergründe

Barbie Fashionistas

Gewalt gegen Frauen

Jule erzählt aus Ungarn

Namenkunde

Serienempfehlungen

    https://www.youtube.com/watch?v=ZUnAbwaDYr0

32 thoughts on “Lila046 Die dicke Barbie”

  1. Liebe Katrin und liebe Susanne,

    ich habe auch das Gefühl, dass das Weltbild mit „Frauen sollen höchstens Empfangsdame, Friseurin, Sekretärin, Kindergärtnerin oder Krankenschwester werden“ zur Zeit immer stärker wird.
    Manche Frauen sind schon so verzweifelt, dass sie eine Menge Geld ausgeben, um ihre Eizellen einzufrieren für später, weil sie vielleicht jetzt doch noch z.B. in der Wissenschaft arbeiten wollen ohne direkt abgehängt zu werden oder vielleicht sogar Führungskraft werden wollen. Beides zusammen geht in Deutschland doch recht schwer, auch für Männer (wenn sie niemanden haben, der ihnen den Rücken frei hält. Frauen haben da trotzdem das Pech, dass sie in Mutterschutz „müssen“ und so schon viel leichter aus der Beförderungsstruktur rausfliegen).

    Ich war letzte Woche in Braunschweig bei einer Podiumsdiskussion über social freezing, da hab ich mich auch gefragt, wo manche Menschen ihre Weltbilder ausgegraben haben. Zusätzlich haben Leute von der NPD auch noch ihren Senf (aus dem Publikum) dazu gegeben und versucht Wahlwerbung zu machen. Die beiden Weltbilder gehören wohl irgendwie zusammen. Mir begegnen immer mehr Faschisten und auch immer mehr Leute mit sehr verkrusteten Frauenbildern.

    Ich habe keine Kinder, trotzdem störe ich mich in letzter Zeit daran, dass oft gesagt wird „Der Kollege XY hat 2 Monate Elternteilzeit genommen. Das machen bei uns schon viele im Unternehmen.“ Die Leute wollen dafür gelobt werden, wie toll das ja ist, dass das Unternehmen die 2 Monate zulässt und dass der Mann sich getraut hat die 2 Monate einzufordern. Ich verstehe das nicht. So wie das Elterngeld jetzt ist, ist doch jeder, der sowieso bei seinem Kind sein will, schon ziemlich dämlich, wenn er sich nicht mal die 2 Monate geben lässt, weil die doch sonst einfach verfallen? Wenn die meisten Frauen 12 Monate nehmen und das irgendwie mit ihrem beruflichen Werdegang hinzubekommen sein muss, wieso ist es für Männer so schwer vielleicht 6 Monate frei/teilzeit fürs Kind zu nehmen?

    Ich hab mir erzählen lassen, dass es Arbeitgeber/Vorgesetzte gibt, die sich total freuen, wenn ein Mann Papa wird, weil das aus ihrer Erfahrung heraus bedeutet, dass der Mann jetzt freiwillig viel härter und viel länger arbeitet und freiwillig ordentlich Überstunden macht, wenn es nötig ist. Ich weiß nicht, ob es Studien zu dem Thema gibt. Mir wurde halt gesagt, dass es oft wirklich so stimmt, dass Männer sehr lang auf Arbeit bleiben, weil die Kinder Zuhause nerven. Mich hat diese Aussage wirklich schockiert. Wenn es den Männern so geht, dann muss es doch auch Frauen geben, denen es so geht. Ich kenn aber niemanden der sagt, dass eine Mutter absichtlich auf Arbeit bleibt. Ich vermute, weil die Mutter ja meistens niemanden hat, der pausenlos auf die Kinder aufpassen kann. Die Familienarbeit (oder wie man das nennt) ist im Allgemeinen wirklich extrem stark auf die Frauen abgeschoben, egal wie man das dreht und wendet. Also ich meine auch aus der Sicht der Arbeitgeber, die ja auch ein bestimmtes Bild von Mann und Frau erwarten. Wer nicht ins Muster passt, wird aussortiert, wie die Sache mit den Teilzeit-Führungskräften. Das will man nicht, also bietet man das erst gar nicht an und dann ist das Problem erledigt.

    Ich hab Angst vor der Zukunft. Ich hab es satt an faschistische und „Frauen sollen den Männern dienen“ Weltbilder zu geraten. Es muss doch irgendwann alles individueller werden, sodass jeder das aussuchen kann, was für sein Leben am zufriedenstellendsten umzusetzen ist.

