Lila 061 Und jetzt?

Die Wahl in den USA hat uns doch ein wenig kalt erwischt und wir hatten alle drei, Barbara, Susanne und Katrin, das dringende Bedürfnis, miteinander zu reden. Über unsere Gefühle, unsere Ängste, unsere Hoffnungen.

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Susanne Klingner
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Katrin Rönicke
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Barbara Streidl
Intro: CC-BY-NC-ND ProleteR “April Showers” http://proleter.bandcamp.com/

 

Die Links zur Sendung

Samantha Bee: The Morning After

Hillary Clintons Concession Speech

„The Messy Truth“ (#nextcivilwar) von Van Jones auf CNN, Teil 1:

35 thoughts on “Lila 061 Und jetzt?”

  1. Hallo ihr drei,

    schön, dass ihr eine Folge zu dritt gemacht habt.
    Schade, dass der Grund dafür der Wahlsieg von Donald Trump war.

    Seit 2 Tagen versuche ich mir einzureden, dass ich es geahnt habe damit ich es leichter ertragen kann. Dass es weit weg ist und dass es mich alles nichts angeht. Funktioniert leider mit jeder Stunde weniger und ich bin gerade einfach nur noch müde, resigniert und traurig.

    In den letzten Wochen und Monaten begegnen mir immer wieder Menschen (leider meist heterosexuelle Weiße und ich hasse es, dass ich das so schreiben muss) die sich über irgendeine Minderheit lustig machen.
    Es ist so unfassbar mühsam und anstrengend, dass mein erster Impulse war aufzuhören. Auf zu hören mit Menschen darüber zu reden warum es wichtig ist, Anderen mit Respekt zu begegnen, offen zu sein. Warum es, auch bei uns in Europa, noch ein weiter Weg ist bis zur tatsächlichen Gleichberechtigung. Warum, meiner Meinung nach, auch heterosexuelle Männer in einer Gesellschaft leben, die ihnen Rollen zuweist und ihnen mit Alltagssexismus begegnet. Dass es für Frauen leider immer noch unglaublich schwer ist, sich aus einem Bild zu befreien, dass ihnen sagt wie sie sich zu verhalten haben. Wie lang oder kurz ein Rock sein darf und warum es bescheuert ist, die selben Eigenschaften bei Frauen eher negativ zu beschreiben als bei Männern.
    All das ist die eine Seite der Emotion. Die andere Seite stampft wütend auf und will nicht hinnehmen, dass unsere Gesellschaft in vielen Ländern gerade dabei ist einen Schritt nach hinten zu gehen, anstatt weiter für Gleichberechtigung und Vielfalt einzustehen. Also heisst es weiter machen.

    Dass Donald Trump die Wahl gewonnen hat, frustriert, sollte aber genug Anlass sein, jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken.

    Liebe Grüße
    Daniela

  2. Hallo zusammen!

    Danke für diese sehr besondere und persönliche „Wahlbegleitung“!

    Was mich dieser Tage schon öfters umgetrieben hat, ist diese Sache mit der Filterbubble, der eigenen Komfortzone und dem Aufruf, diese a) überhaupt erstmal als solche zu erkennen und b) das Problem der eigenen Abschottung und auch Überheblichkeit darin zu sehen.
    Was Ihr über das Zeitunglesen sagt (und das Nutzen anderer Informationsquellen), dass man sich eben so informiert, wie es zur eigenen Weltanschauung passt – das trifft es es super.
    Ich kenne mich in Teilen selbst darin wieder.
    Grundsätzlich finde ich es schwer, den Mut zu finden, gerade im eigenen Freundes,- und Bekanntenkreis oder innerhalb der Familie klare Kante gegen das Nachplappern populistischer Parolen zu zeigen.
    Es auszuhalten, dass man in solchen Situationen die „Buhfrau“ ist, überhaupt es auszuhalten, dass Leute, die man total mag, sich in eine Richtung orientieren, die man selbst ganz und gar falsch findet – ich weiss oft nicht wirklich, wie ich damit umgehen soll.
    Ich merke auch manchmal, dass gar nicht unbedingt ein Interesse besteht, die Sache auch mal differenzierter oder aus anderer Perspektive zu betrachten.
    Ziemlich frustrierend.

