Lila026 Damenkränzchen

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Susanne ist in Berlin \o/ und wir haben eine echte Sofasendung aufgenommen. Dabei sprachen wir über perfekte Gastgeberinnen, Hausfrauen und Konditoren, Selbermachen, Transfrauen in der IT und anderswo, mütterliche Gefühle, Hipstertörtchen, Diäten und Kochbücher, Familienmodelle, die Arbeitswelt und vieles vieles mehr. Bitte Platz nehmen, Törtchen schnappen, Likörchen kühl stellen und viel Vergnügen.

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Susanne Klingner
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Katrin Rönicke
Intro: CC-BY-NC-ND ProleteR “April Showers” http://proleter.bandcamp.com/

Links und Hintergründe

15 thoughts on “Lila026 Damenkränzchen”

  1. Was technische Berufe angeht, so ist die Bandbreite der Unternehmenskulturen in Deutschland sicher auch ähnlich breit wie in anderen Ländern. Man kann halt nicht Facebook mit einem SAP-Unternehmen vergleichen, bzw. man kann schon, es bringt nur nicht so viel und man sollte auf dieser Basis keine Rückschlüsse auf einen Unterschied zwischen amerikanischer und deutscher Firmenkultur schließen.

    Softwareteams sind nach wie vor männerdominiert, und es gibt eine ganze Reihe Faktoren, die bedingen, ob und wie man das im Arbeitsalltag merkt. Ich hatte da Gott sei Dank immer Glück, weiß aber auch, dass es nicht überall gleich leicht ist. Was schon helfen kann ist, wenn man nicht die einzige Frau ist. Selbst, wenn es nur ein oder zwei weitere Programmiererinnen gibt, macht das meiner Erfahrungen nach einen Unterschied, eben, weil man dann nicht DIE EINE Frau unter vielen Männern ist.

    Was tatsächlich meiner Erfahrung nach nicht stimmt, ist, dass in Softwarefirmen jeder so vor sich herwurschtelt. Das hatte ich eigentlich noch nicht mal während der Ausbildung. Softwareentwicklung ist zu einem großen Teil Teamarbeit, und selbst wenn es mal vorkommt, dass man für ein bestimmtes Projekt stundenlang alleine an einem Problem rumarbeitet, ist das eigentlich kein Normalzustand. Aber auch hier: Es mag Firmen und Arbeitsbereiche geben, wo das so ist, ich habe weitestgehend in Teams gearbeitet, wo Kommunikation und Zusammenarbeit die Regel waren.

    1. Das kann ich nur bestätigen. EntwicklerInnen, die isoliert vor sich hinwurschteln, gibt es meiner Erfahrung nach in seriösen Softwarefirmen nicht. So etwas kenne ich nur aus dem Bereich der Agenturen für Webauftritte, wo halt irgendwelche Kundenlösungen zusammengetackert werden, egal wie unwartbar dann das Endergebnis aussieht. In seriöser Softwareentwicklung wird vor allem auf Kommunikation gebaut: pair programming und reviews durch KollegInnen sind wichtige Bausteine für Qualitätssoftware, das whiteboard mit verschiedenfarbigen Stiften ein mindestens so wichtigeres Entwicklungswerkzeug wie der Computer.

      Deshalb sind Softwareentwicklerinnen auch äußerst gefragt, weil ihnen sozialisationsbedingt bessere kommunikative Fähigkeiten nachgesagt werden – was im konkreten Einzelfall allerdings auch ziemlich anders aussehen kann. Jedenfalls: Softwareentwicklung ist ein hochgradig kommunikativer Prozeß, keineswegs ein isolierter Kampf Mensch gegen Maschine.

      Interessanterweise ist dieses grundfalsche Image, Computerspezialisten seien kommunikationsunfähige Nerds, erst in den späten 80er Jahren entstanden. Als ich zu Beginn der 80er Jahre Informatik studiert habe, lag der Frauenanteil bei mindestens 50%. Damals hatte die Informatik noch das Image eines „Frauenberufes“, weil der Umgang mit Computern in der öffentlichen Wahrnehmung letztlich als gehobene Bürotätigkeit angesehen wurde. Tatsächlich wurde der Computer, lange bevor er in den Ingenieurbüros Einzug hielt, in der Buchhaltung eingeführt. Meine Mutter, die in der Buchhaltung arbeitete, hatte Jahrzehnte vor meinem Vater, der in der Konstruktion tätig war, mit elektronischer Datenverarbeitung zu tun und kann auch heute noch besser mit dem Rechner umgehen als er.

