Lila101 Margarete Stokowski und Svenja Flaßpöhler streiten über #metoo und „Die potente Frau“

In dieser Folge lassen wir streiten! Und zwar Svenja Flaßpöhler, Autorin der Streitschrift „Die potente Frau“ und Margarete Stokowski – die beiden trafen sich in Berlin bei einer Abendveranstaltung im Ullstein-Haus – und wir durften mitschneiden!

Svenja Flaßpöhler sieht sich selbst als Feministin. Die Autorin und Chefin des Philosophie-Magazins hat aber ein Problem mit dem – wie sie sagt – „Hashtag-Feminismus“. Dieser Begriff deckt Kampagnen wie #Aufschrei oder #metoo ab, die Flaßpöhler alle kritisiert. Für sie stecken dahinter Debatten und Erzählungen, die Frauen „infantilisieren“, statt zu ermächtigen. Was Flaßpöhler stattdessen will ist: „Frauen in die Potenz bringen“.

Margarete Stokowski sieht das ganz anders. Für sie sind sowohl #aufschrei, als auch #metoo Momente der Ermächtigung gewesen und Treiber einer wichtigen Veränderung in der Gesellschaft: Frauen schweigen nicht mehr. Den Vorwurf Flaßpöhlers, der „Hashtag-Feminismus“ würde Frauen nur wieder zu Opfern machen, weist sie zurück.

Ein Abend, an dem es kontrovers zuging und auch aus dem Publikum kamen noch viele wichtige Einwürfe – einer davon vorgetragen von Thea Dorn.

Wir danken dem Ullstein-Verlag für die Erlaubnis, das Gespräch mitzuschneiden und wir wünschen euch eine angeregte Stunde mit einem spannenden Schlagabtausch! Schreibt uns gerne in die Kommentare, was euch zu der Debatte durch den Kopf geht! Diskutiert mit uns, wie ihr die Sache seht 🙂

34 thoughts on “Lila101 Margarete Stokowski und Svenja Flaßpöhler streiten über #metoo und „Die potente Frau“”

  1. Hallo,
    danke erstmal für die Aufzeichnung des sehr interessanten Streitgesprächs.

    Bei der Thematik stehe ich eher den Argumenten von Frau Stokoswki nahe. Frau Flaßpöhler fordert Frauen auf sich in Momenten der Belästigung, des Unwohlseins auszudrücken und aktiv zu wehren. Diese Idee finde ich auch gut, aber sie berücksichtigt da für mich nicht die Varianz der jeweiligen Situation, dem Verhältnis der Personen und der beteiligten Persönlichkeiten. Für schüchterne Personen oder in Situationen mit gewissen Machtstrukturen ist das bestimmt nicht so leicht umsetzbar.
    Auch finde ich es komisch, sich darüber zu echauffieren, dass vermeintlich leichte Belästigungen gleichzeitig mit Verbrechen wie Vergewaltigungen diskutiert werden in einem Hashtag. Vielmehr scheinen diese Unmenge an kleinen Übergriffen im Alltag den Nährboden zu bereiten für Gewalt gegen Frauen. Daher ist es sogar essentiell, beides zu thematisieren.

    Das sind zumindest mal meine 5 Cent zu dem Thema. Danke nochmal.

    LG Christian

    1. „Vielmehr scheinen diese Unmenge an kleinen Übergriffen im Alltag den Nährboden zu bereiten für Gewalt gegen Frauen. Daher ist es sogar essentiell, beides zu thematisieren.“

      So sehe ich das auch.

      Ich finde die Alltagsfälle sehr wichtig. Es wird einzelnen Leserinnen dadurch bewusst, dass auch andere in solche Situationen kommen, perplex sind und nicht direkt reagieren können. Dadurch, dass man nicht allein damit ist, wird außerdem bewusst, dass man nicht eine Mimose ist, sondern schon die passenden Gedanken und Gefühle über diese Situation hat. Wenn man von diesen Alltagsfällen liest, dann lässt man sich viel weniger einreden, dass man zu empfindlich sei und sich nicht so anstellen solle. Zusätzlich finde ich es gut, wenn Menschen, die solche Situationen nicht kennen (vielleicht eher Männer) sehen, dass sowas ständig passiert und manche Männer sich Frauen gegenüber halt doof benehmen und es für normal halten. Viele Männer erleben das selbst nicht und sind auch nicht unbedigt dabei, wenn ein übergriffiger Mann jemanden belästigt.
      Das nennt man wohl Sichtbarkeit, fällt mir gerade ein.

      Ansonsten hatte ich beim Hören des Podcasts ähnliche Gedanken wie Ani
      22. Juni 2018 um 12:29.

  2. Fand es schon interessant, dass Frau Flaßpöhler der #metoo vorwirft sich in „männlichen“ Gedankenmustern zu verfangen, wenn sie diejenige ist, welche nur Männer für ihre Argumente verwendet. Mich störte auch sehr ihr Verständnis von sozialen Situationen in denen sie völlig Machtgefälle ausblendet, da verallgemeinert sie selbst viel zu sehr und scheint davon auszugehen, dass Frauen sich einfach immer wehren könnten. Für mich ist es gerade ein feministisches Moment, dass „Geschichten“ erzählen, uns über unsere Erfahrungen zu verbinden und daraus Aktionspotentiale zu schöpfen. Vielleicht hätte sie mal Hannah Arendt lesen sollen. (Habe leider gerade kein Zitat so schnell zur Hand. Kann da aber „Relating Narratives: Storytelling and Selfhood“ (2000) von Adriana Cavarero sehr empfehlen)

    1. ja! für mich haben diese Hashtags auch ein sehr starkes Hannah-Arendt-Moment! Die Geschichten entfalten eine narrative Kraft, die niemand mehr zurückdrängen kann 🙂

    2. Es war auch relativ auffällig, wie sie auf die Aufforderung mal ein Beispiel zu nennen, wo die Karriere eines Mannes unschuldigerweise nachhaltig beeinträchtig wurde, jetzt konkret so nix nennen konnte. (Aus dem Gedächtnis, vielleicht war die Szene im Gespräch etwas anders.)

