Lila118 Wie man die Pubertät übersteht – für Mädchen und Mitleidende

Heute geht’s um Teenager, vor allem um Mädchen, die in der Pubertät stecken – mit allen ihren Tücken und Herausforderungen. Viele Frauen haben bis ins hohe Erwachsenenalter Erinnerungen an diese Zeit, schleppen vielleicht Glaubenssätze oder Verletzungen von damals mit sich rum. Pubertät ist, wenn Geschlechterstereotype oftmals richtig zuschlagen. Wenn Körper- und Schönheitsnormen überpräsent werden, Sexualität eine Rolle zu spielen beginnt und Freunde wichtiger werden, als Eltern. Vielleicht auch deswegen erreicht uns häufig Post von euch, dass ihr euch Büchertipps für diese Zeit wünscht – für eure Kinder, Nichten oder Bonuskinder.

In dieser Folge habe ich mit zwei Frauen gesprochen, die gerade frisch zwei solcher Bücher herausgebracht haben: Katja Klengel und Julia Korbik. Katja geht das Thema in ihren Comics an, „Girlsplainung“ heißt ihr Buch, das viele Konflikte und kleine Krisenherde benennt und so kreativ wie einfühlsam bearbeitet. Dabei gibt es auch immer was zu lachen, etwas wenn sie feststellt, dass Voldemort und die Vulva irgendwie unaussprechbar sind.
Julia Korbik hat einen klassischen Ratgeber geschrieben, gespickt mit vielen Vorbildern und Best Practice-Beispielen aus der ganzen Welt. Sie thematisiert Körpernormen genauso wie „Girl Hate“.

Beide sprechen über ihre eigene Pubertät, die Schwierigkeiten, die sie selbst hatten und wie sie es geschafft haben, diese Zeit zu überstehen und als kreative, starke und gutgelaunte Frauen aus der Sache emporzusteigen. Und auch ich berichte über meine eigene Pubertät, mit ein paar Ausschnitten aus meinem ersten Buch, „Bitte freimachen“, in dem das erste Kapitel auch dem Thema „Emanzipation in der Pubertät“ gewidmet ist.


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16 thoughts on “Lila118 Wie man die Pubertät übersteht – für Mädchen und Mitleidende”

  1. Hallo, danke für diese tolle Folge und die wertvollen Tips. Dazu habe ich eine Anmerkung und eine Frage an die Community.
    Ich bin etwas „angefressen“ ( 🙂 ) von der Aussage, weil es zu mehr Depressionen kommt, betrifft Pubertät Mädels mehr als Jungs (Ich weiß sehr verkürzt gesagt). Zum einen halte ich die grundsätzliche Aussage für schwierig. Depression zeigt sich bei Jungs völlig anders als bei Mädels und wird häufig deshalb nicht als solche erkannt (z.B.: hier https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/77104/Depressionen-wirken-sich-bei-Jungen-und-Maedchen-unterschiedlich-aus ). Und auch mein Arbeitsalltag zeigt dies deutlich. Zum anderen bezweifele ich diese Aussage auch außerhalb dieser Begründung massiv. Die Pubertät mit ihrem vollständigen Umbau ist immer für alle Kinder eine massive Belastung, selbst wenn die Umgebung das Gefühl hat, alles ist top. Je mehr wir zu einer „nicht-übergriffigen“ Gesellschaft werden, desto größer werden auch die Schwierigkeiten der Jungs mit Ihrer Pubertät in der Gesellschaft werden. Und das ist keine Entwicklung, die ich schlecht finde, aber eine, auf die wir achten müssen.

    Aber dann zu meiner Frage an die Community.
    Ein Teil der mir etwas gefehlt hat, ist die ach so schwere Zeit der Eltern mit der Pubertät. Auch – oder gerade – im Bereich von Pflegeeltern wird ständig mit dem warnenden Zeigefinger rumgeredet: Warte, bis die Pubertät kommt. Eine Einschätzung, die ich absolut nicht teile.