    P.s. ich finde es übrigens ziemlich spannend, zu hören, wie unterschiedlich die Gespräche ablaufen, wenn Katrin mit einer oder beiden von Euch spricht, im Gegensatz zu den Gesprächen mit Holgi in der Wochendämmerung 😉
    Da merkt man schon, dass da zwei nicht ganz homogene Filterbubbles aufeinander treffen, finde ich. Mag ich sehr.

  3. Hallo,

    ich bin auch betrübt über den neuen Präsidenten, ABER nur 25,5% der Amerikaner haben diesen Präsidenten gewählt. Das beruhigt mich.

    Paula

  4. Ich höre bei euch Bedauern darüber heraus, das Clintons Geschlecht für viele keine Rolle bei der Wahl spielte. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Eigentlich ist es doch der Idealzustand, wenn Inhalte und das allgemeine Auftreten der jeweiligen Partei die Wahlentscheidung beeinflussen und nicht Gender oder Race.

  5. Hallo,

    aus meiner Sicht ist das Problem in den USA (und nächstes Jahr hier in D?) die Politikverdrossenheit, damit der ansteigende Anteil von Nichtwählern. Wenn das große Musikgebäude an der Elbe 700 Mio Euro statt 70 Mio Euro Steuergelder kostet, passiert den Verantwortlichen nichts. Wenn ein Flughafen als Bauruine herumsteht, dann passiert den Verantwortlichen nichts. Wenn Obama ankündigt, das Lager in Guantanamo zu schließen und er es nicht tut: passiert nichts. Wenn Frau Merkel Ackermann bei sich feiern lässt, passiert nichts. Wenn umfangreiche technische Überwachungsmaßnahmen beschlossen werden, die Gestapo und Stasi zu gerne gehabt hätten, passiert nichts…

    Aber wenn die „Kunden“ bei der „Agentur“ für Arbeit ihre Auflagen nicht erfüllen, oder ich meine Nachweise für die Mitversichern der Töchter nicht rechtzeitig liefere, dann brennt die Burg…

    Und dann kommt eine AFD/ein Trump um die Ecke, bedient mit einfachen (nicht ausreichenden) Antworten auf komplexe Lagen in der Welt…. Beantwortet damit den Frust ausserhalb der Twitterwelt und erreicht die Frustrierten….

    Weitermachen, weiterwurschteln, weitermerkeln, aussitzen, Stinkefingerzeigen. Das ist die traurige und unzureichende Antwort der Leute, die wieder ins Amt gewählt werden wollen.

    Christoph

  6. Hallo!

    Danke für die Sendung.

    Ich finde es eigentlich gut, dass Frauen eher nicht aus Solidarität Frauen wählen. Würde ich auch nur machen, wenn ich gleich zwei Parteien zur Wahl stehen hätte, deren Politik mir gleichsam am besten zusagt und wo dann einmal ein Mann, einmal eine Frau kandidiert. Ich habe auch noch nie die CDU gewählt damit wir die Frau als Kanzlerin kriegen/behalten.

    Ich meine, sollte ich ansonsten hoffen, dass Französinnen Le Pen wählen, weil Frau? Auf die USA bezogen, müsste ja eine Frau Clinton gewählt haben, welche ansonsten inhaltlich aber voll gegen sie ist, wenn es eine Wahl aus Solidarität gewesen sein soll. Etwa eine stark christliche Abtreibungsgegnerin. Das finde ich schon sehr abwegig.

    Mich bestürzt eher, dass nicht mehr Frauen aufgrund der frauenfeindlichen Haltung von Trump diesen nicht gewählt haben, ganz egal gegen wen er antrat.
    Dass für viele Männer Frauenfeindlichkeit kein Grund ist jemanden nicht zu wählen, finde ich übrigens nicht weniger schlimm.

    Ansonsten gibt es sicher ganz viele Ursachen, weshalb Trump gewonnen hat, nicht nur die eine richtige. Verstehen was da los ist, finde ich essenziell, aber gar nicht so einfach.