      Ich fand es einigermaßen schwer, zuzuhören und bin aus dem Augenrollen kaum rausgekommen. Auch die gute Thea Dorn hat sich mit einem meiner Meinung nach nur schwer erträglichen Vergleich eher disqualifiziert, aber mit ihr habe ich ja schon abgeschlossen, seit sie über Asterix gelästert hat.

      1. Die großen „bekannteren“ Namen habens häufig überstanden wenn nix da hinter war.
        Aber z.B. bei Steven Galloway und Junot Diaz wars echt knapp, bei denen ist offiziell das nix war.
        Ein dutzend andere sind mir auch noch übern weg gelaufen, da hab ich die Namen schon wieder vergessen.

  3. Dass sich Svenja Flaßpöhler als Feministin sieht, überrascht mich doch sehr. Sie geht dermaßen hart mit ihrem Geschlecht ins Gericht und sucht die Verantwortung ausschließlich bei den Frauen.
    Ich kannte die Diskussion ja schon, als sie aber von „Frauen-Kindern“ anfing, wurde mir (wie schon beim ersten Hören) richtig schlecht.
    Auch wenn es hart klingt, für mich hat diese Frau jeglichen Bezug zur Realität verloren.
    Sie spricht schüchternen und sensiblen Menschen ja fast schon die Identität ab, weil für sie offensichtlich nur Hau-Drauf- und Krawall-Mentalität zählen und alle anderen haben die Belästigung dann halt verdient (so kommt es für mich persönlich leider rüber).
    An einer Stelle zeigt sie dann auch ihre wahre Gesinnung, da kam die echte Haltung durch und da bin ich kurz mal richtig erschrocken.
    Wie ich schon bei der Jubiläumsfolge geschrieben habe, hatte Margarete für mich leider zu wenig Redezeit. Es war eindeutig, wer da das Gespräch dominiert hat und das mit haarsträubenden Aussagen.

  4. Vielleicht spricht aus Frau Flaßpöhler eine gewisse Ungeduld. Es geht mit der Gleichbereichtigung halt doch erheblich langsamer voran, als frau gerne hätte.

    Mir erging es ähnlich, als vor ca. 10 Jahren Bücher wie „Die neue F-Klasse“ oder „Wir Alphamädchen“ erschienen: Ich selbst war bereits mit 15 Jahren Feministin und komme aus der gleichen Generation wie die Autorinnen. Für mich stand in diesen Büchern nichts Neues – im Gegenteil, das meiste war mir nicht radikal genug – und das hat mich richtig wütend gemacht (die Autorinnen mögen mir verzeihen. Die Wut hatte ich bei „Untenrum frei“ dank einsetzender Altersmilde bereits abgelegt, obwohl für mich dort auch nichts Neues stand. Das allerdings intelligent geschrieben).

    Heute ist mir klar, dass ich einfach sehr privilegiert war/bin. Wer liest schon mit 16 sonst Frigga Haug oder Senta Trömel-Plötz. Das Gros der Gesellschaft steht woanders und voran kann es nur gemeinsam gehen. Mein Eindruck ist, dass Feminismus ganz langsam beginnt, in die Mitte der Gesellschaft einzusickern. Und er beginnt eben immer damit, Missstände zu benennen und anzuerkennen. Die Ermächtigung ist erst der zweite Schritt, der nicht vor dem ersten erfolgen kann. Wobei ich skeptisch bin, ob wir gesellschaftlich schon soweit sind, dass dieser zweite Schritt auf breiter Basis erfolgen wird. Ich teile hier nicht den Optimismus von z.B. Frau Stokowski.

    Mit dem Begriff „Hashtag-Feminismus“ habe ich ein Problem, weil ich stark vermute, dass die meisten Frauen, die unter #metoo posten, sich nicht als Feministinnen bezeichnen würden. Eine Umfrage hierzu wäre mal interessant. Wenn der Akt des Sprechens über sexualisierte Gewalt hier direkt zum Feminismus führen würde, hätte die Bezeichnung wiederum eine Berechtigung. Allerdings wäre die Bedeutung eine andere, als die Definition von Frau Flaßpöhler.