    Ja, die Reaktionen eines pubertierenden Jugendlichen sind anders, als die eines Kindes. Impulsiver, schwankender manchmal unerwartet aufbrausend. Aber gleichzeitig ist die Entwicklung so toll. Kann man so fantastische Dinge von den Jugendlichen in dieser Zeit lernen, mit Ihnen ernsthaft über so viele Dinge diskutieren, dass ich diese Warnungen manchmal als eine self-fullfilling-prophecy wahrnehme. Je öfter man sagt, wird ganz schlimm, desto öfter wird es natürlich auch schlimm. Ich denke manchmal es ist viel mehr eine Spiegelung, der nicht verarbeiteten Schwierigkeiten mit der eigenen Pubertät, als Realität.

    Wie seht ihr das?

    1. „Je mehr wir zu einer “nicht-übergriffigen” Gesellschaft werden, desto größer werden auch die Schwierigkeiten der Jungs mit Ihrer Pubertät in der Gesellschaft werden. Und das ist keine Entwicklung, die ich schlecht finde, aber eine, auf die wir achten müssen.“
      Diese Sätze verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz. Das kommt so rüber, als würden pubertierende Jungs automatisch übergriffig werden und wenn sie das nicht (mehr) dürfen, ist das schlecht für sie?
      Aber ich vermute mal, ich bin da grade auf dem Holzweg.

  2. Hallo Chris,
    ich kündigte ja bereits ein Follow-Up zu Jungs an – bitte aber um etwas Geduld, da ich dazu auch erstmal recherchieren muss. Aber ja: ich verstehe deinen Unmut, denke aber trotzdem, dass einige Zahlen auch jenseits der Depression dafür sprechen, dass die Geschlechterrollen und -Stereotype bei Frauen und Mädchen anders und in manchen Bereichen wie Beauty und Sexualität auch heftiger zuschlagen können. Daher meine Aussage.

    Aber: du hast natürlich Recht! Pubertät ist mehr als nur eine Katastrophe! Ich empfehle in diesem Zusammenhang wie fast immer Jesper Juul, der das ganze sehr viel offener und entspannter angeht. Der auch ermuntert, keine Angst davor zu haben und das ganze zu einer self fulfilling prophecy zu machen. „Pubertät“ heißt sein – wie ich finde – Standardwerk. Ich hatte das Glück ihn damals im Rahmen der Veröffentlichung des Buches auch bei einem öffentlichen Vortrag dazu erleben zu dürfen (er ist wirklich ein so toller Mensch) und noch mehr als im Buch kam dabei raus, dass die Beziehung zum Kind/Pubertier eben das Entscheidende ist. Dass Kinder/Pubertiere, die in ihrer Familie Gleichwürdigkeit erlebten, auch viel besser gewappnet sind, dass ihre Eltern mit ihnen auch gemeinsam da gar nicht nur leiden, sondern es eine spannende und auch lustige Reise sein kann.

  3. Danke für diese Folge! Besonders dem Hinweis, dass viele Frauen Glaubenssätze aus der Pubertät noch im Erwachsenenalter mit sich herumschleppen, kann ich nur zustimmen. Ich möchte noch ergänzen, dass ich es sehr schade finde, dass darüber kaum gesprochen wird. Nach meiner Erfahrung gelten Probleme der Pubertät als Erwachsene, zumindest offiziell, meist als etwas Abgeschlossenes, für das man sich schämt oder über das man sich in der Retrospektive lustig macht. Dabei prägt sie doch so einen großen Teil des Selbstbildes.

    Ich stoße mich ein Bisschen an dem Ratschlag von Julia Korbik, sich nicht hängen zu lassen und ‚raus‘ zu gehen. Ich halte es erstmal für wichtig, dass man sich hängen lassen darf. Sie sagt zwar, dass das ‚zwischendurch‘ mal okay ist, aber das klingt für mich ein Bisschen so, als wäre sich zu viel hängen lassen und sich zurückzuziehen nicht mehr okay. Als würde man etwas nicht richtig machen, wenn man über einen längeren Zeitraum zu wenig Kraft und Lust hat, gegen den ganzen Kack in der Pubertät anzukämpfen. Vielleicht habe ich sie da auch nicht ganz richtig verstanden. Ich glaube nur, dass man als Pubertierende das Recht auf Kapitulation haben sollte (Kapitulation im Sinne von Rückzug und bei sich selbst bleiben), wenn einem der Schritt ‚raus zu gehen‘ unmöglich erscheint.