    Liebe Grüße!

  2. Zu dem Fall aus Frankreich: Ich würde da nochmal um etwas mehr Vertiefung und Faktenabwägung bitten. Mir tut das beim zuhören hier und da schon ein wenig weh, ohne das böse zu meinen. Aber: In einem Justizverfahren spielt die individuelle Schuldzumessung immer eine zentrale Rolle. Obejktiver Tatbestand, Subjektiver Tatbestand, externe und interne Faktoren spielen im Verfahren eine besondere Rolle und führen dann auch zu einem individuell zugemessenen Strafmaß – allein deswegen gibt es in den Strafgesetzen ja bisweilen Unterschiede von 4-5 Jahren in der Strafzumessung, eben weil der individuelle Fall Beachtung finden soll. Obendrein muss man meiner Ansicht nach immer wieder im Hinterkopf haben, dass der Mord-Tatbestand des deutschen Rechts mit der einzig möglichen Rechtsfolge Lebenslänglich weltweit ein Einzelfall ist, die jeweilige Konstruktion ist ein Ausnahmefall.
    Ich sehe es hier ähnlich wie ich Kadda verstanden habe – Einzelfälle können in wenigen Fällen auf Lücken im Verfahren hinweisen, sollten jedoch nicht dazu genutzt werden das aktuelle Recht in Frage zu stellen, In Nuancen mag es Bedarf zu Konkretisierungen geben, im allgemeinen ist die Rechtspraxis aber unangefochten. Das mag erz-konservativ klingen.
    Abgesehen davon möchte ich mir nicht vorstellen, welche Auswirkungen es hätte, wenn Merkel Einfluss auf die Entscheidungen der Justiz nehmen könnte.

  3. Die Rede des spanischen Erzbischofs wurde übrigens falsch zitiert und stark verkürzt, hier die Übersetzung des Teils aus der Wikipedia: „Der Großteil der Frauen, die getötet werden, werden von ihren Ehemännern umgebracht, die ihre Frauen nicht respektieren, die sie ablehnen, vielleicht, weil sie manchmal ihre Anweisungen nicht befolgen; oder sie werden durch ihre Expartner umgebracht, oder auch durch die, mit denen sie zusammenlebten. Oft ist es eine vom Machismo herrührende Reaktion, die ihren Ursprung darin hat, dass sie die Scheidung eingereicht hat. Es ist wunderbar, dass die Frauen, die bedroht werden, das (offen) sagen, und es gibt durch neue Schutzmechanismen die Möglichkeit, ein Verbrechen zu verhindern. … Um in das Leben des oder der Anderen einzutreten, wenn diese/r sogar Teil unseres Lebens wird, bedarf es der Feinfühligkeit, nicht übergriffig zu handeln; eine Feinfühligkeit, die das Vertrauen erneuert, den Respekt und die Liebe. Je intimer und tiefer die Liebe ist, desto mehr fordern diese Tugenden, die Freiheit (des Anderen) zu respektieren und die Fähigkeit zu hoffen.“

    Für die des Spanisch mächtigen Leser ist hier das Original (ich kann’s nur grob verstehen): http://www.architoledo.org/Arzobispo%20don%20Braulio/2015/12%2027%20homilia%20sagrada%20familia.htm

    Eine Übersetzung findet sich hier: http://disputata.de/wp-content/uploads/2016/01/151227_Predigt_Erzbischof_von_Toledo.pdf

    Das ist natürlich immer noch konservativ (aber hey, es ist ein spanischer katholischer Bischof, selbstverständlich ist es konservativ), liest sich aber meines Erachtens schon deutlich anders als das, was in dem verlinkten Artikel verbreitet wurde.

  4. Was Curvy Barbie angeht: Sie ist eine Repräsentation von Frauen die üblicherweise als Plus Size Model bezeichnet werden. Diese Frauen sind in der Modewelt mittlerweile einigermaßen akzeptiert, im Sinne von: sie haben keinen Schockwert mehr. Aber mehr als Größe 42-44 tragen die meisten von ihnen nicht, sie sind also eigentlich der Durchschnitt. Diese Frauen gelten zwar als „curvy“ aber eben nicht „zu curvy“ (a.k.a. dick oder fett).
    Erfolgreiche Models die „richtig“ fett sind, gibt es nach wie vor kaum welche (bekannsteste Ausnahme ist vermutlich Tess Holiday). Hinzu kommt, dass auch in dem Bereich bestimmte Körperformen wesentlich bevorzugt werden und als „besser“ gelten. Vor allem die sog. Sanduhrfigur, also eine ausgeprägte Taille. Und das sieht man auch bei Curvy Barbie, obwohl sie nicht mal fett ist.