  5. Lieber Lila Podcast,
    Vielen Dank für die Aufzeichnung. Ich habe das Buch „Die potente Frau“ von Svenja Flaßpöhler nicht gelesen, nur ein zwei Buchbesprechungen gelesen und nun den Podcast gehört. Das ist mein erster Kommentar hier und der fällt gleich riesig aus.
    Was ich an Svenja Falßpöhlers Kritik nicht verstehe ist, dass sie die Passivität der Frau ankreidet und #metoo als Ausdruck dieser Passivität darstellt. Obwohl für mich die Debatte gerade das Ende der Passivität ist. Natürlich ist #metoo eine riesige Welle und es mag für manche komisch erscheinen, gerade da so viel Schweigen davor war, wie es jetzt herausbricht, aber alles hat einen Anfang. Und ist nicht das der Erfolg der #metoo Debatte? Wir reden nun über sexuelle Belästigung und Gewalt in den verschiedensten Bereichen und Abstufungen, damit wir ein Werkzeug mitbekommen, um uns zukünftig direkt in der Situation zu wehren. Und gleichzeitig zeigt es auf, dass es in Ordnung ist, wenn ich mich nicht sofort wehre. Es einfach so verdammt schwierig und ich mich häufig entmachtet fühle. Dass ich mir meine „ Macht“ zurück holen kann, auch wenn es schon lange her ist, ist doch gerade der Erfolg dieser Debatte. Ich finde es fast schon „anmaßend“ von Frauen zu verlangen, sich immer direkt in der Situation zu wehren. Wer ist sich schon immer über seine Situation bewusst? Kommt nicht häufig in der Reflexion über die Situation, die Kraft und die Ideen zum „richtigen“ handeln? Und schafft das nicht #metoo? Gerade die Aussage über die Frau, die von ihrem Italienischlehrer belästigt wird: „Beim nächsten mal machst dus anders“. Ganz ehrlich, gut wenn sie es schafft, wenn nicht dann ist es auch ok. Einfach weil dazu verdammt viel Mut gehört und das ist immer ein Prozess, der Zeit braucht. Da braucht es nicht noch andere Frauen, die meinen, sie sei deswegen schwach. Sie beklagt die Frauen in der Opferrolle, aber bringt sie nicht alle Frauen, die sich erst später äußern in die Opferrolle?

    Die #metoo-Beispiele, die sie nennt, finde ich sehr schwierig. Wie in vielen gesellschaftlichen Debatten über „faule Arbeitslose“, „geflüchtete Männer“ usw. werden hier genau die Beispiele herausgepickt, die uneindeutig und vielleicht sogar schief gelaufen sind. Diese Einzelfälle werden genommen, um sehr viele Menschen unglaubwürdig zu machen.
    Ich weiß nicht ob sie sich in dem Buch die Frage stellt, aber wieso ist #metoo überhaupt entstanden und wieso werden diese Fälle jetzt medial aufgearbeitet? Svenja Flaßpöhler findet, dass es andere Wege der Aufarbeitung geben sollte und wir uns direkt wehren. Aber gerade, weil es die Gesetzeslage und die gesellschaftlichen Strukturen nicht hergeben, mussten Frauen diesen Weg wählen.
    Dann noch zum Thema „junge Männer seien anders“ und „da kommt eine neue Generation“. Natürlich gab es in den letzten Jahrzehnten nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern unglaublich viele Veränderungen. Auch Männer sind Feministen und die viele Paare leben in gleichberechtigten Beziehungen. Und wahrscheinlich kommen patriarchale Strukturen und sexualisierte diskriminierende Sprache und Gewalt bei älteren Männern öfter vor, weil es einfach viel zu lange, viel zu normal war. Aber solche tiefgehenden patriarchalen und diskriminierenden Strukturen sind doch nicht von einer Generation auf die andere zu lösen, das ist ein sehr langer Prozess. Natürlich hat die feministische Debatte sehr viel erreicht und in weiten Bereichen ein Bewusstsein geschaffen. Aber würde dieses Problem sich auf alte Männer begrenzen, wäre der Aufschrei wahrscheinlich nicht so groß gewesen. Sondern einfach die Erkenntnis, dass es sich durch alle gesellschaftlichen Teilbereiche zieht.

    Danke Margarete, du hast mir komplett aus der Seele gesprochen.

    1. Auch wenn ich zustimme, dass insgesamt gesellschaftlich strukturell noch zu wenig gegen sexualisierte Gewalt getan wird, so gibt es doch vor allem im öffentlichen Dienst und entsprechend organisierten großen Organisationen, z.B dem WDR, in der Tat Strukturen und Personen, die im Falle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz angesprochen und genutzt werden können (2016 erst gab es eine vom DGB in Auftrag gegebene Studie dazu, die auch zeigte, dass solche Strukturen auch greifen).

      Warum ist das in der Debatte so gar nicht präsent? Funktionieren die Strukturen doch nur sehr unzureichend? Sind sie nicht bekannt genug? Werden andere gebraucht? Oder geht es doch viel eher um den öffentlichen Raum und weniger um Belästigung am Arbeitsplatz? (Wobei sich die prominenten Fälle ausnahmslos um letzteres drehen) Warum hat z.B. die Voluntärin nicht die Wege genutzt, die zur Verfügung standen, oder hat sie das versucht und wurde abgewiesen?

      Bzgl. Gleichberechtigung in Beziehungen sprechen die Statistiken hier eine andere Sprache. Das sagt natürlich nichts über den Einzelfall und hat durchaus auch strukrurelle Gründe — Frauen werden nach wie vor diskriminiert und mir geht es immer noch viel zu langsam voran. Eher habe ich das Gefühl, wir treten auf der Stelle.

      Frau Flaßpöhler hat da duraus einen Punkt damit, dass eine Differenzierung nötig ist, um etwas zu verändern. Ihre Ablehnung von #metoo teile ich allerdings nicht. #metoo kann ein erster Schritt zur Veränderung sein, aber wenn kein zweiter erfolgt, wird die diese Debatte so wirkungslos verpuffen wie viele davor.

      Weder das „Sich-Wehren“ von Frau Flaßpöhler, noch die Glastür vor dem Übungsraum sind ein solcher zweiter Schritt zur Ermächtigung. Wir sollten wieder große Fragen stellen und nach Antworten ringen. Wie erreichen wir es z.B., dass Frauenrechte Menschenrechte werden (und nicht etwa umgekehrt)?

  6. Was habe ich mich gefreut, als ich das Thema dieser Folge gesehen habe! Ursprünglich wollte ich der Podiumsdiskussion persönlich beiwohnen, habe es dann aber leider nicht geschafft. Wie schön, dass ich jetzt doch noch alles nachhören konnte! Vielen lieben Dank dafür.