    Hier das fand ich dahingehend übrigens heute megainteressant und erhellend: http://breitband.deutschlandradiokultur.de/politische-kommunikation-und-sprache-der-rechtspopulisten/

    1. „Mich bestürzt eher, dass nicht mehr Frauen aufgrund der frauenfeindlichen Haltung von Trump diesen nicht gewählt haben, ganz egal gegen wen er antrat. “
      das ist eigentlich auch der Punkt, um den es uns so geht. nicht, weil Hillary Clinton die erste Präsidentin wäre.

    2. Ich glaube vielen Trump Wählern/innen steht das Wasser bis zum Kinn. Denen geht es gezwungenermaßen um deutlich substanziellere Dinge. Für feministische Petitessen hat da keiner mehr Luft. Die Aufregung um politisch unkorrekte Äußerungen passierte daher eher innerhalb der akademischen „Eliten“ (sprich: Medien) und nicht bei Joe Blow in Ohio (um M. Moore zu zitieren).

      1. Es haben auch viele Menschen Trump gewählt, denen das Wasser keineswegs bis zum Kinn steht und viele derjenigen US_Bürger, denen das Wasser auch dort steht, haben Clintpon gewählt. Solcherlei monokausale Erklärungen greifen halt wie üblich viel zu kurz.

        Frauenfeindliche und rassistische Wahkampfaussagen geben außerdem eine politische Agenda vor, welches das Leben für Frauen und nicht-weiße Bevölkerungsgruppen ganz real und sehr substanziell schlechter zu machen droht. Dieses als politisch unkorrekte Aussagen zu verniedlichen ist das typisch rechte „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“ Geschwätz, welches die Lebensrealität aller Bevölkerungsgruppen, die nicht weiß und männlich sind ausblendet und als weniger wichtig diffamniert.

        1. Du hast meinen Kommentar offensichtlich in den falschen Hals bekommen. Ich sympathisiere weder mit Trump, noch mit sexistischen oder xenophoben Aussagen.

          Schau dir bitte den Beitrag an, den Gerrit bereits oben verlinkt hat:
          http://www.cracked.com/blog/6-reasons-trumps-rise-that-no-one-talks-about/

          Dann diese Statistiken:
          http://www.politico.com/2016-election/results/map/president
          http://www.nytimes.com/interactive/2016/11/08/us/politics/election-exit-polls.html

          Schau dir gerne auch Trumpland an oder meinetwegen Markus Lanz in Amerika. Ich denke ist recht deutlich, das die abgehängte Mittelschicht diese Wahl entschieden hat. Und denen sind frauenfeindliche Sprüche schnuppe, weil ökonomische Belange für sie entscheidender sind und weil viele darunter sind, die Immigranten für die Situation (mit)verantwortlich machen.

          Und ja, ich gebe dir recht, Trumps Politik wird das Leben für Nicht-Weiße und Frauen sehr wahrscheinlich nicht besser machen.

          1. Es beschreibt nicht alle Wähler und Wählerschichten, aber das Phänomen der Fremdenfeindlichkeit durch Angst um die eigene Existenz ist natürlich ganz real existent. Auch in Deutschland. In München, wo sehr viele Menschen sehr viel mehr haben als sie zum Leben brauchen, werden Geflüchtete am Bahnhof mit Fähnchen und Applaus empfangen. In wirtschaftlich schwachen Gebieten haben dagegen viele Angst, dass Flüchtlinge ihnen die paar Jobs, die es noch gibt, wegnehmen könnten (ob das dann der Realität entspricht oder nicht, die Angst ist da).

            Wie Katrin es in der Sendung auch beschreibt: Fremdenfeindlichkeit ist erst einmal eine als sehr menschlich hinzunehmende Reaktion auf Veränderung. Aber anschließend muss man sich natürlich die Fragen stellen: Wollen wir eine solche Gesellschaft? Wollen wir ein Klima, in dem sich Menschen ungefiltert von ihren Instinkten leiten lassen?

