Lila142 Antisemitismus im Feminismus (Wdh.)

Das Frauen*streik-Bündnis hatte im Vorfeld des 8. März 2019 mit dem Vorwurf des Antisemitismus zu kämpfen, Anlass war der Auftritt der anti-zionistischen US-Autorin Selma James. Sie unterstützt die Boykott-Kampagne BDS – und sie ist nicht die einzige…

Seit Judith Butler im Jahr 2012 den Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt am Main entgegen genommen hat, ist das Thema Antisemitismus innerhalb des Feminismus auf dem Tisch. Denn auch Butler hatte sich für die BDS-Kampagne ausgesprochen.

Vier Jahre später, als 2016 mit #ausnahmlos ein Bündnis gegen Sexismus und Rassismus gebildet wurde, standen neuerlich feministische Vertreterinnen in der Kritik: Linda Sarsour, Laurie Penny und Angela Davis seien kritisch zu sehen, meinte etwa die Amadeu-Antonio-Stiftung, und es sei schade, dass der Antisemitismus im Aufruf keine Rolle spiele.

In dieser Sendung, einer Wiederholung der Originalsendung von 2017, geht es daher um die Fragen: Was ist BDS? Ist der Boykott von Produkten oder Künstler_innen aus Israel antisemitisch? Ist Linda Sarsour auf der sicheren Seite, wenn sie sich Anti-Zionistin nennt? Wie kann man zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus unterscheiden? Und wie sollen feministische Bündnisse in Zukunft mit dem Problem umgehen?

Unsere Gesprächspartnerinnen:


Musikbett: @koloto, Fox Tales (CC BY-NC-SA 3.0) Koloto auf FacebooK

 

Links und Hintergründe

  • Youtube: Antisemitismus erklärt: Interview mit Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schwarz-Friesel

 

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24 thoughts on “Lila142 Antisemitismus im Feminismus (Wdh.)”

  1. Liebe Katrin,

    an einer Stelle scheinst du mir unabsichtlich selbst auf den impliziten Antisemitismus-Zug aufgesprungen zu sein – ‚(legtitime) Israelkritik‘ gibt’s nämlich genauso wenig wie ‚(legitime) Japan-, Österreich- oder Feuerlandkritik‘. Oder hast du solche Wortkonstruktionen in anderen Kontexten schon mal gelesen? Ich wäre ausgesprochen überrascht, wenn das der Fall wäre…

    Regierungen kann und muss man natürlich kritisieren – und natürlich spricht man auch schon mal verkürzt davon was *die Amerikaner* oder *die Franzosen* oder *die Deutschen* mal wieder machen, aber das ist nicht alles, was im Wort ‚Israelkritik‘ steckt. Damit wird nicht nur implizit pauschalisiert, sondern implizit auch das Existenzrecht des Staates in Zweifel gezogen oder doch zumindest angekratzt.

    Ansonsten hast du die Überdrehtheit der Kampagne – die in ihrer Einzigartigkeit eben sehr verräterisch ist – sehr schön herausgearbeitet. Vielen Dank dafür!

    1. stimmt, guter Punkt!
      Da sieht man mal, wie sehr man geprägt wird von der Sprache, die man eben immer wieder liest oder hört. Sie geht so in einen über.
      Danke für den Hinweis.

    2. „Damit wird nicht nur implizit pauschalisiert, sondern implizit auch das Existenzrecht des Staates in Zweifel gezogen oder doch zumindest angekratzt.“

      Ich möchte da widersprechen. „Isrealkritik“ wird als Kurzform von „Kritik an der israelischen Regierung“ verwendet und verstanden. Weil es eben nicht um pauschales, tendenziell antisemitisches Bashing geht, sondern um Kritik – also im besten Fall um eine sachliche Beurteilung anhand von Maßstäben und Fakten.

      Mit deiner Auslegung wird den Benutzer*innen des Begriffes Antizionismus/ Antisemtismus unterstellt. Und das wirkt auf mich, als ob Kritik an der isrealischen Regierung (trotz deiner Beteuerung) delegitimiert werden soll.

  2. Danke, dass ihr den Beitrag wiederholt habt. Das Thema treibt mich auch um. Es ist für mich so komplex, dass ich für mich keine souveräne Argumentation oder einen sicheren Standpunkt gefunden habe und viel nach Orientierung suche.

    Leider hat mir der Beitrag dabei nicht wirklich weitergeholfen. Ich fand ihn relativ schwammig. Das, was inhaltlich bei mir hängen geblieben ist, ist das Kriterium, Antisemitismus erkennt man an der Besessenheit. Wie eine nicht antisemitische Kritik an der israelischen Regierung aussehen könnte, habe ich nicht raus gehört.

    Letztlich war ich am Ende ziemlich frustriert. Schade.

    1. Hallo Natalie,

      ich verstehe den Frust. Als erstes möchte ich empfehlen, dir das ganze Gespräch mit Monika Schwarz-Friesel anzuhören, es ist in den Shownotes verlinkt. Ich habe leider beim Bauen der Sendung nicht ganz geschafft, das, was ich von ihr gelernt habe, gut genug in die fertige Sendung zu integrieren, weswegen ich schon damals zusätzlich noch das gesamte Interview veröffentlicht habe.