    Lektüretipps:
    Was haltet ihr von den Büchern von John Green? Übrigens auch für Jungs empfehlenswert. Ich glaube, ich hätte mich in meiner Jugend besonders über ‚Eine wie Alaska‘ gefreut.
    Außerdem fällt mir noch ‚Sprich‘ von Laurie Halse Anderson ein.

    Lieben Gruß und ein riesiges Dankeschön für eure Arbeit!

    1. Hallo Karla,

      danke für deine Tipps. Ich glaube, was Julia meint, ist dass man manchmal bewusst DOCH rausgehen und vielleicht DOCH Sport machen soll, auch wenn man sich am liebsten nur verkriechen würde.
      Dazu passt ganz gut Katja, die eben sagte: Sei gut zu dir, sei nicht zu hart.
      Ist das nicht genau die schwierige Balance, zwischen sich selbst auch mal aktivieren und sich selbst auch mal Ruhe gönnen, die zu lernen fast schon eine Lebensaufgabe ist?
      Ich kenne das von mir nur zu gut: In der Pubertät hatte ich wie gesagt auch starke Depression – mit Essstörung noch anbei. Ich war dabei manchmal viel zu hart zu mir und dann manchmal habe ich mich komplett in meinem Leid gesuhlt. Anstatt mir Menschen zu suchen, die mir gut tun, zum Beispiel.

      Und ich hatte das im Erwachsenen-Alter auch immer wieder. Auch da in der Depression: Was mir mit am meisten geholfen hat, ist Yoga zu machen und meine Freunde regelmäßig zu treffen, auch wenn ich lernen musste, gleichzeitig sehr freundlich und gutmütig zu mir selbst zu sein.

      John Green ist ein guter Tipp! „Margos Spuren“ habe ich hier stehen. Laurie Halse Anderson kannte ich noch gar nicht – wird gleich mal auf die Bücherliste gesetzt.

      Liebe Grüße,
      Katrin

  4. Die Folge war sehr interressant, vielen Dank dafür. Meine Tochter ist zwar erst 7, aber man kann sich ja nicht früh genug beschäftigen, was da noch auf uns alle zukommt. 😉
    Eine Anmerkung habe ich aber: Ihr habt ausführlich über das sehr wichtige Thema Mobbing gesprochen und was das mit den Opfern macht. Nicht gesprochen habt ihr über die Täterinnen. Warum verhalten sie sich so? Welche Funktion hat das Mobbing aus ihrer Perspektive. Sind sie sich über die Konsequenzen ihres Verhaltens klar? Sind einige (viele?) dieser Kinder Täter UND Opfer? Und für die Eltern: Was tue ich, wenn mein Kind mobbt? Natürlich will das niemand wahrhaben, aber die Wahrscheinlichkeit, dass unser Kind (auch) Täterin ist, ist nicht gering. Sonst wäre das Phänomen nicht so verbreitet.
    Ich fände es sehr spannend, wenn ihr das Thema aufgreifen würdet. Dazu gibt es bestimmt auch Forschung.
    Liebe Grüße, Ralf

  5. Vielen Dank für die erneut unterhaltsame Folge des Lila Podcasts!

    Eine Sache fand ich jedoch etwas unpassend: Gleich am Anfang habt ihr erwähnt, dass in dieser Folge wohl eher die Pubertät von Cis-Mädchen, nicht aber von Trans-Mädchen abgehandelt wird. Ich weiß, dass dieses Vokabular im feministischen „Diskurs“ aktuell sehr hip ist, aber was damit impliziert wird, gefällt mir gar nicht.