            Genau das – diese Frage zu beantworten: In welcher Gesellschaft wollen wir eigentlich leben? – versäumen aber leider viele Politiker heute. Hier wie dort. Und immer mit handfesten Konsequenzen.

  7. Hallo,
    ist Donald Trump ein Rassist? Wir wissen es nicht. Das Problem an dem ganzen liegt ganz woanders. Habt ihr Euch schonmal mit dem Ausdruck „White trash/weisser sozialer Abfall/Müll“ auseinandergesetzt?

    „White trash“ bezeichnet man jene Menschen, die kaum noch Perspektive haben, 50-60 Stunden die Woche arbeiten um zu überleben. Alleinerziehende Frauen/Männer, die nicht wissen was Morgen ist. Die Sozial abgehängten.

    „White trash“ ist besonders bei den Demokraten ein ganz normaler Gebrauch für diese Menschen.
    https://en.wikipedia.org/wiki/White_trash

    Donald Trump bzw. sein Wahlkampf Team hat sich dem angenommen und nach aussen getragen. Ist er deshalb ein Rassist?
    Schaut euch mal die ersten 6 Minuten der folgenden Dokumentation an.
    The Choice 2016:
    https://www.youtube.com/watch?v=je0zgZ1I0bY&feature=youtu.be&t=35s
    Dort wird Donald Trump in der Öffentlichkeit von einem afroamerikanischen Präsidenten verbal hingerichtet.
    Schaut euch mal das Gesicht von Donald Trump an. Es war 2011. Versucht jetzt mal rauszufinden was er in dem Moment denkt.
    Und jetzt schaut Euch das Video an, wo Donald Trump neben Obama im weissen Haus sitzt. https://www.youtube.com/watch?v=ZYkxVbYxy-c
    Klickt es bei euch?

    Was würdet Ihr machen wenn man euch als „White trash“ bezeichnet?

    Zu Hillary Clinton ist nicht viel zu sagen. Mit den Veröffentlichungen der DNC Mails durch Wikileaks war ihr Schicksal besiegelt. Und das ist auch gut so.
    https://en.wikipedia.org/wiki/2016_Democratic_National_Committee_email_leak

    Bernie Sanders (ca. 11 Millionen Unterstützer) hat 22 Staaten bei den Vorwahlen gewonnen. Jetzt schaut mal an welche Hillary Clinton für sich verbuchen konnte. Viel Spass beim suchen.

    Hier sind zwei gute Zusammenfassungen von Michael Moore und Glenn Greenwald.
    http://www.msnbc.com/morning-joe/watch/michael-moore-joins-wide-ranging-election-talk-806604867876
    https://www.youtube.com/watch?v=rJQTqcV12ik

    War ich am Tag nach der US-Wahl „schockiert“? Nein! Ich habe die Propagandamedien gemieden. Hillary Clinton wurde überall ideologisiert. Einfach nur widerlich. Hillary ist das Alpha und Omega. Sie sei das Ying und das Yang. Das Claus Kleber Blablabla.

    Ich habe ein Jahr lang den Aufwachen-Podcast gehört und wurde dort vernünftig informiert. Das solltet ihr auch mal machen. Besonders die drei Mädels des Lila-Podcast. Und kommt mir jetzt nicht mit: Den finde ich arrogant und den mag ich nicht.
    Am Dienstag gibt es ein Aufwachen Spezial Rundumschlag zu den deutschen Medien bzgl. der unterirdischen Wahlkampfberichterstattung. Hört es Euch an.

    Und zum Thema Populismus. Zeigt bitte nicht auf Donald Trump. Die CDU/CSU hat die schlimmsten populisten im Land. Legt bitte dort die Finger in die Wunde bevor Ihr auf andere zeigt.