      Und dann möchte ich aufgreifen, worauf Thomas mich weiter oben hingewiesen hat: Es ist schon ein Denkfehler, dass man meint, Israel kritisieren zu müssen. Warum? Warum meinen wir das nicht bei den USA? – Wir kritisieren Trump. wir kritisieren auch nicht Syrien, sondern Assad. Wir kritisieren nicht Italien, sondern Salvini. Ich habe schon häufiger Netanyahu kritisiert – stellt sich raus: Das ist gar kein Problem! Er ist ein rechter Hardliner und viele Israelis sind sehr unglücklich mit seiner Politik. Ihn anzugreifen (für seine Siedlungspolitik, seine harte Linie in Sachen Iran, whatever!) ist ohne weitere Probleme möglich – warum also die Notwendigkeit sehen, ISRAEL kritisieren zu müssen?

      Ich würde die Sendung das nächste Mal auch anders angehen – damals war ich noch relativ unbefangen und selbst ratlos – und auch selbst immer wieder frustriert. Mich hat die Arbeit daran schon sehr viel weiter gebracht. Zum Beispiel ging daraus auch ein Artikel bei den Krautreportern hervor: https://krautreporter.de/2033-hat-der-feminismus-ein-antisemitismus-problem?shared=bff08b1a-2aac-4863-acb2-49db2c6cb682 (über diesen Link solltest du ihn ohne Paywall lesen können). Es ist etwas, das man vielleicht auch nie VOLLSTÄNDIG abschließen können wird. Z.B. hatte ich ein Jahr später eine interessante Auseinandersetzung über die folgende Frage: In Palästina rufen (u.a. feministische) Gruppen zu BDS auf, weil sie es als einzige mögliche Form des GEWALTFREIEN Protests ansehen und nicht wissen, wie sie sich sonst wehren sollten (zB gegen die Siedlungspolitik). Stell dir vor: Ich habe bis heute keine befriedigende Lösung für diese Gruppen. Ja, das ist frustrierend.

      Schöne Grüße,
      Katrin

      1. Hm, funktioniert blockquote hier nicht?

        Zitat:
        > Warum? Warum meinen wir das nicht bei den USA? – Wir kritisieren Trump.

        Ist das so wenn der „König von Moronien“ kritisiert wird? 😉 Bei anderen Ländern, insbesondere den USA wird auch und grade in linken Kreisen gerne pauschal und grobschlächtig gebasht. Da werden bei Israel schon andere Maßstäbe angelegt. Teil zu Recht, teils zu Unrecht.

        Es ist eben ein sensibles Thema, weil so viele Antisemiten unterwegs sind, die teilweise das Existenzrecht Israels bestreiten.

    2. Wie eine nicht antisemitische Kritik an der israelischen Regierung aussehen könnte, habe ich nicht raus gehört.

      Eigentlich ganz einfach: Sachlich und konkret. Und vermeiden dabei sprachlich auf die Kacke zu hauen. Letzteres ist eigentlich immer richtig (zu meinem großen Bedauern, ich mag das selbst ganz gern), weil gerne die Form angegriffen wird wenns leichter ist als inhaltlich zu argumentieren. Aber hier ist das besonders wichtig, weil das Thema ein Minenfeld ist in dem man lieber verbal abrüstet und vorsichtig formuliert.

  3. “ Ich habe schon häufiger Netanyahu kritisiert – stellt sich raus: Das ist gar kein Problem! Er ist ein rechter Hardliner und viele Israelis sind sehr unglücklich mit seiner Politik. Ihn anzugreifen (für seine Siedlungspolitik, seine harte Linie in Sachen Iran, whatever!) ist ohne weitere Probleme möglich – warum also die Notwendigkeit sehen, ISRAEL kritisieren zu müssen?“

    Dass es „ohne weitere Probleme möglich“ ist, die israelische Besatzungspolitik
    zu kritisieren stimmt nicht:
    https://www.arnstrohmeyer.de/zeitgeschehen/israelpalaestina/kirche-sagt-vortrag-von-andreas-zumach-ab/

    Und “ warum also die Notwendigkeit sehen, ISRAEL kritisieren zu müssen?“
    verdeutlicht dieser Beitrag:
    „Israel darf und muss kritisiert werden – sagt Moshe Zuckermann“
    https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/011804.html

      1. Vielleicht interessieren auch die Einlassungen von Micha Brumlik:

        „Brumlik kritisierte: „Der Anlass der Rücktrittsforderung – der von dem Museum geteilte Tweet der „taz“ über die Erklärung von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern, dass BDS nicht­antisemitisch sei, war nämlich alles andere als eine Solidaritätserklärung mit BDS, sondern allenfalls eine Richtigstellung.“ Dem Zentralrat scheine die Meinung mehr oder minder uninformierter Bundestagsabgeordneter also wichtiger als die Überzeugung gelehrter Frauen und Männer, sagte Brumlik. Dies widerspreche der Tradition der jüdischen Gelehrtenkultur ebenso, wie es doch dem nahekomme, was man früher als „Hofjudentum“ bezeichnet habe.“

        http://www.migazin.de/2019/06/18/unterschiedliche-reaktionen-direktor-juedischen-museums/

  4. Hatte einen Kommentar mit Hinweisen gesendet (Artikel von Arn Strohmeyer) die aufzeigen, dass es nicht stimmt, dass Kritik an der israelischen Besatzung „…ohne weitere Probleme möglich..“ ist.