    Geht man von der gängigen Unterscheidung in biologisches Geschlecht (sex) und soziales Geschlecht (gender) aus, soll „cis“ ja bedeuten, dass sich eine biologisch weibliche Person auch sozial mit dem weiblichen Geschlecht identifiziert. Wirklich? Identifiziert ihr euch mit den sozial als weiblich angesehenen Eigenschaften? Habt ihr Spaß daran, euch Schlankheitswahn, Haushaltsterror und Beauty-Diktat zu unterwerfen? Was anderes soll man sich unter dem sozialen Geschlecht „weiblich“ vorstellen? Sonst lernt man hier immer, dass Pink nicht weiblich ist, dass Kleider nicht weiblich sind, dass Schminke nicht weiblich ist, dass Care Arbeit und Emotional Labour nicht weiblich sind. Mit anderen Worten: Verwendet man den Begriff „cis“ unterstellt man der jeweiligen Person sich klassischen Gender-Vorstellungen anzupassen, sie sogar ein Stück weit zu genießen. Mit der Dichotomie Cis-Trans werden so die Genderrollen nur verfestigt. Oder was soll es sonst heißen, „sich wie eine Frau zu fühlen“, ohne den Körper einer Frau zu haben?

    Gerade wenn Dinge wie Essstörungen aufgeworfen werden, lohnt es sich auch mal, die steigenden Zahlen von jungen Mädchen anzusehen, die den Ausweg aus der Entwicklung zur zunehmend fraulicheren Figur und der damit verbundenen Sexualisierung nicht mehr nur im Hungern sehen, sondern alternativ in Pubertätsblockern und Bindern für die Brüste. Der einzige Weg, den Erwartungen an ihr soziales Geschlecht zu sehen, scheint für sie die Verleugnung des weiblichen Körpers.

    Wirkliche Freiheit für Frauen und Mädchen besteht darin, ihren Körper (sex) anzunehmen und sonst auf Rollenerwartungen (gender) zu pfeifen. Komischerweise erkennt ihr das sonst auch immer treffend, wenn ihr die Rosa-Hellblau-Falle oder gegendertes Spielzeug thematisiert.

    Hat die Verwendung der Begriffe trans-cis bei euch einen anderen Hintergrund, mit dem „cis“ nicht notwendig bedeutet, sich mit Genderrollen zu identifizieren? Könnt ihr vielleicht Parallelen zwischen Magersucht und Bulimie einerseits und dem Wunsch zur Transition zum männlichen Geschlecht andererseits erkennen? Das sind mittlerweile heikle Themen, aber ich würde mich schon freuen, wenn ihr mal darüber nachdenkt.

    Macht weiter so!
    Lisa

    1. Liebe Lisa,

      danke für deinen Kommentar.
      Ich habe es immer so verstanden, dass für trans-Mädchen das biologische Geschlecht nicht zu dem passt, was sie fühlen, dass sie sind. Da ich selbst eine cis-Person bin, kann ich nur mutmaßen, wie diese Gewissheit ist, dass es nicht stimmt. Aber in Folge 80 spreche ich mit zwei Transfrauen, die berichten, wie das bei ihnen war: https://lila-podcast.de/lila080-nenn-mich-bitte-einfach-frau/

      Dass dies automatisch bedeutet, sich komplett mit dem kulturellen Geschlecht zu identifizieren, habe ich nie so gesehen oder verstanden. Deine Aussage, „cis“ würde das bedeuten, kann ich so nicht teilen. Und ein schneller Blick in die Wikipedia bestätigt mir auch, dass es darum nicht geht:
      „Der Grad, zu dem Personen sich mit ihrer äußerlichen Erscheinung wohl fühlen und ihre authentische Identität annehmen, wurde als Transgender-Kongruenz (siehe Engl. transgender congruence) bezeichnet. Viele Transgender-Personen erleben Geschlechts- bzw. Gender-Dysphorie (siehe Engl. gender dysphoria), und manche streben daher medizinische Maßnahmen an, z. B. Hormontherapie und geschlechtsangleichende Operationen. Nicht alle Transgender-Personen jedoch möchten diese Maßnahmen, und manche können sie nicht in Anspruch nehmen, z. B. aus medizinischen Gründen.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Transgender) – es geht darum, dass man einfach im falschen Körper ist. Das geht nicht automatisch damit einher, alle sozial konstruierten Erwartungen rund um Gender zu erfüllen oder erfüllen zu wollen. Das berichten ja auch Jeanette und Michaela in der Sendung.