    Alles Liebe,
    Sabrina

  7. Über weite Strecken der Diskussion habe ich den Eindruck, dass die Frauen aneinander vorbeireden und dass die einzige Kontroverse sich an dem entzündet, ob #metoo dem Feminismus dient. Aber geht das nicht am Kern des Problems vorbei? Ist Gleichberechtigung jetzt nur noch eine Sache, die beim Sex ausgehandelt wird? „Nichts am Sex ist harmlos“ – ok, ist doch gut so! Ich meine, die Grenze zur Gewalt ist da ziemlich eindeutig bestimmbar.
    Aber klein und machtlos gehalten werden Frauen viel subtiler. Und da müssen meines Erachtens feministische Positionen ansetzen. Ich möchte nicht unbedingt eine Lanze für Svenja Flaßpöhler brechen, das hat die nicht nötig, was man vor allem daran feststellen kann, dass sie sich sehr selbstbewusst ihre Redezeit nimmt, die jene von Margarete Stokowski bei weitem übersteigt. Sie führt also definitiv keinen Opferdiskurs.
    Es geht doch darum, den Gender Gap abzuschaffen, es geht um die körperliche Selbstbestimmung der Frau im Zusammenhang mit dem § 218, es geht um Macht in gesellschaftlicher und politischer Hinsicht – und nicht um Macht im sexualisierten Kontext, wo Frauen seit Jahrhunderten eine seltsam geheuchelte Rolle zu spielen gelernt haben.

  8. Frau Flaßpöhler fordert, dass sich Frauen wehren und aus ihrer Passivität herauskommen sollen. Damit setzt sie jedoch wiederum eine neue Passivität gegenüber dem Patriachat voraus. Nach dem Motto „Männer sind halt so, wenns euch nicht passt, wehrt euch.“
    Frau Flaßpöhler und Frau Dorn gehören zu einer Generation, die sich durch ihre besondere (männliche) Resolutheit im Patriachat eine gewisse Hierarchieebene erarbeitet haben.
    Junge Frauen gehen einen Schritt weiter und wollen diese brutale männliche Welt nicht mehr so hinnehmen.
    Ich möchte hier noch einmal betonen, dass in der Vergangenheit westenlich mehr Frauen durch Belästungen am Arbeitsplatz beruflichen Schaden genommen haben als Männer.

  9. Hallo,
    ich möchte gerne auf den Beitrag aus der Fragerunde von Thea Dorn eingehen.
    Sie schlug vor, bezogen auf das Beispiel des Italienischlehrers, die Italienischschülerin solle doch mit einer Kommentierung der Hose des Lehrers reagieren. Aber das ist für mich der komplett falsche Ansatz. Ich verstehe Feminismus für mich so, dass alle Menschen gerecht und respektvoll behandelt werden sollen, warum sollte man dann auf eine übergriffige Bemerkung wiederrum selber übergriffig antworten? Das ist für mich nicht feministisch sondern einfach nur das sprichwörtliche Umdrehen des Spießes.
    Lieben Gruß,
    Lisa

    1. „alle Menschen gerecht und respektvoll behandelt werden sollen, warum sollte man dann auf eine übergriffige Bemerkung wiederrum selber übergriffig antworten“

      Ich glaube auch, dass das von vielen so gesehen wird. Viele andere halten das halt für eine paradiesische Illusion, zu glauben, dass es unter den Voraussetzungen des menschlichen Erkenntnisapparats und der mitunter zwangsläufig konfligierenden Interessen immer eine bilaterale oder multilaterale Verhandlungslösung mit für alle akzeptablem Interessenausgleich geben kann.

      Wenn der Italienischlehrer gerne Sprüche klopft, und sie das nicht mag, und man hier dem Problem erstmal ohne bestehende Konventionen nähert, dann beschränkt sein Spruch ihren Handlungsraum, und ihre Beschwerde den seinen. Wo soll denn da der für alle gerechte und respektvolle Umgang liegen? Nur noch alle zwei Wochen ein Spruch?

      Das kann man doch nur auflösen, wenn man eine Perspektive über die andere stellt. Und welche das ist, das ergibt sich halt aus dem jeweilig herangezogenen Weltbild.

      1. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, so etwas (blöde Sprüche klopfen) mit den Männern unter vier Augen zu besprechen (dennoch in einem öffentlichen Raum).

        Einfach ehrlich sagen, dass es eine stört und doch in Zukunft dieses Verhalten bitte zu unterlassen, weil es unangenehm ist. Hat sogar bei Vorgesetzten funktioniert.

        Ich gebe zu, dass es – gerade bei Vorgesetzten – keine angenehme Gesprächssituation ist. Aber am Ende zählt das Ergebnis, finde ich. Bestenfalls wächst sogar der gegenseitige Respekt.