  5. Hallo ihr beiden,

    ich höre euren Podcast immer gern (an dieser Stelle vielen Dank für viele Stunden Informationen und Denkanstöße!) und stimme euch auch meistens zu, aber bei Susanne Schilderung ihrer Sicht zum Frau-in-Frankreich-erschießt-ihren-Mann-Fall blieb mir fast die Spucke weg. Zum Glück hat Kadda gleich widersprochen. Ich stimme Kadda absolut zu wiederhole die Argumente jetzt nicht, sondern ergänze nur ein paar Gedanken.

    Ich bin kein Jurist und kenne mich erst recht nicht im französchen Recht, vermute aber, dass in dem Fall schon mildernde Umstände geltend gemacht wurden (häufig werden Mörder ja zu längeren Strafen verurteilt) und finde es auch gerechtfertigt, dass die Frau eine langjährige Haftstrafe erhalten hat. Ob nun 7 oder 10 Jahre angemessener sind, da kann man sicher streiten. Da das Stichwort „gehirngewaschen“ fiel, möglicherweise könnte man noch überlegen, inwieweit die Frau schuldfähig war wenn sie durch ihre Gewalterfahrungen traumatisiert ist.

    Andererseits glaube ich mich zu erinnern (vorsicht: gefährliches Halbwissen), dass Frauen häufig in ähnlichen Fällen zu besonders schweren Strafen verurteilt werden, weil der Mord als besonders heimtückisch angesehen wird (lange geplant, von hinten erschossen, keine akute Notsituation, Mord aus Rache und Vergeltung). Das ist natürlich ungerecht, aber irgendwie sind die Argumente auch nicht von der Hand zu weisen.

    Jetzt muss man überlegen, was man dagegen tun kann, und ich finde es sehr schön, wenn der aktuelle Fall genutzt wird, um da mal drüber nachzudenken. z.B. könnte man Hilfsangebote für Opfer häuslicher Gewalt verbessern, auf vorhandene Hilfsangebote stärker hinweisen, die Situation von Allenerziehenden verbessern, Sorgerechtregelungen im Scheidungsfall bei gewalttätigen Partnern anpassen, Gewalt und insbes. Vergewaltigung in der Beziehung stärker ahnden und leichter beweisbar machen usw.

    Aber Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen, zu ermutigen, ihren Peiniger umzubringen, kann nicht die Lösung sein. Wer entscheidet denn, wann das Maß voll ist und es nun gerechtfertigt ist, zu töten? Das ist Selbstjustiz! Und Susannes Argument, sicher würde niemand leichtfertig zu einer solchen Maßnahme greifen, mag ich so nicht gelten lassen. Gesetze müssen klar und allgemeingültig sein. Darüber hinaus finde ich es sehr gut, dass die Todesstrafe bei uns abgeschaft ist!

    Interessant finde ich die Frage warum es soweit gekommen ist? Einerseits warum wurde der Frau nicht geholfen, andererseits auch warum wusste sie sich nicht selbst zu helfen? Angst vorm allein(erziehend)sein kann es ja nicht gewesen sein…

    1. Ich war auch froh, dass Kadda so vehement widersprochen hat, denn so ist auch mein Empfinden bei der Geschichte. Ich kenne mich auch weder, was Gesetze und Recht betrifft besonders aus, noch habe ich viel Kenntnis von anderen Fällen, ich gehe aber schon davon aus, dass auch bei einem Mordfall vor Gericht prinzipiell darüber verhandelt wird, wie die Umstände sind. Denn so kommen ja auch da im Zweifel unterschiedliche Strafmaße heraus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Rechtssprechung da so schwarz und weiß ist. (Kann aber auch sein, dass ich da falsch liege.)

      Sowohl in dem erzählten Fall als auch in dem von Susanne genannten hypothetischen Fall von Natascha Kampusch (was, wenn sie ihren Entführer umgebracht hätte?) bleibt es für mich Mord. Eventuell kann man die Beweggründe besser verstehen oder trauert auch dem Opfer weniger hinterher, man kann daraus aber aus diesem Grund nicht einfach Notwehr machen.