      So wird dein Satz zur Freiheit auch zu einem sicherlich schmerzlichen Satz für Trans-Menschen: Du sagst, sie bestünde darin, den Körper anzunehmen – aber genau das geht für sie ja eben nicht! Was du meinst, das sind sogenannte „Non-Binarys“ – aber das ist wieder was anderes. Leute, die auf Gender pfeifen, aber meistens mit ihrem Körper okay sind.

      Also ja: Bei uns hat die Verwendung einen ganz anderen Hintergrund! Absolut. Und deswegen stelle ich das dem Podcast auch voran. Denn Trans-Mädchen und Pubertät, das ist nochmal eine andere Herausforderung und wenn dich das interessiert: Die Tochter Marlo Mack aus dem Podcast „How to be a girl“ kommt langsam in die Pubertät. Vielleicht lohnt es sich, mal reinzuhören. Es gibt in meinen Augen auch niemanden sonst, der so wunderbar wie diese Tochter das Herz dafür öffnen kann, was trans bedeutet! http://www.howtobeagirlpodcast.com (und was bedeutet, ein Mädchen zu sein)

      Ansonsten weiß ich nicht, wohin deine Frage nach den Parallelen zwischen Bulimie/Magersucht und dem Wunsch nach Transition führen soll. Ich kann sie nicht ganz nachvollziehen – also was es da für Parallelen geben soll. Denke nicht, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun hat.

      Schöne Grüße,
      Katrin

      1. Liebe Katrin,

        vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.
        Im aktuellen SPIEGEL (4/2019) ist ein sehr interessantes Interview mit dem Kinderpsychiater Alexander Korte erschienen, der junge Trans-PatientInnen behandelt und mit mir übereinstimmt, dass es Parallelen zu Essstörungen im Jugendalter gibt. Vielleicht schaffen seine Worte ja ein bisschen Klarheit, was ich damit meinte.

        Korte: Im Schnitt sind die Jugendlichen 14, wenn sie uns aufsuchen. In der Vergangenheit sind mehr Kinder und Teenager gekommen, die biologisch männlich waren. Das ist seit fünf bis sieben Jahren klar ins Gegenteil gekippt. Bei uns in München kommen auf einen Jungen mittlerweile acht Mädchen. Diesen eindeutigen Trend berichten auch andere Zentren.

        SPIEGEL: Haben Sie eine Erklärung dafür?

        Korte: Lediglich Mutmaßungen. Mädchen leiden stärker in dem Alter, weil sich auch ihr Körper stärker verändert. Das findet seinen Ausdruck etwa darin, dass mit Einsetzen der Pubertät die Wahrscheinlichkeit steigt, an einer Essstörung zu erkranken. Mädchen geraten in der Pubertät stärker ins Straucheln. Dies hat auch mit dem gesellschaftlichen Druck zu tun, mit dem Schönheits- und Schlankheitsideal und den Rollenanforderungen, denen sie sich oft nicht gewachsen fühlen.

        SPIEGEL: Gibt es Parallelen zwischen Transgender und Magersucht bei Jugendlichen?

        Korte: Bei Anorexia nervosa, der Magersucht, gab es nie diese exponentielle Zunahme. Bei der Magersucht wird ein Entwicklungsprozess mehr oder weniger willentlich gestoppt. Der Körper kann kindlich klein bleiben, die weiblichen Rundungen werden vermieden. Den Konflikt mit der Sexualität – den vermute ich hier in gleicher oder ähnlicher Art auch.

        Alles Gute,
        Lisa

        1. Liebe Lisa,

          ich verstehe, worauf du hinauswillst und das ist vielleicht wirklich ein interessanter Gedanke.
          Dennoch gerät man, wenn man dieser Argumentation folgt, natürlich in eine unangenehme Zwickmühle: Die Mädchen, die sagen, dass sie *fühlen* im falschen Körper zu sein, werden mit dieser Herangehensweise als potentiell „irregeleitet“ oder was auch immer vorausgesetzt. Nicht jedes Mädchen, das in der Pubertät oder gar schon im Kindesalter spürt, dass es ein Junge IST, hat die genannten Probleme mit Schönheits- und Schlankheitsideal – das anzunehmen würde bedeuten, Transmenschen ihr Transsein abzusprechen und das ist wirklich ein Problem.