  10. Erst mal ganz herzlichen Dank, dass ihr immer so spannende Themen und Gäste im Podcast habt. Gerne auch mehr von solchen kontroversen Diskussionen!
    Ich erlebe Metoo als ersten Schritt in die richtige Richtung. Im Gegensatz zu Frau Flaßpöhler halte ich die Debatte für sehr wichtig, aber ich denke auch, dass sie allein nicht ausreicht. Es braucht weitergehende Diskussionen und Kämpfe, damit es nicht mehr zum Leben einer Frau quasi dazugehört, dass sie sich blöd anmachen oder begrapschen lassen muss. Und dafür sind die Frauen auch nicht allein verantwortlich („Wehrt euch doch einfach“), sondern es bedarf eines anderen gesellschaftlichen Klimas. Angefangen damit, dass man Frauen zuhört, die sagen, sie hätten Belästigung erlebt, und dass man sie ernst nimmt. Leider tut Frau Flaßpöhler mit ihren Thesen gerade das genaue Gegenteil davon.
    Ich glaube nicht, dass Metoo eine Opferrolle der Frau festschreibt. Bei mir ganz persönlich hat es ausgelöst, dass ich über entsprechende Situationen noch mal nachgedacht und mich eben gerade gefragt habe, wie ich mich hätte wehren können.
    Auch ich habe die berühmte „Schockstarre“ schon erlebt. Ich würde mir wünschen, dass wir noch viel mehr darüber sprechen, warum Frauen eben häufig keine klaren Grenzen setzen (können). Ich denke aber, dass gerade #Metoo dafür ein wichtiger Auslöser sein kann.
    Vielleicht ist das „Sich wehren“ ja mal ein Thema für einen weiteren Podcast? Ich glaube, da gibt es noch viel Diskussionsbedarf – allgemein, aber auch zu ganz konkreten Beispielen wie dem Italienischkurs.

  11. Lieber Lila Podcast,
    lieben Dank für den Mitschnitt, meine Frage dazu wäre, ob ihr vor habt da eventuell auch noch mal eine Aufbereitung zu zu machen? Ich fänd eure Meinungen dazu auch noch mal spannend! Nicht zu Letzt, weil ich mich persönlich schwer tat dieser Diskussion zu folgen.
    Nach dem ersten Hören dachte ich, ich habe einfach viel nicht verstanden. Dann habe ich noch mal ein bisschen recherchiert und mir die Diskussion ein zweites Mal angehört. Aber ich hatte das Gefühl das teilweise aneinander vorbei geredet wurde und auf eine ganze Menge Argumente und Beispiele nicht weiter eingegangen wurde oder auf einer ganz anderen Ebene geantwortet wurde. Ich kann nun leider trotz mehrmaligen Hören und drüber Schlafen kein wirkliches Fazit für mich ziehen. Also falls ihr Lust habt und meint dass es sinnvoll ist da nochmal drüber zu sprechen, ich würde mich schon mal freuen.
    Liebe Grüße
    Sophie

  12. Danke für den Mitschnitt dieser erhellenden und Gedanken anregenden Diskussion! Ein Aspekt der noch nicht vorkam, aber meines Erachtens sehr zentral ist, ist die Scham. Die Scham des Opfers (es zugelassen zu haben erniedrigt worden zu sein, sich nicht gewehrt zu haben, selbst Schuld zu sein) führt zum Erstarren und zum Verdrängen des Erlebten. Deshalb ist der erste Schritt heraus aus der Opferhaltung das Reden über das Erlittene und es mit Anderen zu teilen. (und es nicht mehr schamvoll zu verschweigen). Das ist für mich eine ungeheuer starke Selbstermächtigung. Dies geschah in den 70er Jahren in den consciousness raising groups. „Me too“ ist für mich eine moderne Forführung dieser feministischen Tradition. Durch Me too wandert die Scham (im besten Fall) dorthin wo sie hingehört: zum Täter. Weitere Schritte können dann tasächlich sein, Strategien zu entwickeln sich besser schützen zu können. Kontraproduktiv und schwächend, sind aber auch da (Selbst-) Vorwürfe, wenn man mal nicht „stark“ war, es nicht geschafft hat sich zu wehren. Meiner Meinung nach verstärkt Svenja Flaßpöhler diesen sebstzerstörerischen (weiblichen) Hang zu Selbstvorwürfen.

  13. Hallo zusammen!
    erst einmal vielen Dank für den tollen Podcast! Ich schreibe zum ersten Mal rein, höre aber schon ein paar Jahren zu.

    Heute habe ich mich beim Hören aber tierisch aufgeregt. Die Argumentation von Frau Flaßpöhler ist doch Victim-Blaming pur!

    #MeToo hat mir persönlich geholfen, Übergriffe überhaupt als solche wahrzunehmen und mich nach Jahren der Verdrängung zu trauen, über diese Situationen zu sprechen. Die Schamgefühle, die eben durch solche Schuldzuweisung an Opfer verstärkt werden, halten mich und offensichtlich viele andere Personen davon ab, darüber zu sprechen und evtl. diese Traumata zu verarbeiten. Natürlich kommen nach dem Hashtag weitere Maßnahmen, aber das Thema sexuelle Gewalt muss öffentlich besprochen werden und #MeToo hat sehr viel dazu beigetragen.

    Der feministische „Unladylike“-Podcast veröffentlichte letztens die Episode namens „Rape Jokes“ (Empfehlung!). Da antwortet Komikerin Cameron Esposito auf der Erzählung einer Vergewaltigung mit einem „I’m sorry that happened to you“ voller Mitgefühl. Wenn ich meine Geschichte erzähle, wünsche ich mir so eine Reaktion und nicht eine Diskussion darüber, wie ich mich hätte wehren sollen oder ich müsste daraus gelernt haben, mich zukünftig zu wehren.

    Eine bessere Welt ist in meinen Augen nicht jene, in der sich Opfer von sexueller Gewalt erfolgreich wehren, sondern eine in der Menschen in Machtpositionen Übergriffe erkennen und gar nicht ausüben; Täter nicht von Schuld befreit werden und junge Menschen nicht lernen müssen, „besser auf sich aufzupassen“ und sich zu verteidigen. Und wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir mindestens mit „Hashtag-Feminismus“ aktiv werden.

    Beste Grüße!