      Es fällt mir auch schwer, den Mord an seinem Peiniger in einer nicht konkret bedrohlichen Situation als „Möglichkeit“ zu sehen. Das mag in besonderen Umständen auch nachvollziehbar sein, aber wie Kadda auch sagte, gab es in diesem Fall andere Möglichkeiten. Dass man sich als Mensch so in seiner Situation gefangen sieht, dass man diese Möglichkeiten aus diversen Gründen nicht sieht oder nicht als Option begreift, kann bei der Beurteilung des Strafmaßes eine Rolle spielen, aber nicht unbedingt bei der Kategorisierung der Tat.

      Wenn es wirklich in den Bereich „gehirngewaschen“ geht, dann müsste eine durch langjährige Tortur und Unterdrückung erzeugte geminderte Schuldfähigkeit festgestellt werden, ähnlich ja auch wie Drogeneinfluss eine Rolle bei der Beurteilung spielt. Ich gehe aber tatsächlich etwas optimistisch davon aus, dass solche Themen bei einer Gerichtsverhandlung sehr wohl eine Rolle spielen, und wir insgesamt mit den bestehenden Gesetzen zumindest in diesem Bereich ganz gut ausgestattet sind.

      1. Wenn jemand jahrelang so verzweifelt ist und sich keine Hilfe holen kann usw, dann ist dem Menschen doch auch total egal, ob er für den Mord (die Lösung aller seiner Probleme) nun 2 oder 20 Jahre ins Gefängnis kommt.

        Wenn sich der Sohn wegen des Vaters umgebracht hat, war er ja genauso verzweifelt, wie seine Mutter. Er hat es nur anders ausgelebt. Wenn die Frau keine Kinder hätte, vermute ich, dass sie sich in der Situation selbst umgebracht hätte schon vor Ewigkeiten.

        Es gibt halt Familien, wo eine Scheidung oder Trennung keine Option ist. Ich kenn das aus besonders gläubigen Familien und aus welchen, wo die älteren Verwandten viel zu sagen haben, also viel Macht haben. Kommt halt immer drauf an, wie das Umfeld ist.

      2. Ja wirklich, ich hab mich während Susannes Part furchtbar aufgeregt. Natürlich ist noch unheimlich viel zu tun im Bereich Aufklärung (auch und insbesondere für Männer und deren Verhältnis zu Gewalt, Kontrollsucht usw.), der öffentlichkeitsarbeit von Frauenhäusern, Schulungen bei der Polizei und vieles Mehr. Aber eine Ausweitung des Notwehrbegriffes auf solche Situationen? Es lief mir kalt den Rücken runter. Da spielt die geistige Verfassung der Täterin (bzw. des Opfers in Bezug auf all die Jahre zuvor) keine Rolle. Die Umstände spielen natürlich trotzdem eine Rolle beim Strafmaß, bei der Schuldfähigkeit u.Ä. Aber Notwehr? Nie und nimmer.

        1. Nur ein kurzer Einwurf: Ich bin mir recht sicher, im Podcast nicht von „Notwehr“ gesprochen zu haben, sondern von „Totschlag“. Deswegen möchte ich auch vermeiden, dass jetzt in der Diskussion die Tatbestände „Mord“ und „Notwehr“ miteinander verglichen werden, weil das nicht das war, worüber Kadda und ich nachgedacht haben.

          Mir geht es um den Vorsatz, der beim Urteil „Mord“ vorausgesetzt wird. Die Frau ist wegen Mordes verurteilt worden und nicht wegen „Totschlag“, ein Urteil, das nach meinem Empfinden mehr Nuancen zulässt.

          Aber ich bin keine Juristin und kenne die Spitzfindigkeiten nicht. Allerdings mag ich auch nicht so recht dazu neigen, unser Rechtssystem (so gut es angelegt ist) schon perfekt und lückenlos zu finden.

          Viele Grüße, Susanne

          1. Soweit ich den Artikel in der Wikipedia verstehe, ist Jacqueline Sauvage tatsächlich wegen Mordes OHNE Vorsatz verurteilt worden (obwohl wohl zwischenzeitlich auch Mord MIT Vorsatz im Gespräch war). So erklärt sich auch die insgesamt im Verhältnis kurze Haftstrafe von zehn Jahren. Hier finde ich auch keine wirklich eindeutigen Aussagen über übliche Strafen in Frankreich. Das hier habe ich zum Beispiel gefunden: „si le meurtre est en principe passible de 30 ans de prison, l’assassinat est passible de la réclusion criminelle à perpétuité.“

            Meurtre ist in diesem Fall Mord ohne Vorsatz (sans préméditation) und wird mit bis zu 30 Jahren im Gefängnis bestraft, assasinat ist Mord mit Vorsatz (avec préméditation) und wird mit lebenslanger Haft bestraft.