    Auf die Frage „..warum also die Notwendigkeit sehen, ISRAEL kritisieren zu müssen?“ habe ich auf den israelischen Historiker Moshe Zuckermann verwiesen, der die Notwendigkeit der „Israel-Kritik“ begründet.

    Erinnere auch an einen früheren Kommentar, in dem ich einen Artikel von Franz Piwonka verlinkt habe, der sich kritisch mit der Antisemitismusstudie 2.0 auseinander setzt.

    Woran liegt es, dass meine Kommentare nicht angezeigt werden?

  5. Danke für die Rückmeldung. 🙂

    Ein lesenswerter Beitrag auch von Peter Beinhart:
    https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/ein-land-fuer-alle-buerger
    der u.a. mit folgenden Worten an die universale Menschenwürde erinnert:

    „Denn Antisemitismus ist nicht einfach deshalb unrecht, weil es falsch ist, Juden zu verunglimpfen und zu entmenschlichen. Antisemitismus ist unrecht, weil es falsch ist, irgendjemanden zu verunglimpfen und zu entmenschlichen. Das aber bedeutet am Ende, dass jeder Versuch, Antisemitismus zu bekämpfen, der zur Verunglimpfung und Entmenschlichung von Palästinensern beiträgt, in Wahrheit gar kein Kampf gegen den Antisemitismus ist.“

    1. Da würde ich aber anmerken wollen, dass sich die Nachdenkseiten auch echt nicht gut entwickelt haben in den letzten Jahren.

      „Am 23. Oktober 2015 stellte Wolfgang Lieb seine Mitarbeit bei den NachDenkSeiten ein. Er beschrieb, dass sich die NachDenkSeiten mit einem zunehmenden Anteil von Beiträgen seines Mitherausgebers Albrecht Müller nach und nach verändert und verengt hätten, sowohl thematisch als auch in der Methode der Kritik und der Art der Auseinandersetzung.Müller rufe nur mehr zum „‚Kampf‘ gegen ‚die Herrschenden‘ und ‚die Medien‘“ auf anstatt zum Nachdenken.“ (Quelle: wikipedia)

      Und seitdem gehört dort Antisemitismus auch regelmäßig zum Repertoire. Das geht ja gerne mit diesem „Kampf gegen die Herrschenden“ einher.

      Bitte also keine Links mehr dorthin. danke

      1. Ich kenne die Vorwürfe von Wolfgang Lieb und habe seinen Abschied aus der Nachdenkseiten-Redaktion bedauert, wiewohl ich seinen pauschalen Vorwurf
        „Kampf gegen die Herrschenden“ nicht bestätigen kann, es sei denn Wolfgang Lieb meint vielleicht die Kritik am vorherrschenden neoliberalen Wirtschaften und/oder die Einflussnahme des militärisch-industriellen Komplex auf die Politik?

        Woran machen Sie fest, dass „Antisemitismus auch regelmäßig zum Repertoire“ der Nachdenkseiten gehört?

          1. Entschuldigung, aber was ist das denn bitte für ein Text? der ist ja fürchterlich geschrieben! Ist das ein AfD-Blatt? Oder woher kommt diese Sprache? Ich habe jetzt nicht noch einmal gegoogelt, wer hinter dieser Publikation steckt, hier reicht wirklich allein der Duktus.
            Psiram wegen Intransparenz zu kritisieren ist ja auch ein alter Hut. Da noch eine Verschwörungstheorie dran zu hängen entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Also das dann auch hier noch zu posten.
            Auf dem verlinkten Psiram-Artikel sind jedenfalls Beispiele für Antisemitismus genannt.
            Und vielleicht könnten wir mal all die Nebengleise auch wieder verlassen und zur Kernfrage zurückkommen: Was genau ist denn dein Ziel? Findest du dich zu sehr in deiner Möglichkeit eingeschränkt, Israel zu kritisieren? Oder worum geht es hier grade?

        1. Danke für den Link zum Politikpodcast v. Deutschlandfunk.
          Wohltuend die Differenzierung im Gesprächsverlauf, der nicht im Duktus der Rechthaberei versandet.

  6. Mir ist daran gelegen mit dem Antisemitismus-Vorwurf sehr bedacht umzugehen und diesen nicht zu missbrauchen um Kritik an der israelischen Besatzungspolitik zu unterbinden, wie das z.B. Herr Schuster vom Zentralrat der Juden oder der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein versuchen. Siehe Auseinandersetzung um die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Jüdische Stimme.
    https://www.juedische-stimme.de/

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