  14. Kurz vor Ende der Diskussion erzählt Svenja Flaßpöhler, dass ein Mann, den sie in der Danksagung ihres Buches erwähnte, daraufhin keine Aufträge mehr von einer feministischen Plattform bekam. Margarete Stokowski fragt nach, ob dieser Mann versucht habe, diesen Sachverhalt zu klären. Erwiderung von Svenja Flaßpöhler: „Nein, was soll man da noch klären?“. Tja nun, so wird es vermutlich vielen Frauen gehen, die unter #metoo ihre Erlebnisse twitterten. Nach der Argumentation von Svenja Flaßpöhler hat dieser Mann also schwächlich verhalten.

    1. Nein, er hat sich nach dieser Argumentation nicht ’schwächlich‘ verhalten, er hat einfach einen zwecklosen Kampf nicht gefochten (die Magazine können für sich entscheiden, wen sie publizieren).
      Um schwächlich zu handeln muss man auch die Wahlmöglichkeit haben, und die lag hier zur Beginn gar nicht vor, denn die Konsequenzen kamen später.
      Hätte man ihm vorher gedroht, dass er nicht mehr für die Magazine schreiben dürfte, sofern er bei diesem Buch mitwirkt, und er wäre darauf eingegangen, dann hätte man ihm vllt. ‚Schwächlichkeit‘ unterstellen können – aber dann sollte man auch zu seiner Entscheidung stehen.

      Die Passivität bezieht sich auch darauf, dass man fordert von anderen nicht vor persönlich unangenehmen Entscheidungen gestellt zu werden, weil man dem Gegenüber nicht entgegentreten möchte bzw. Angst vor den Konsequenzen hat.
      Das trifft auch auf die Freundin des Fragestellers zu Ende hin zu: Einer für sie unangenehme Situation (die weder strafbewehrt noch außerhalb der persönlichen Perspektive eindeutig ist) wird sich nicht gestellt sondern statt dessen eine Lösung von außen gesucht- sich in solchen Fällen bei Dritten darüber zu beschweren ist jedoch kein Zeichen von Selbstermächtigung sondern eben von jener Passivität.

    2. Ja, da ist sie nicht ganz konsistent geblieben in ihrer Argumentation. An ein paar anderen Stellen auch nicht. Aber:

      Ich denke, das Problem ist hier die unterschiedliche Wahrnehmung der Welt:

      – Flaßpöhler et al glauben, er habe ohnehin keine Chance gehabt auf eine faire Behandlung über ein Gespräch, weil wir ihrer Ansicht nach in einer Zeit des feministischen Totalitarismus leben (und wenn Stockowski sagt, dass sie sich wegen der Einschränkungen der Freiheit doch nicht so haben solle, das sei doch alles nicht sooo schlimm, es gehe doch um das Gute, dann bestärkt das diese Sichtweise natürlich nachhaltig), weil die „Feminazis“ ihn als Verräter sehen, wenn er mit Flaßpöhler/dem Patriarchat kollaboriert. Hier aufzugeben und nicht selbst zu kämpfen, ist also nicht schwächlich, sondern eine rationale Einsicht in die Machtverhältnisse.

      – Stockowski et all glauben, Frauen haben ohnehin keine Chance auf eine faire Behandlung über ein Gespräch, weil Patriarchat. Hier aufzugeben und nicht selbst zu kämpfen, sondern maximal kollektiv-diskursiven Guerilla-Widerstand zu praktizieren (#), ist also nicht schwächlich, sondern eine rationale Einsicht in die Machtverhältnisse.

      Persönlich glaube ich ja, daß „Macht“ der Äther des Genderdiskurses ist. Ein Argument, das zumeist so unfassbar und unspezifisch ist und auf axiomatischen Annahmen über Menschen und die Welt beruht, dass es vollkommen unbrauchbar für tatsächliche Phänomene und tatsächliche Menschen ist, das aber ständig verwendet werden *muß*, weil ohne seine hypothetische Wirkung die gesamte gedankliche Struktur einbrechen würde,

      Und da sehe ich dann auch den Unterschied beim Argument oben: in der konkreten Situation.

      Flaßpöhler verwendet den Begriff spezifisch, nicht allgemein, individuell, nicht kollektiv. Und fordert diese Konkretisierung auch von Stockowski, wenn es um die Differenzierung von Unterschieden bzgl. #metoo geht, der Forderung nach einem sinnvollen Schwellenwert, der Frage, wann man z.B. dumme Sprüche auch mal einfach nicht problematisieren muß, weil die Problematisierung die Freiheit der anderen Person mehr beschränken würde als der Spruch die eigene Freiheit beschränkt.

      Aber für Stockowski et al ist das alles ja schon so konkret wie es werden kann: Eben weil für sie diese individuell wirksame kollektive „Machtdifferenz“ besteht, die sich insbesondere als sexualisierte Gewalt manifestiere. Daher sei eben kein Schwellenwert nötig. Zwar sei nicht alles sei gleich, aber alles manifestiere sich auf der gleichen patriarchalen Machtdimension, der Unterdrückung von Frauen durch sexualisierte Gewalt, daher gilt für die Vergewaltigung wie für den verunglückten Flirt gleichermaßen #metoo.

      Und weil das alles so fundamentale axiomatische Fragen sind, wird es nie einen wirkliches Verständnis über diese gedanklichen Lager hinweg geben können. Weil man sich ja schon bei der Beschreibung des Problems nicht einig werden *kann* ohne die eigene axiomatisch Position aufzugeben.