            Ich würde also davon ausgehen, dass die geforderten Nuancen in diesem Fall schon eine Rolle gespielt habe. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern der französische meurtre sans préméditation dem deutschen Totschlag entspricht, es wurde aber zumindest in der Hinsicht abgewägt, dass nicht der schlimmste anzunehmende Fall, also Mord mit Vorsatz das abschließende Urteil war.

            Bei der Petition in Frankreich ging es – soweit ich das verstanden habe – in Bezug auf Gesetzesänderungen tatsächlich darum, Fälle wie den von Jacqueline Sauvage als Notwehr bzw. zeitversetzte Selbstverteidigung zu behandeln, was dann wirklich wieder eine ganz andere Sache wäre.

            Zuletzt gesagt: Ich bin auch keine Juristin und habe nur versucht, die französische Berichterstattung einigermaßen zu verstehen, was schwer genug war.

          2. @Susanne: Ich muss dir da einfach vehement widersprechen.

            Mord bleibt Mord. Dort von Totschlag zu reden halte ich für extrem gefährlich.

            Die Justiz hat immernoch blind zu sein und alle Menschen als gleichwertig zu betrachten. Den Mord auf Totschlag herunterzustufen käme einer Sympathisierung mit der Frau zugleich und wäre eine indirekte Einführung von Selbstjustiz

            Es sind alle objektiven Kriterien (nach deutschem Recht) für einen Mord gegeben, dann kann gemäß unseres Rechtstaats auch Mord nur das einzige Urteil sein.

            Susanne, was du machen möchtest ist Einzelfallgerechtigkeit zu erlangen, indem du das Gesetz dahingehend änderst. Das ist ein typischer Fehler von Leuten, die sich mit dem Justizsystem nicht so auseinandersetzen. In Wahrheit öffnest du nur Tür und Angel für eine unpräzise Rechtssprechung und damit institutioneller Ungerechtigkeit.

            PS: Es gibt im Strafmaß idR. immer einen Ermessensspielraum um auf mildernde Umstände Rücksicht zu nehmen.

          3. Hallo Anne,

            durch die Presse hatte ich nur mitbekommen, dass es zu Diskussionen über Gesetzesänderungen kam, was ich gut finde, wenn sowas immer mal wieder diskutiert wird, um zu schauen: Funktioniert unser Rechtssystem noch, ist unser Rechtsverständnis immer noch das gleiche?

            Dass die Initiative tatsächlich darauf drängt, das Gesetz in Richtung Notwehr zu ändern, wusste ich nicht und das finde ich auch mehr als bedenklich. Deswegen danke für die Details zum Fall Sauvage.

            Viele Grüße, Susanne

          4. @BigDaddyJohn Noch mal: Die Frau wurde aufs deutsche Recht übertragen für Totschlag verurteilt, NICHT für Mord. In Frankreich wird zwischen assasinat und meurtre unterschieden, wobei aber assasinat die schlimmere Tat ist und meurtre die etwas weniger schlimme (im amerikanischen Recht entspricht es wohl etwas dem first und second degree murder).

            Im deutschen haben wir diese Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag, wobei eben hier Mord das schlimmere von beiden ist. Ich würde hier im Zweifel auch auf einen Übersetzungsfehler tippen, da das französische Wort meurtre eben zunächst mit Mord übersetzt wird.

            „Es sind alle objektiven Kriterien (nach deutschem Recht) für einen Mord gegeben, dann kann gemäß unseres Rechtstaats auch Mord nur das einzige Urteil sein.“

            Welche sollen das sein? Wenn man sich zumindest in der Wikipedia-Definition umschaut, kommt aus meiner Sicht maximal „Heimtücke“ in Betracht, alle anderen typischen Mordmerkmale sind – so weit wir das beurteilen können ohne Tatdetails zu kennen – nicht gegeben. (Typische Mordmerkmale sind z.B. niedere Beweggründe wie Habgier, tatsächliche Mordlust, sexuelle Motive, Verdeckung einer anderen Straftat etc.)