    MfG

  8. Hallo Sascha(FI),
    deine Anmerkungen nehmen wir gern zur Kenntnis, auch deine Hinweise ob der Notwendigkeit einer weiteren Sichtweise des Ganzen.
    Aber bitte mach das nicht so herablassend, wir sind nicht die drei Mädels von der Tanke und auch nicht die vom Lila Podcast.
    Besten Dank,
    Barbara

      1. Danke für den Video-Link. Tatsächlich ist es ziemlich interessant, diese Kommentare im Nachhinein zu sehen, da Donald Trump tatsächlich gewählter Präsident ist. Dass man damals, bei der Bekanntgabe seiner Nominierung gelacht hat, verstehe ich allerdings auch sehr gut. In den USA war er vor allem als TV-Show-Host bekannt und als Unternehmer, von dem aber in der Kategorie Paris Hilton, Las Vegas, Glitter, Glamour, Skandälchen berichtet wurde.

        Insofern: Wer würde es in Deutschland nicht für einen RIESENwitz halten, würde z.B. Dieter Bohlen für das Amt des Bundeskanzlers kandidieren? Ich glaube, wirklich jeder würde lachen – bis ein solcher Kandidat anfangen würde, die Ängste der Menschen einzufangen und sie in populistische Parolen umzumünzen, die dann wiederum hunderttausende Menschen ansprechen und einen Wahlsieg möglich machen.

        Bis dahin war Trump nie (also N-I-E) als Rächer der kleinen Leute oder Retter der Weißen oder als ernstzunehmender Wirtschaftsexperte in Erscheinung getreten. Deswegen wäre ich vorsichtig, im Rückblick über all jene als „herablassend“ zu sprechen, die damals gelacht haben. Ich denke, dass man diese Kandidatur für einen Riesenwitz hielt, war mehr als berechtigt.

  9. Eigentlich habe ich selten etwas an Eurem Podcast auszusetzen – ich bin nicht immer einer Meinung mit Euch, aber diese Differenzen kann ich ganz gut aushalten, ohne das Bedürfnis zu haben, Euren Kommentarbereich zuzuspammen. Diese aktuelle Folge finde ich allerdings deutlich zu kurzsichtig; mag sein, daß dies am unmittelbaren Schock der Wahl lag – was ich gut verstehen kann, denn natürlich war ich auch schockiert. Aber dann muß die Reflexion einsetzen; und da seid Ihr meines Erachtens zu kurz gesprungen.
    Wenn ich Euch etwas plakativ zusammenfassen darf, dann war das aus Eurer Sicht die Wahl zwischen einer weltoffenen, vorurteilsfreien, Diversität in allen möglichen Bedeutungen des Wortes propagierenden Kandidatin und einem misogynen, rassistischen, vulgären Kandidaten, der einfach die Ängste und Ressentiments seiner Klientel bediente.
    Dabei wird aber ausgeblendet, daß es eben nicht allein um Ängste und Ressentiments ging. Klar, unter den hardcore Trump-Anhänger gibt es eine Menge dummer, ressentimentgeladener, rassistische Arschlöcher. Aber wenn man sagt, daß nur 25% der Amerikaner Trump gewählt haben, muß man auch klar sagen, daß 75% der Amerikaner nicht für Clinton gestimmt haben.
    Und diese Entscheidung, nicht für Clinton zu stimmen, sei es, indem man aktiv ihren Gegenkandidaten unterstützt hat oder einfach nicht zur Wahl ging, läßt sich nicht einfach mit der Floskel „Ängste und Ressentiments“ wegdiskutieren. Vielmehr muß man nach den Gründen fragen, warum für so viele Hillary Clinton einfach nicht wählbar war. Und da gibt es durchaus gute Gründe.
    Anders als Ihr es in Eurer Sendung suggeriert habt, steht Clinton eben nicht für einen politischen Wandel, sondern für ein politisches „weiter so“. Schon Obama konnte das Versprechen für „change“ nicht einlösen, mit Clinton hätte dies nicht anders ausgesehen. Sicher, mit Blick auf eine Symbolpolitik, in der die Wertvorstellung urbaner Eliten plakativ bedient werden, ist Clinton natürlich Trump allemal vorzuziehen. Das Problem dabei hat Slavoj Žižek in der ZEIT besser auf den Punkt gebracht, als ich das könnte:

    „Der linke Ruf nach Gerechtigkeit geht häufig Hand in Hand mit den Kämpfen um die Rechte von Frauen und Homosexuellen, für Multikulturalismus und gegen Rassismus und so weiter. Das strategische Ziel des Clinton-Konsenses besteht darin, all diese Kämpfe von der linken Forderung nach Gerechtigkeit abzutrennen – weshalb das lebende Symbol dieses Konsenses Tim Cook ist, der Apple-Chef, der stolz einen offenen Brief gegen die Diskriminierung von LGBT-Personen unterzeichnet und jetzt problemlos Hunderttausende Foxconn-Arbeiter in China vergessen kann, die Apple-Produkte unter Sklavenbedingungen montieren. Er hat ja seine große Geste der Solidarität mit den Unterprivilegierten gemacht und die Abschaffung jeglicher Geschlechtersegregation gefordert.“

    Tatsächlich bedrohen Globalisierung und Neoliberalismus, zusammen mit der in rasantem Tempo voranschreitenden Automatisierung (ich empfehle das Buch von Constanze Kurz und Frank Rieger: Arbeitsfrei) die im 20. Jahrhundert noch gültigen Lebensentwürfe bis weit in die Mittelschichten hinein. Die Drohung des gesellschaftlichen Abstiegs, die vor allem über den Mittelschichten schwebt, läßt sich nicht mit dem Verweis auf irrationale Ängste, denen man diskursiv beikommen kann, wegdiskutieren. Sie sind eine ökonomische Realität.
    Diese Realität wird aber von jemandem wie Hillary Clinton nicht adressiert. Von Trump hingegen schon, wenn auch in einer durch und durch verzerrten Weise. Und natürlich hat Trump auch nur Schein-Lösungen für das Problem. Aber er ignoriert den Elephant im Raum nicht und er verspricht, Lösungen zu finden. Und ich fürchte, das hat bei vielen ausgereicht, um zumindest Clinton nicht zu wählen.
    Der alte Spruch „It’s the economy, stupid!“ gilt weiterhin. Und wenn die Linke es nicht schafft, auf die brennenden ökonomischen Fragen eine anti-neoliberale, solidarische Antwort zu finden, werden Brexit und Trump nur der Anfang gewesen sein.

  10. Habe Euch zum ersten mal gehört und dann gleich mit solch einem unglaublichen Alptraum-Thema. Ich fand Euch ein klein wenig zu aufgeregt, aber das ist wohl dem Trump-um/notstand geschuldet und nachvollziehbar. Mit geht es ähnlich, ich würde gerne diese komische amerikanische Show ausschalten, denn in der Realität, in einem demokratischen Land, kann das doch nur nen Fake sein.

    Zu Eurem Schlußsatz passt geradezu perfekt eine Feststellung von Hanna Arendt „Gewalt beginnt, wo das Reden aufhört.“

    In diesem Sinne, laßt uns zuhören und reden, Sandra.