  15. Als Vater von drei traumatisierten Kindern habe ich zu der #Metoo Debatte wahrscheinlich eine ganz eigene Meinung – oder eben auch nicht.
    Wenn man live mit erleben muß, was Gewalt und Traumatisierung mit einem Menschen macht, ist jeder Versuch – Aufmerksamkeit zu erzeugen sinnvoll.
    Ja, auch ich bin nicht begeistert von der sehr auf „Frauen“ beschränkten Sichtweise der einen oder anderen Mitstreiter, ja, auch ich denke, es gibt den einen oder anderen Fall, in denen Medien und soziale Medien über das Ziel hinaus schießen. Aber es ist Zeit, Gewalt – ob psychisch oder physisch – zum Thema zu machen. Gewalt ist immer das vermeintliche Recht des Stärkeren, es gibt für die Schwachen nur einen gangbaren Weg, auf das sie betreffende Unrecht hin zu weisen, nämlich gemeinsam aufstehen. Sich die Stärke in der Gruppe zu holen. Ansonsten bleiben sie die Opfer, immer und immer wieder.
    Besonders perfide finde ich die Argumentation, na ja, die Traumatisierten, die dürfen ja schwach sein, die anderen sind selber Schuld.
    Nein – so funktioniert Trauma nicht! Was der einzelne als traumatisierend erlebt, kann kein Aussenstehender bewerten oder beurteilen. Es ist nicht das, was die Allgemeinheit für schlimm erachtet, es ist die Situation, in der sich das Individuum nicht mehr als handlungsfähig erlebt, die traumarisiert.
    Mit anderen Worten, niemand hat das Recht zu sagen: Na, das war aber jetzt nicht so schlimm. Niemals! Auch wenn er sich dadurch als stark empfindet.
    Und zuletzt, bei ganz vielen Menschen, die ihre vermeintliche Stärke vor sich hertragen, habe ich bei näheren Gesprächen eine eigene Verletztheit gefunden, deren Ausmaß nur durch Verdrängung und Heroisierung für die Betroffenen erträglich wurde.
    Na, wenn ich das überlebt habe, wird es schon nicht so schlimm gewesen sein. Und außerdem haben meine Eltern, Lehrer, Partner, … mich ja geliebt. Nein haben sie nicht – in diesem Moment – dies sich ein zu gestehen scheint dem Menschen nicht gegeben. Dieses Phänomen sorgt für das Weitertragen und Weitergeben unerträglicher Gewaltmuster von eine Generation in die nächste.

  16. Glasscheiben in der Uni? Werden Menschen jetzt unter Generalverdacht gestellt? Bis vor kurzem war es Terrorismus, weswegen wir alle überwacht werden müssen. Jetzt dann Sexismus? Da bin ich raus…

    Ich finde, das nachhaltigste, was gegen Sexismus hilft, ist immer noch, dass Menschen in Dialog treten, die Geschlechter in Dialog treten. Um es pauschalisiert zu sagen: dass Frauen wehrhafter werden und Männer sensibler. Diese Haltung kam bei Flaßpöhler wesentlich besser raus, ich kann mir aber kaum vorstellen, dass Margarete Stokowski nicht so denkt.

    Was #metoo leistet ist, dass Frauen sich weniger schämen müssen, von sexualisierter Gewalt zu sprechen. Es ist immer noch schambehaftet, vergewaltigt worden zu sein. Das nützt den Tätern und schadet den Opfern auch noch nach der Tat. Denn das Opfer ist unschuldig am Übergriff, schämt sich jedoch denoch dafür, sucht eventuell keine medizinisch Versorgung auf und traut sich nicht auszusagen. Aber dazu müssen die Opfer sexualisierter Gewalt eben #metoo auch machen: Zur Befreiung der Fesseln aus Scham.

  17. Hallo,
    danke für den Podcast. Sehr cool, dass ich bei euch irgendwie immer ein Ohr an Debatten haben darf die sonst unsichtbar für mich wären.
    Ich kann die Argumentation von Frau Flaßpöhler besser nachvollziehen. Sie erklärt ihren Standpunkt klarer, offen und ist weniger in Pöbellaune.
    Ich bin bei ihr wenn Sie sagt, dass die Welt sich längst weitergedreht hat und hoffe dass Menschen auch ohne allgegenwärtige Glasscheiben offen und gleichberechtigt miteinander umgehen lernen.
    Wäre schön wenn ihr vielleicht nochmal eine Folge im Nachgang macht, bis dabin höre ich die 99 und 101 noch einige Male.

  18. Ein toller Podcast, eine spannende Diskussion mit vielen interessanten Einblicken. Das entspannte Vortragen der Argumente von Frau Flaßpöhler hat mir sehr gefallen. Einfach nicht allzu verbissen. Klar da waren provokante und streitbare Sachen bei, aber es war auf jeden Fall eine Freude dabei zu zuhören. Ich denke auch das die beiden Frauen manchmal etwas an einander vorbei geredet haben, trotzdem war es kurzweilig und erhellend. Ein großes Kompliment von mir dafür.

  19. Hallo!
    Ich höre euren Podcast seit ungefähr einem Jahr und melde mich hier jetzt zum ersten Mal.

    Danke, dass ihr dieses spannende Gespräch aufgezeichnet habt!

    Insgesamt stimme ich weder mit Flaßpöhler, noch mit Stokowski gänzlich überein. Mein Eindruck deckt sich mit einigen Kommentaren hier; die beiden reden über große Strecken aneinander vorbei. Mir scheint, dass beide ihre Sicht auf #metoo etc. referieren, auf Stichworte gut eingeübte Argumente präsentieren, aber eben nicht in echten Dialog gehen, sich nicht wirklich gegenseitig zuhören. Schade finde ich auch, dass beide im Verlauf persönlich werden, sich gegenseitig unterbrechen, über die jeweils andere lachen, sich eben nicht ganz ernst nehmen. Da höre ich an kaum einer Stelle den Willen heraus, die andere zu verstehen. Aber geschenkt.