            Ich habe eher das Gefühl, dass wir selber die juristische Definition von Mord und Totschlag nicht kennen und dementsprechend hier sehr schwammig und tendenziell uninformiert und emotional diskutiert wird. Da schließe ich mich selbst nicht aus, deswegen habe ich tatsächlich ein bisschen Zeit investiert, um nachzuprüfen, was die unterschiedlichen Begriffe überhaupt bedeuten und wie sie sich unterscheiden. Ich bin jetzt ein bisschen schlauer, weiß aber vor allem, dass es eben doch kompliziert ist.

          5. @Anne: Vielleicht ist das nicht ganz klargeworden, aber ich studiere Rechtswissenschaften 😉

            Richtig, das Kriterium der Heimtücke ist bei der Tötung erfüllt, da das Opfer arg- und wehrlos war. Dadurch handelt es sich um einen Mord 😉 Unter Umständen könnte man auch noch für niedere Beweggründe argumentieren, da die Tat ein reaktiver Akt, der allerdings nicht unmittelbar stattfand war. Sofern ich informiert bin, hatte sie sich zuerst schlafen gelegt und hat dann auf den Mann geschossen.

            Es müssen zudem nicht alle Kriterien kumulativ erfüllt sein.

  6. @Mina
    sorry, aber ich verstehe nicht, wofür dein erster Absatz ein Argument ist. Dass es egal ist, wie hoch die Strafe ist? Das alles so bleiben kann wie es ist? Dass das Töten in diesem Fall straffrei sein sollte?

    Und vielleicht bin ich zu pragmatisch, aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es (als erwachsene Person in Mitteleuropa) einfacher ist, andere oder gar sich selbst umzubringen, als sich in den Zug zu setzen, ein paar 100km weiter zu fahren und ein neues Leben zu beginnen und seinen Expartner und seine Familie nie wieder zu sehen. Immerhin hat man so eine faire Chance, noch ein paar glückliche Jahrzehnte auf dieser Erde zu weilen… Gegen religiöse Argumente kann ich allerdings nichts sagen.

    1. Dass es so ungefähr so bleiben soll, wie es ist. Man soll natürlich die Strafmündigkeit, oder wie das heißt, einbeziehen. So wie dieKadda das im Podcast erklärte.

      Ich wollte nur sagen, auch wenn man die Strafe z.B. bei jedem Mord auf 50 Jahre setzen würde, würden trotzdem Morde passieren und auch insbesondere solche, wo sich die Menschen vor Verzweiflung nicht anders zu helfen wissen.

      Ich kenne zu viele Menschen, die sich umgebracht haben. Ich kann es auch nachvollziehen. Wenn das eigene Leben unerträglich wird, dann ist das halt eine Lösung, um es nicht weiter ertragen zu müssen.

      Ich finde auch nicht, dass der Fall als Notwehr durchgehen sollte.

      Ich finde Frauenhäuser irgendwie seltsam, weil ich immer nicht weiß, wo gehen die Männer hin, wenn sie Zuhause misshandelt werden? Es gibt doch bestimmt auch genug Männer, die ihre Kinder beschützen, aber nicht von der Frau loskommen, die den Kindern und ihm Schaden zufügt.

  7. *Off Topic*
    Karneval ist eine seltsame Zeit. Mein Sohn, fast 4 , darf sich „jedes Jahr“sein Kostüm selbst aussuchen, aber dieses Jahr kam der Schock.
    Er pichte vehement darauf als Elsa zu gehen – HALLO als Elsa.
    Das ging mal gar nicht.
    Wir stritten und ich versuchte ihn umzustimmen, dass in seinem Lieblingsfilm Anna die Heldin ist und nicht Elsa.
    Letztendlich lief es darauf hinaus, dass ich Anna war und er Elsa – Glück gehabt. 😀

    Wo in der soziologischen Entwicklung geht diese Freizügigkeit verloren ?