    1. jau. eine sehr weise Folge.
      Das schöne ist, dass wir uns allein mit diesem Podcast, also spontan und schnell alle drei zusammensetzen und quatschen, schon sehr geholfen haben – hinterher ging es uns dreien auch schon besser und wir haben Ideen und Ansätze für diese vier Jahre Zukunft mit US-Präsident Trump entworfen und arbeiten ja auch weiter so.
      Gerade auch die Form der Ansprache, die Advi anspricht, ist bei uns immer wieder Thema gewesen: Viele Feminist_innen online schreien andere nieder und brechen jegliche Kommunikation ab – schön dazu Sandras Hannah-Arendt-Zitat: Gewalt beginnt, wo das Reden aufhört. Unser Ansatz ist ein ganz anderer und dass wir als häufigstes Attribut im Feedback das Wort „unaufgeregt“ bekommen, zeigt, dass wir so daneben nicht liegen können.
      Dennoch: Von der Filterblase noch mehr befreien – das haben wir drei auf jeden Fall mitgenommen und deswegen geht es auch ganz in diesem Sinne weiter, den auch Advi einfordert: Voran, offen, in den Austausch gehen, dabei authentisch sein.
      Und die eingeforderte Selbstkritik beobachte ich um mich herum. Es freut mich sehr. ich habe viele Jahre teilweise verzweifelnd dabei zugesehen, wie immer genau jene die ganze Aufmerksamkeit bekamen, die am lautesten schreien konnten und nichts anderes taten, als sich und ihrer Peergroup schlimme Geschichten über – zum Beispiel – den bösen Mainstream zu erzählen. Oder die über all in ihrem Alltag „Trigger“ vorfanden. Oder die andere als solche empfanden, wenn diese nur Kritik übten. Ich habe Mobbing erfahren, weil ich kritisierte, dass andere gemobbt werden. Und es hat nie etwas anderes geholfen, als weitermachen und vor allem: Es anders zu machen.
      In diesem Sinne: Auch all die Kritik, die hier an uns geübt wird, kommt an und verhallt nicht. Aber so ganz – zumindest in der teilweisen vehemenz – kann ich sie nicht nachvollziehen, da wir viele Punkte schon lange als Haltung verinnerlicht haben, zB „Tatsächlich bedrohen Globalisierung und Neoliberalismus, zusammen mit der in rasantem Tempo voranschreitenden Automatisierung (ich empfehle das Buch von Constanze Kurz und Frank Rieger: Arbeitsfrei) die im 20. Jahrhundert noch gültigen Lebensentwürfe bis weit in die Mittelschichten hinein. Die Drohung des gesellschaftlichen Abstiegs, die vor allem über den Mittelschichten schwebt, läßt sich nicht mit dem Verweis auf irrationale Ängste, denen man diskursiv beikommen kann, wegdiskutieren. Sie sind eine ökonomische Realität.“ – solche Themen findet man bei uns zu Hauf, lieber Alter Bolschewik.

      Jetzt habe ich viel mehr geschrieben, als ich wollte. nun denn 😉

  11. Es wurde ziemlich herablassend über „alte, weisse Männer“ geredet. So wie Gays berechtigte Sorgen haben und Afroamerikaner, so haben weisse Männer auch berechtigte Sorgen (siehe Gewaltvideo).

    Die Spaltung der USA und Europas wird nicht überwunden wenn man immer mehr dämonisiert, alle müßen bereit sein die Probleme der anderen zu akzeptieren.

    Bei Phönix nahm Prof. Susan Neiman (Einstein-Forum) oft das Wort „Bürgerkrieg“ in den Mund, weit sind die USA sicher nicht davon entfernt, es gibt ja kaum noch gemeinsame Schnittmengen auf die man sich einigen kann.

  12. So ihr 3, Ihr seid klasse!

    Höre Euren Podcast schon seit Anfang an und Ihr hab mein Weltbild nachhaltig verändert. Danke!
    Bin Apfel- und Weinbauer aus Südtirol und habe nicht viel Ahnung von der Welt, aber ich freue mich über den Wahlsieg von Trump!
    Wenn dafür die wählenden Bürger endlich aus der Lethargie gerissen werden und erkennen für die Demokratie muß immer gekämpft werden! Kein Mensch gibt Macht und Einfluß freiwillig ab!
    Obwohl Trump lügt wie gedruckt, war er der Vertruaenswürdiger Kandidat.
    Die Politik hat die letzten 30 Jahre seid dem Mauerfall versagt.

    Das der Wohlstand uns Wohlbefinden gestiegen wird nicht kommuniziert!

    Und zu den Fakten:
    Der Mittelstand stirbt aus
    Die Superreichen nehmen zu
    Das Kapital wird ab einer gewissen Summe nicht mehr besteuert, ohne jegliche Leistung wird mensch reicher
    Drogen werden nicht legalisiert obwohl es keine rationale Gründe gibt, siehe Prohibition hatte brachte hauptsächlich den Schmugglern/Kriminellen was
    Wiso stehen Geheimdienste über dem Gesetz
    Wiso schütz der Staat seine digtalen Büger nicht
    …usw.

    es gibt Lösungen ,keine Kompromisse, nur wenn WIR den Politikern frei Hand lassen haben WIR verloren!!!