    Was mich wirklich geärgert hat, ist der Teil, in dem über die Glastüren zur Vorbeugung von Übergriffen im Einzelunterricht gesprochen wird. Frau Flaßpöhler empört sich über die Überwachung und unterstreicht zum wiederholten Mal, dass Frauen wehrhafter werden müssen. Frau Stokowski hingegen sagt, Glastüren wären ihr recht, wenn damit Übergriffe verhindert werden können. Beiden möchte ich wehement widersprechen und ich finde es bezeichnend für die gesamte Diskussion, dass der Fokus bei der „Lösungssuche“ auf die Personen gerichtet wird, die den Grenzüberschritt erleben. Sie sollen entweder wehrhafter werden und für sich selbst einstehen, oder mit allen Mitteln geschützt werden. Die Personen, die den Grenzüberschritt begehen, werden in diesem Moment komplett ausgeklammert. Das impliziert auf beiden Seiten, dass „da eben nichts zu machen ist“. Da komme ich kaum mehr raus aus dem Kopfschütteln. Meiner Meinung nach ist „Täterarbeit“ das Rad, an dem gedreht werden muss um wirklich etwas zu verändern. Ich will weder in einen Kampfmodus gehen müssen, wie Frau Flaßpöhler fordert, noch von außen/oben geschützt werden vor der bösen, aber leider unveränderbaren Welt, sondern ich will, dass wir patriarchale Strukturen erkennen und auflösen, damit sich niemand mehr wehren muss.
    Dass bei diesem Beispiel mit keinem Wort auf die Verantwortung der Lehrer, zu reflektieren und aufzuarbeiten, eingegangen wird finde ich wirklich, wirklich schade.

    Über eine Aufarbeitungsfolge würde ich mich, wie einige andere auch, sehr freuen! Diese Folge wird mich noch länger beschäftigen.

    Viele Grüße!

    1. Hallo Lea, in der Sendung, die kommende Woche erscheint, haben Susanne und ich das Thema noch einmal aufgegriffen.

      Liebe Grüße
      Katrin

    2. Auch ich danke euch für die Aufzeichnung und euren super Podcast. Ja, der Fokus lag in der Diskussion nicht ausreichend darauf, dass auch Männer für eine bessere Gesellschaft aktiv werden – und eben keine Täter werden. Stattdessen macht Frau Flaßpöhler es allen bequem, die ihr übergriffiges Verhalten nicht ändern möchten: sie fordert eine klare Unterteilung in diejenigen bei MeToo, denen etwas „wirklich Schlimmes“ passiert ist (was „wirklich schlimm“ ist, entscheidet wer?) und diejenigen, die sich nicht beschweren sollen.
      Ich halte es für wichtig, diese und weitere Argumentationsstrukturen zu analysieren und aufzuzeigen, warum Frau Flaßpöhlers Redestrategie vielen Leuten gefällt: Wie erwähnt wiederholt sie überzeugend, wie trennscharf Unterscheidungen sind (im Gegensatz zu Frau Stokowski, die mehrmals gezeigt hat, dass Ambivalenz dagegen schwer zu vermitteln ist). Zudem skandalisiert sie erfolgreich und macht aus einigen Vorkommnissen gleich einen Trend. So werden aus Glastüren Glashäuser. Schließlich kann sie Leute damit beeindrucken, dass sie sich auf scheinbar unangreifbare Autoritäten wie Kierkegaard, Rousseau, Diderot etc. beruft – aber eben nur beruft, eine weitere Einordnung oder ein Hinterfragen bleibt aus. Ich war froh zu hören, dass Margarete Stokowski gerade die Skandalisierungen immer wieder geraderückte.
      Es stimmt, dass wir miteinander reden und mit Argumenten ringen müssen – aber dazu gehört auch, m. E. manipulative Redestrategien immer wieder zu benennen.

  20. Woah, das war der schlimmste lila Podcast ever 😉 – aber ich finde es schon gut und wichtig dass Ihr das hier aufgenommen habt.
    Zum Glück konnten mich viele Kommentare hier auch wieder etwas aufbauen.
    Ich habe mal versucht zu überlegen ob es noch vergleichbare Arten von Straftaten oder Sachverhalten gibt wo dermaßen victim blaming betrieben wird. Mir fällt nix ein.
    Sei es Mobbing, oder alte Leute die auf den Enkeltrick hereinfallen (hier spielt ja auch eine gewissen Naivität rein) – da hört man doch nie „ja, hättest Du Dich eben gewehrt, selbst schuld…“.
    Das Wehren an sich ist auch überhaupt nicht so leicht wie Frau F. es darstellt. Zum Beispiel beim Thema Sexismus am Arbeitsplatz. Erstens ist eine gewisse Schlagfertigkeit vonnöten (hat nicht jede), und wenn eine dann mal was sagt kann es schon sein dass sie dann auf einmal alle gegen sich hat („was willst Du denn, das hat der doch gar nicht so gemeint, Spaßbremse“). Soll sie sich dann auch noch zusätzlich schlecht fühlen weil sie nicht reagiert hat? Dann ist es doch besser sich im Internet auszukotzen und zu sehen dass sie nicht alleine ist.

  21. Der Anfang und das Ende des Streitgespräch zeigen viel von eigentlichem Dilemma: dem fehlenden Selbstvertrauen in Alltagssituationen.

    Am Ende weiß die Freundin nicht, was sie dem italienisch Lehrer erwidern soll.
    Und das ganze Gespräch fängt damit an, dass weder Flaßpöhler noch Stokowski etwas zu sagen haben.

    Beide beginnen Ihre Sätze von Anfang an konsequent im Konjunktiv mit: „Ich würde ja sagen, dass… “

    Man möchte beiden aus dem publikum zurufen Und jetzt sag, doch mal deine Meinung!

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