    1. ich wünsche euch, dass nie. ich müsste jetzt überlegen, wann das bei meinem Sohn war. aber um die fünf wird er wohl schon gewesen sein. ich sehe aber immer mehr Jungen, die sich Röcke oder Kleider wünschen, Glitzer toll und Fußball oll finden… also: genießt einfach und ich glaube fest daran, dass diese Kinder das auch in ihrem Herzen behalten, wenn es erstmal nicht mehr so ausgelebt wird 🙂

  8. Also, ich reg mich grad SO WAS von auf über die Stelle zu FatAcceptance.
    Kinder sollen also bitte sportlich sein, um nicht gehänselt zu werden?
    Das ist doch wie: Kinder sollen bitte sich gendergenormt kleiden, um nicht gehänselt zu werden. Oder: Kinder sollen heterosexuelle, weiße Mittelschichtseltern haben, um nicht gedisst zu werden.
    Hallo?!?!
    Merkt Ihr schon, oder?! Oder?!
    Sportlich&angeblich!!!!gesund zu sein ist echt das neue Hetero&weiß&Mainstream. Kotz.

    So, jetzt hör ich weiter.

    1. Ich muss mich da mal vor die liebe Susanne werfen. ich glaube, sie wird hier missverstanden. Da muss man unterscheiden zwischen a) was für eine Gesellschaft will man und b) was will meinen Kindern gern ersparen, in der Gesellschaft, in der sie nun einmal momentan sind. Und da kann ich schon verstehen, dass man seinen Kindern ersparen will, gehänselt zu werden – klar ist da ein double bind, weil man damit ja auch die Zustände affirmiert. Aber so habe ich Susanne verstanden.
      Wir werden das Thema „sportlich ist das neue dünn“ noch einmal aufnehmen, weil wir da etwas angeschnitten haben, was viel größer ist, als es jetzt Zeit bekommen hat. ich hoffe, dass wir da auch ein paar Missverständnisse beseitigen können.
      danke fürs weiterhören! 🙂

    2. Hallo Frau Auge,

      Katrin ist ja schon dankenswerterweise kurz zwischen deine Wut und mich gesprungen und sie hat mich da richtig verstanden (wir kennen uns halt schon eine Weile). Es ist für mich ein sowohl-als-auch. Ich finde es sowohl wichtig, dass wir zu einer Gesellschaft kommen, in der jede Körperform akzeptiert und respektiert wird. Als auch dafür, jetzt meine Kinder eher zum Sportlichsein anzuhalten – zum Einen, weil ich ihnen das Ausgeschlossenwerden ersparen will, dass in meiner Kindheit an der Tagesordnung war, als auch, weil ich ihnen wünsche, auf jeden Baum ihrer Wahl klettern zu können.

      Für mich heißt sportlich übrigens nicht dürr-plus-muskulöse-Arme. Dass es diesen Trend gibt, wusste ich nicht, bis ich in den Link geklickt habe, den Katrin in die Shownotes gepackt hat (http://www.welt.de/icon/article148329975/Die-athletische-Frau-ist-das-neue-Schoenheitsideal.html). Das, was da beschrieben wird, hat aber nichts mit meiner Idee von Sportlichkeit zu tun…

      Wir Katrin schon erwähnte: Wir wollen in unserer nächsten gemeinsamen Folge noch einmal über das Thema sprechen, weil ich selbst das Gefühl hatte, das sei im Podcast zu kurz gekommen und missverständlich rübergekommen.

      Wenn dich meine Ausführungen verletzt haben sollten, tut mir das sehr leid.
      Viele Grüße, Susanne

      P.S.: Ich schätze den unaufgeregten Tonfall hier in unseren Kommentaren sehr. Ich mag, dass jede und jeder erst einmal davon ausgeht, dass die oder der Andere keine bösen Absichten hat und dass erst mal nachgefragt wird, wie jemand etwas meint. Solche Diskussions-Orte sind im Internet mittlerweile selten, aber deswegen umso wichtiger. Deswegen wünsche ich mir, dass wir auch in Zukunft eher auf der neugierig-diskussionsfreudigen Ebene bleiben und alle Beteiligten Großbuchstaben, Ausrufezeichen und „Kotz“-Einwürfe nur extrem vorsichtig benutzen. Danke.

  9. Hm. Für mich gibt es Werte, die wichtiger sind als soziale Gerechtigkeiten. Ja, wir brauchen Geschlechtergerechtigkeit und mehr Schutz von Frauen vor Missbrauch und Vergewaltigung. Dazu gehören Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit. Denn, wenn wir sowas generell nicht mehr haben, weil bestimmte soziale Gruppen einen Blankoschein für gerichtliche Wahrheit haben, dann haben wir Willkür. Ich halte es für sehr schwierig, die radikaleren Forderungen zu sexueller Gewalt mit Rechtssicherheit unter einen Hut zu bringen und dann müssen wir uns überlegen, welche Werte uns wichtiger sind.