    Danke für eine echt emotianale Folge, sonst gäbe es diesen Kommentar nicht!

    p.s.: Frauen sind das Starke Geschlecht, deshalb werden Sie deskriminiert

    1. Nein, du hast völlig Recht! Es war The Wire. Super Serie, gerade wegen der sehr realitätsnahen Machart. Und genau, da ist die Realität des idealistischen Politikers nach der Wahl: Scheiße fressen.

      (Vielleicht schaue ich zu viele Serien, wenn ich nachher nicht mehr weiß, was wo gesagt wurde… hm…)

  13. Schon krass, wenn man jetzt weiß, wie es ausging, und nochmal Folge 60 nochmal hört. Aber naja – so ist es halt… Warum es Paula in den Kommentaren oben beruhigt, dass „nur“ knapp 25% die Republikaner gewählt haben, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Welche Relevanz hat das für den Ausgang der Wahl? Gnarf.

    Irgendwo in den Kommentaren kam das Thema „Zeitung lesen“, wohl im Zusammenhang mit den Filterblasen, vor. Dazu will ich hier mal kurz Stellung nehmen. Ich war ungefähr drei Jahre lang bei Twitter aktiv und habe mich zu Anfang diesen Jahres dazu entschlossen, meinen Account dort zu löschen und mich wieder auf mehr Printmedien zu konzentrieren. Der Grund war für mich aber weniger die Filterblase, sondern dass ich an mir irgendwann eine fast schon krankhafte Ex-und-Hop Mentalität im Link-anklicken bemerkt habe, die immer schlimmer wurde. Dass ich zu lange Artikel gleich nach dem Öffnen wieder geschlossen habe, weil der Artikel einfach zu lang war, und ich auf langes Lesen am Bildschirm immer seltener Lust hatte. Andererseits war ich es ebenso Leid, immer wieder flache Wortwitze, lustige gifs oder Tatort-Kommentare in die Timeline gespült zu bekommen. Hin und wieder wurde natürlich auch mal ein interessanter Blog-Artikel geteilt, aber das Problem an solchen ist oft (Ausnahmen bestätigen die Regel) dass es sich um Einzelbeobachtungen handelt, die nicht das große Ganze beleuchten.

    Sowas hat man bei Zeitungen meistens nicht. Dort beschäftigt man sich als Leser mit dem Artikel während man ihn liest, kann die Zeitung weglegen, später nochmal rauskramen, nochmal in Ruhe lesen, es gibt keine nervige Bewegt-Werbung, und so viele Informationen, insbesondere aus der Lokalpolitik, die man sonst niemals wahrgenommen hätte. Interessante Interviews habe ich bisher nur in Zeitungen gefunden, aber nicht in einem Blog. Schmerzlich vermisste ich bei Twitter & Co auch Berichte von lokalen Politikern, die hier über ihre Arbeit berichten, oder Artikel über Vorgänge aus der öffentlichen Verwaltung, die konkret mich betreffen könnten – sowas gibt es sicher in entsprechend großen Kommunen, aber nicht in irgendeiner popligen Kleinstadt wie der meinen. Diese Themen werden in Printmedien wenigstens hin und wieder beleuchtet und ermöglichen mir eine Meinung über solche Themen zu bilden. Ausschließlich mit sozialen Medien geht dies nicht.

    Wie seht ihr das?

  14. Hi,

    Bin gerade erst dazu gekommen euren Betrag zu hören.

    Mein Problem mit diesem, wir müssen jetzt raus und mit diesen Leuten reden, ist, ich will nicht über den minimalen Gesellschaftsstandard Pluralistische freiheitliche Gesellschaft diskutieren. Denn genau das greifen diese Menschen an und für mich ist das nicht verhandelbar. Ich bin grundsätzlich bei euch, wir brauchen eine Vision und wir müssen das auch etwas einfacher und viel deutlicher erklären, aber wir müssen den kleinsten gemeinsamen Nenner doch nicht neu verhandeln. Wenn mir einer von diesen Menschen sagt, ich habe Angst vor meiner Zukunft, dann bin ich der letzte der das nicht ernst nimmt. Wenn mir aber einer sagt, die Anderen nehmen mir was weg und darum hasse ich sie, dann ist das für mich nichts worüber ich diskutieren muss.

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