      Erst als Hollywood anfing, das Bild des Hackers zu erfinden, der zwar genial, aber komplett kommunikationsgestört ist, wandelte sich dieses Bild ziemlich schnell (War games von 1983 dürfte der erste mainstream Hackerfilm gewesen sein, von da an ging es dann ganz schnell bergab). Und auf einmal saßen fast nur noch Männer in den Informatikvorlesungen…

      Insofern kann ich junge Frauen nur ermuntern: Hinterfragt das mediale Image des Computernerds – Softwareentwicklung ist ein abwechslungsreicher und vor allem äußerst kommunikativer Beruf. Ihr werdet gebraucht!

    2. Bei uns abeiten wir auch sehr stark im Team und kommunizieren viel miteinander. Das ist ganz wichtig, damit das Projekt nicht ausufert. Wenn jeder immer so programmieren würde, wie er es für richtig hält, hätten wir wesentlich schlechteren Code und sehr viel unterschiedliche Teile. Der eine löst das Problem lieber auf die eine und der andere auf eine andere Weise. Es ist notwendig hier zusammen zu arbeiten, damit verschiedene Teile ineinander greifen können und zusammen als Einheit gut funktionieren.

      Warum die IT-Welt toleranter ist (und so empfinde ich das auch) würde ich in drei Faktoren vermuten:
      * die Bildung ist oft relativ hoch (viele haben Studiert, etc.) Ich habe das Gefühl, dass es in gebildeten Kreisen mehr Akzeptanz für Menschen gibt, die von dem Normalen abweichen.
      * die Informatik erfordert ein sehr strukturiertes und logisches Denken. Das trainiert man bei der Arbeit den ganzen Tag. Ich könnte mir vorstellen, dass etwas so emotionales, wie die Ablehnung bestimmter Gruppen, dort besser reflektiert werden kann, und so viele sich davon selbst befreien.
      * um etwas zu Programmieren, muss man wissen, wie es hinterher funktionieren soll. Egal, ob man selbst Programmiert oder die Anforderung dafür definiert, man muss sehr präzise sein. Wenn man mit Kunden spricht, lassen diese oft die Hälfte weg. Definitionen, wie ein bestimmter Prozess ist, wird so im Laufe der Gespräche immer wieder anders definiert. Wer in einem IT-Unternehmen arbeitet muss da eine gewisse Gelassenheit entwickeln, um nicht durchzudrehen, wenn der Kunde zum 5. Mal die Anforderungen ändert. Möglicherweise sind sie dann auch bei Definitionen wie „Eine Frau ist…“ oder „Menschen sind…“ entspannter.
      Aber das sin alles nur spekulationen. Vielleicht helfen sie dem Einen oder Anderen darüber anders nachzudenken.

  2. Was das „dritte Geschlecht“ in Indien und Bangladesch angeht, finde ich den Film „Between the lines“, ein Film über Hijras von Thomas Wartmann, sehr sehenswert. 🙂

  3. Funfact: Meines Wissens gibt es eine sehr liberale Transsexuellengesetzgebung im Iran. Dort ist der Geschlechtswechsel problemlos möglich – allerdings nur für Transfrauen! Und zwar offiziell aus patriarchalen Überlegungen

  4. Ich sitze gerade im Zug nach Rotterdam um mich dort mit eindigen Damen zum Kaffeetrinken zu treffen
    Ich höre Lila Podcast und zur Beschäftigung und Entspannung häkle ich.
    Und muss ständig schmunzeln. Obwohl ich ca. 20 Jahre alter bin beschäftigen mich die gleichen Dingen. Toll. Macht weiter so.

  5. Ich finde ja auch jeder, Mann und Frau, sollten können was für ein eigenständiges Leben notwendig ist, man kann alles lernen.

    Ein Mann sollte auch clever genug sein ein Hemd bügeln zu können, oder ein Knopf anzunähen, es gehört zu den Mindeststandards, wie auch das Wohnungsputzen (macht alles nicht so wahnsinnig viel Spaß, aber wenn man nicht auf andere angewiesen sein will muß man da durch).