          Wie man das eine vom anderen unterscheiden kann? – Das würde ich gern Fachpersonal überlassen. Aber auch solchem, bei dem ich mich irgendwie darauf verlassen kann, dass sie die Existenz von Transidentitäten NICHT leugnen und mit solchen Argumenten abtun. Es gibt mittlerweile wirklich auch viel Forschung zu dieser Sache, ich kenne allerdings bislang nur Arbeiten aus den USA, die sind da irgendwie schon weiter. Empfehlen kann ich zum Beispiel sehr die Folge von „Science VS.“ und einen Artikel aus „The Atlantic“ – das gibt einen guten Überblick über Klischees und Vorurteile und tatsächliche wissenschaftliche Erkenntnisse.

          Und der von dir genannte Artikel im Spiegel ist übrigens in der hiesigen Trans-Community als unglaublich verletzend wahrgenommen worden. Warum? – Weil es wieder darum geht, Menschen ihre Identität abzusprechen. Und so sehr Korte auch immer wieder betont: „Mutmaßungen“ oder „ichvermute“ (denn: er hat keine Beweise, keine) – es kommt ein Bild und eine erneute Geschichte rüber, die erstmal den betroffenen abspricht, selbst zu wissen, wer sie SIND. Das finde ich hochproblematisch und ich verstehe den Impetus nicht, Menschen das absprechen zu wollen. Warum sollte ich so etwas wollen?

          Schöne Grüße,
          Katrin

  6. Hi, ich habe mich sehr gefreut über den Podcast. Meine kleine Halbschwester (uns trennen ganze 12 Jahre) befindet sich im Alter von 16 Jahren und ich frage mich manchmal wie ich ihr eine coole große Schwester sein kann und ihr vielleicht den schwierigen Weg in diese komplizierte sexistische Welt erleichtern kann, da meine Mutter solche Themen eher weniger anspricht. Ich würde ihr gerne eines der beiden Bücher schenken, die ihr empfehlt. Die Leseprobe aus dem Netz zu Girlsplaining gefällt mir gut und auch die humorvolle Comic-form. Aber ich habe mich gefragt ob es was für sie ist, da ja einige Dinge wie Saylor Moon, Sex and the city, Baby Born etc angesprochen werden, die sie einfach nicht mehr kennt. Das ist wohl eher meine Generation… (80er und 90er Kinder) Daher frage ich mich ob das für dieses Alter überhaupt was ist! Was sagt ihr dazu? Versteht man das trotzdem, auch wenn man die ganzen popkulturellen Andeutungen nicht versteht? (Immerhin Harry Potter ist ja noch aktuell!) Oder doch eher How to be a girl?

  7. Hallo, danke für den guten Podcast. Ich schätze ihn vor allem auch wegen Lese -und Hörtips.
    Da ihr häufig auch Medien nennt, mit denen sich beide Geschlechter identfizieren können wollte ich gerne darauaf hinweisen, das dies für Kinder of Colour oder Kinder mit Behinderung häufig nicht der Fall ist. Ich weiss, Euer Schwerpunkt liegt auf Feminismus, aber einige Euer Buchtips, wie z.b die Bücher von Astrid Lindgrin, sind leider vielfach nachgewiesen rasistisch oder ableistisch (Heidi). Ich lese diese Bücher mit meiner Tochter mitlerweile sehr sparsam oder versuche die Ambivalenz der Inhalte zu beleuchten. Da euer Podcast mitlerweile eine grosse Reichweite geniest, würde ich es gut finden wenn ihr die Ambivalenz zimndest bennen würdet.