    Die Idee, die Umstände als Teil der Beweise aufzunehmen, halte ich für eine gute Verbesserung der aktuellen Zustände, aber das ist auch die erste Idee, bei der ich keine Angst habe, dass andere Teile der Gesellschaftsregelung dabei auf der Strecke bleiben. Es wird aus meiner Sicht nicht so oft darauf geachtet, dass es bestimmte Prinzipien gibt, die wir bei aller Weltverbesserung nicht aufgeben sollten.

  10. Ich habe vielleicht vergessen zu erwähnen, dass es ähnlich gelagerte Fälle bereits in Deutschland gab.

    Da wurden die Frauen (teilweise) sogar freigesprochen auf Basis von § 35 StGB.

  11. Ich habe damals den Namen meines Mannes angenommen, weil ich es witzig fand, einen neuen Namen zu bekommen. Mal abgesehen davon war ich jung und hatte jetzt auch noch nicht großartig veröffentlicht oder was auch immer einen sonst davon abhalten könnte.

    Ich kenne übrigens auch mindestens einen Mann, der das aus dem genau gleichen Grund auch gemacht hat, also den Namen seiner Frau angenommen, weil er meinte, einen neuen Namen zu bekommen, da hätte man ja nicht dauernd die Chance, das hätte er ganz spannend gefunden. (Dabei fand ich seinen Nachnamen viel schöner als den seiner Frau.)

    Man muss es vielleicht auch nicht immer so eng sehen. Tatsächlich ist das Hauptproblem natürlich, dass es immer noch so strikt gehandhabt wird und dass es traditionshalber immer noch meistens die Frauen sind, die ihren Namen ändern.

    Mal abgesehen wäre es doch vermutlich auch möglich, den Namen des Mannes oder der Frau anzunehmen und den Geburtsnamen für öffentliche Dinge weiter zu verwenden (ggf. als Künstlernamen). Zumindest meine ich, dass einige Prominente das so machen.

    1. Mein Eindruck ist auch, dass die Möglichkeit, den Namen des Mannes anzunehmen oft gar nicht überdacht wird. Zumindest bei mir im Bekanntenkreis ist das so, vor allem bei denen, die aus einem konservativeren Umfeld kommen. Da nimmt frau sozusagen automatisch den neuen Namen an. Auch wenn sie der ganze Papierkram hinterher nervt. Die Namenssache ist bestimmt nicht das Hauptproblem, aber es ist ein sehr eingängiges Beispiel dafür, wie wenig weit unsere Gesellschaft sich in Sachen Gleichberechtigung entwickelt hat.

  12. @Familiennamen
    In Belgien steht bei AusländerInnen in der Aufenthaltsgenehmigung, die die gleiche Form wie der Personalausweis der StaatsbürgerInnen hat, „verheiratet mit X Y“. Das ist sehr praktisch, wenn das der Name der Kinder ist.
    An sich finde ich es aber diskriminierend, da es bei BelgierInnen nicht so ist. War wohl ursprünglich für „Mischehen“ gedacht.

  13. @Teilzeit
    Der deutsche öffentliche Dienst ist eine Insel der Seeligen für Teilzeit. Wenn da Menschen in Teilzeit arbeiten, dann werden Veträge mit der nicht verwendeten Arbeitszeit an neue MitarbeiterInnen auf Zeit vergeben.
    Davon kann mensch im Ausland nur träumen.

  14. Liebe Kadda, liebe Susanne,

    Danke für die Folge!

    Ich finde es wohltuend eure Diskussionskultur zu erleben!

    Teilzeit:
    Das muss ja nicht von der Personalabteilung „von oben“ kommen. Eine Ärztin hat mir erzählt, dass si mit einer Kollegin die Abmachung getroffen hat, sich die Stelle zu teilen. Das musste die Personalabteilung des Krankenhauses natürlich noch absegnen. Nach Reden hat es geklappt.

    Und Dank euch denk ich jetzt ein bisschen darüber nach, meinen Freund mal zu heiraten, um meinen Nachnamen loszuwerden ^ ^

    Steht irgendwo auf eurer Website, welche Möglicketen ich habe, euch (materiell) zu unterstützen? So wie das abläuft: account anlegen ja nein, wo sitzt die Firma, welche Zahlungsmöglichkeiten,

    Danke : )

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