  6. Ich hab auch gehäkelt als ich euch zugehört habe. 🙂
    Ihr habt mir geholfen diese Tätigkeit anders zu sehen. Ich (weiblich) studiere ein Ingenieursfach, aber mir machen so Sachen wie Stricken, Häkeln, Schminken, Backen halt Spaß. Ich hab mir immer gedacht, ich sollte nicht so „mädchenhaft“ sein, damit man mich ernst nimmt, aber andererseits wollte ich fraulich sein, weil ich es halt bin und ich will auch gar nicht als Mann behandelt werden, was ja auch nicht geht, weil ich halt kein Mann bin. Es wäre für mich am einfachsten, wenn alle gleich behandelt werden. Ich sagte schon immer: Ich werde Ingenieur. In den letzten Jahren, wo die ganzen Gender-Regeln für Texte in der Uni usw. oft besprochen wurden und Broschüren überall auslagen, hab ich mich irgendwie gezwungen gefühlt Ingenieurin zu sagen. Meine Kommilitonen haben mich aber Ingenieuse genannt. Auch nicht so toll. Ich hab wirklich Angst, wenn ich mich nach dem Abschluss bewerben will, dass man an meinem Vornamen und Bewerbungsfoto ja sieht, dass ich weiblich bin und dann wahrscheinlich viel meiner Fächerauswahl oder Zeugnisnoten damit versucht zu erklären und ich dann komplett anders gesehen werde als ein Mann mit diesem Zeugnis.
    Ich bin nie „etwas Wirkliches“. Ich bin keine Frau, weil ich ja einen Männerberuf machen will und ich bin aber auch kein Mann, weil ich weiblich bin und mich schminke usw. Ich bin einfach anders als die meistens Frauen und auch anders als die meisten Männer/Ingenieure. Oft denke ich mir, dass ich etwas falsch gemacht hab, dass ich mir mein Leben schwerer mache als es sein bräuchte. Bei Ingeneurstudenden ist es oft so, dass sie auch in ihrer Freizeit gern etwas mit Technik machen, bei mir ist das gar nicht. Ich bin privat höchstens mit Computern beschäftigt, aber nur so normale Sachen, die fast jeder kann: Jemandem helfen den Drucken oder das Betriebssystem zu installieren oder eine Verbindung zum Internet herzustellen.

    Dann hab ich noch überlegt, wieso ich nicht Heimwerken als Hobby habe. Ich dachte das Problem ist bei mir, dass ich eigentlich nur Dinge freiwillig mache, die man auch rückgängig machen kann. Ich stricke oder häkle etwas und wenn es nicht gefällt, dann kann ich es wieder aufmachen und was anderes daraus machen. Wenn ich aber mit Holz etwas bauen würde und alles zusägen würde und da was schief läuft, dann kann ich das nicht gebrauchen, dann muss ich neues Holz kaufen gehen und dann versuchen keinen Fehler zu machen. Wenn man etwas schief durchgesägt hat oder an der falschen Stelle eine Bohrung gemacht hat, dann kann man das nicht richtig rückgängig machen. Wenn man ein Haus selbst baut, dann sieht man 100000 Stellen, wo es nicht so wurde, wie man wollte und man sieht wo man überall pfuschen musste, damit daraus noch was halbwegs gutes wird. Außerdem macht Heimwerken einfach Dreck und man muss hinterher putzen. Ich will meine Freizeit nicht mit zusätzlichem Putzen verbringen.
    Eine andere Sache ist, dass man beim Häkeln wirklich gut Videos schauen und Musik oder Podcast hören kann. Das würde nicht so gut gehen, wenn man sich die ganze Zeit durch den Raum bewegt und laute Werkzeuggeräusche hat.
    Ein weiterer Vorteil vom Häkeln ist, dass man bei jeder Masche einfach stoppen kann und später weitermachen kann. Man kann so lang und so kurz häkeln, wie man will. Man kann nur 3 Minuten machen, aber auch 3 Stunden. Bei Holzarbeiten ginge das nur, wenn man dafür einen Raum oder irgendwie Platz hat und sobald man einen Arbeitsschritt wie Kleben macht, kann man da nicht einfach 3 Minuten machen und dann weggehen. Man muss anfangen und es durchziehen. Das es dauert einfach.
    Ich glaube, mich schreckt auch der Preis vom Holzwerken ab, schon allein das Werkzeug kostet viel mehr. Dann braucht man auch so viel Platz fürs Werkzeug und für die Sachen, die man gezimmert hat. Beim Nähen ist das fast so schlimm, wie bei Holzarbeiten: Man muss zuschneiden und wenn man Blödsinn gebaut hat, kann man es nicht rückgängig machen, man braucht Platz, man kann nicht mitten in einer Naht aufhören, man kann nicht nur 2 Minuten mal nähen.