    Trotzdem Danke für die vielen interessanten Themen.
    Carolin

    1. Hallo Carolin,

      ich bin etwas überrascht, dass die Kritik unter dieser Sendung steht.
      Ich will sie gar nicht von mir weisen oder so – aber hier stehen ja zwei Bücher im Mittelpunkt, die weder ableistisch noch rassistisch noch sonstwas sind.

      Über Astrid Lindgren mag ich mich nicht mit dir streiten – ich sehe das anders, sage das auch immer wieder (sicher auch schonmal in der Sendung), aber ich weiß trotzdem konstruktiv etwas mit deiner Kritik anzufangen: in der Tat hast du mich animiert, mir einmal eine Buchhändlerin hier in meinem Kiez als Gesprächspartnerin einzuladen. Die macht nämlich einen Buchladen mit explizit „schwarzem Anstrich“ – sprich: alle Autor_innen dort sind PoC und ich finde das wirklich ein schönes Konzept.
      Genauso wie ich großer Fan von Afrofuturismus bin – auch mal ein schönes Thema für die Sendung.
      Also: Kritik angekommen im Sinne von Umsetzung in kommenden Sendungen. Da ich aber gerade ein Buch fertig schreiben muss, bitte nicht ungeduldig werden, wenn das nicht gleich im Winter/Frühjahr noch klappt.

      Liebe Grüße,
      Katrin

  8. Vielen Dank für die interessante Sendung.

    Mein Tipp zum anschauen ist die Netflix-Serie „Anne with an E“. Die Serie basiert auf dem Jugendbuch „Anne of Green Gables“ von Lucy Maud Montgomery.

    Im Gegensatz zum Original verfolgt die Macherin Moira Walley-Beckett das Ziel die Lebensumstände von Anne Shirley im späten 19. Jahrhundert realistischer darzustellen. Dazu gehört die Genauigkeit bei den Kostümen. In den bisherigen Adaptionen sind die Kostüme zu sauber und zu chic.
    Auch was die Situation von Anne anbelangt, wurde eine dunklere Herangehensweise gewählt. Im Mittelpunkt steht Annes Außenseitertum und die damit einhergehende Isolation und das Bullying des lebensfrohen, leicht naiven Teenagers. Ähnlich, wie es auch im Podcast besprochen wurde.
    Diese werden ergänzt durch Handlungsstränge mit den Themen Homosexualität, sozialer Stand und Hautfarbe.

    Ich finde es erstaunlich welche Erwartungen an Mädchen und Frauen aus dem 19. Jahrhundert in den letzten Jahren wieder eine Renaissance erfuhren.

    Diese werden in einer Art und Weise demaskiert, so dass es auch für jüngere Altersgruppen verständlich wird. Jedoch ohne dabei belehrend zu wirken.

    Ich habe die Hoffnung, dass einerseits die Serie Mädchen beeinflusst einen selbstbestimmteren Weg im Leben zu wählen und sich nicht dem Diktat der Gesellschaft zu unterwerfen. Anderseits wäre es auch schön, wenn besonders Eltern keine überkommenen Rollen-Erwartungen an ihre Kinder stellen, so dass es ihren Kindern leichter fällt bewusst andere Wege zu gehen.

  9. Danke für die Folge; habe sie gerade erst gehört und genossen! Als Buchtipp würde ich gerne noch Die Wilden Hühner anmerken. Ohne ein offensichtlich feministisches oder ratgebendes Jugend-/Kinderbuch zu sein, gibt es hier starke Mädchenfreundschaften, ganz unterschiedliche Charaktere, die alle ihre Talente und Macken haben und sich durch verschiedenste mehr oder weniger katastrophale Alltagssituationen kämpfen. Klar werden hier auch Stereotype erfüllt und die These, die ihr ansprecht – dass es bei Frauen immer „nur eine geben kann, die so ist und eine die so ist“ … – kann man in den Geschichten wiederfinden. Trotzdem glaube ich, dass all die Banden- und Detektivgeschichten, die ich früher so gerne gelesen habe, mir ziemlich viel gebracht haben in der Hinsicht Solidarität/Zusammenhalt/Stärke etc. und ich würde sie jederzeit empfehlen 🙂

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