    Joa, das ist mein Senf zu eurem Damenkränzchen. Viele liebe Grüße!

  7. ihr habt schon mehrmals die sogenannten Rails Girls (oder so ähnlich erwähnt) und zwar im Zusammenhang mit IT. Als jemand der sehr am Thema IT und Programmieren interessiert ist wollte ich mal nach einer Verlinkung fragen. Ich habe vor kurzem eine Verlinkung zum Erstellen von Homepages bekommen, die vor allem im Ursprung wohl an Frauen gerichtet war (also, um das interesse an IT Berufen zu wecken) und so gut aufgemacht war, dass ich auch mal etwas verstanden habe.
    Jetzt suche ich nach mehr solcher Sachen, um ein bisschen tiefer in die Materie einzutauchen.

    Ich glaube das das einbringen von verschiedenen Persönlichkeiten und Geschlechtern einfach frischen Wind in viele Themen bringt und auch das aufbrechen von Strukturen für den ein oder anderen Aha-Moment sorgt.

  8. und zu der Chick Lit (schreibt man das so? ) Das Thema ist interessant: Denn auch in Beziehungsmodellen und Literatur wird Liebe ja oft als eine sexuelle Beziehung dargestellt. Das heißt, wenn sich ein Mann in eine Frau, oder eine Frau in einen Mann verliebt bedeutet das hauptsächlich das eine Beziehung in die sexuelle Ebene gehoben wird, während die Freundschaftsebene meistens so etwas wie der Loserplatz ist (aber genau da liegt der Haken)

    und an dem Punkt fehlt ganz viel Mut Alternativen aufzuzeigen.

    Denn dieses Beziehungsmodell lässt sich eben auch nicht auf alle Menschen anwenden. Ich kenne und empfinde es selbst so; das sexuelle Liebe und platonische Freundschaft absolut gleichwertig sind. Warum soll also nicht einmal von Anfang an klar sein, dass die beiden Menschen die in so inniger Freundschaft miteinander verbunden sind, sich eben auch von Anfang an lieben (nur eben keinen Sex haben und das auch nicht brauchen)

    (denn wenn man jemanden vertraut, gerne Zeit mit diesem Menschen verbringt und in letzter Konsequenz dieses Vertrauen so groß ist, dass man sogar ein Kind zusammen groß ziehen würde, besteht der Unterschied zu einer traditionellen Beziehung doch nur darin, dass man „keinen“ Sex miteinander hat)

    Und ich glaube es ist ein wichtiger Faktor in unserer gesellschaft platonische Beziehungen eben mal nicht gegenüber sexuellen Beziehungen abzuwerten. In der klassischen „chick lit“ und in der Welt die da draußen vorgelebt wird gibt es immer den „einen“ oder die „eine“. Ist es nicht genauso Legitim, wenn Liebe eben nicht so funktioniert und es nicht eine spezielle Person gibt, sondern viele spezielle Personen die auf einer gleichwertige Ebene stehen?

    Da sehe ich auch einen großen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Frauenfreundschaften wirken oft sehr viel inniger und tiefer als Männerfreundschaften, aber speziell bei Männern weiß ich, dass die auch gerne eine tiefere Freundschaftsebene haben, aber sich das oft nicht trauen und innige Momente dann eben nur beim Sieg der Lieblingsmannschaft usw raus gelassen werden.

    Mutige Männer und Frauen-Lit (oder besser eben Lit für alle) braucht es, die tatsächlich wagt neue Beziehungsmodelle aufzuzeigen und durchzuspielen.

    Und was Häkeln, Nähen und stricken betrifft: Ich glaub, da fehlt manchen Männern auch der Mut, obwohl sie schon Interesse daran haben. Gerade in der LARP-Szene passiert da aber beispielsweise ganz viel, wo Frauen und Männern Nähen und Handwerkern usw.

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