Lila040 „Irgendwann schicken alle nur noch Katzenbilder“

Susanne und Katrin packen in dieser Sendung ein heißes Eisen an: Den Diskurs über „Opfer“. Dabei geht es um Opfer als Schimpfwort, Postfeminismus, Selbst- und Fremdviktimisierung, Debatten im Netz, Opfersein als Identität und vieles mehr.

Kein leichtes Thema: Wie spricht man über „Opfer“, ohne dabei jemandem auf die Füße zu treten? Vermutlich geht das gar nicht, aber manchmal ist es einfach wichtig, überhaupt zu sprechen, überhaupt miteinander in einer Diskussion zu bleiben und einander auch die Chance einzugestehen, anders zu denken. Deswegen packen wir das Thema an.

Dabei geht es um den schmalen Grat zwischen: Diskriminierungen benennen und Diskriminierungen zum zentralen Persönlichkeitsmerkmal zu machen – womit man sich eventuell seiner Kräfte selbst berauben könnte.

In unserem Gespräch gibt es Stellen, an denen wir im Eifer des Gefechts Namen genannt haben. Da uns aber wichtig ist, über die Sache zu sprechen und wir nicht mit dem Finger auf Leute zeigen wollen, haben wir diese Stellen – ähm – sagen wir: geändert. Ihr werdet schon merken.
Außerdem haben wir dieses Mal am Ende der Sendung eine kleine Hausaufgabe für euch.

avatar
Susanne Klingner
avatar
Katrin Rönicke
Intro: CC-BY-NC-ND ProleteR “April Showers” http://proleter.bandcamp.com/

Links und Hintergründe

90 thoughts on “Lila040 „Irgendwann schicken alle nur noch Katzenbilder“”

  1. Moin.
    Mal wieder tolle und komplexe Folge. Meine Pendelei zur Arbeit wird durch euch sehr bereichert!

    Meine Gedanken zum Opfer-Thema… um das Thema noch komplexer zu machen:
    in meinem Bekanntenkreis war eine Frau eine Art Sexismus-Opfer von Frauen! Situation: Ehemann betrügt, baut Mist vom allerfeinsten (inkl. rechtlichen Folgen). Ehefrau will sich trennen. Familie vom Ehemann, vor allem seine Schwestern, sagen Ehefrau, sie müsse jetzt stark sein, weiter machen, sich intensiver ums Familienleben kümmern, das sei doch alles gar nicht so schlimm, es gäbe doch gar kein Problem, sie müsse ihm zur Seite stehen, das tue man als Ehefrau. Ich: regelrecht sprachlos.

    Haut in eine ähnliche Kerbe mit der jungen Frau, die mir vorwarf, ich würde meinem Freund abends nichts kochen. Und das, obwohl sie weiss, dass wir beide voll arbeiten und ich doppelt so lange unterwegs bin zur Arbeit.

    Die meisten Männer um mich herum sind tolerant, modern, ja sogar feministisch und vor allem sehr lernfähig, was Sexismus, Feminismus und Gerechtigkeit angeht. Viel mehr schräge Blicke, Anfeindungen und blöde Kommentare kommen von Frauen.

  2. Hallo,
    vielen Dank ersteinmal für diese sehr aufschlußreiche Folge.

    Ich habe in letzter Zeit überlegt (in anderem Zusammenhang), ob es nicht manchmal wichtig ist, Menschen, die tatsächlich Opfer von Umständen sind, diesen Status auch zuzugestehen. Also zu sagen: »Ihr seid nicht Schuld an eurer Situation. Und wir müssen jetzt zusehen, dass sich das bessert.«
    Könnte dieses offensive »Opfer sein« einiger Netzfeministinnen eine Reaktion darauf sein, dass ihnen in Diskussioen nicht zugestanden wird, eben auch einfach mal in der benachteiligten Position zu sein? Also durch victim blaming, »Hab dich mal nicht so!«, in Frage stellen, dass es überhaupt ein Sexismusproblem gibt etc.?

    1. ich denke es ist grundsätzlich wichtig, Opfern dieses „es ist nicht deine Schuld“ immer wieder zu sagen und zu kommunizieren. Grundsätzlich! alles andere ist eben genau „Victim Blaming“ und am Anfang der Sendung greifen wir das ja auch auf. Als Rebecca Casati das mit der Rolle als Frau = sofort verloren gesagt hat, wurde eine Debatte über Sexismus damit eigentlich nicht möglich – also wenn man sich unter diese Ansage subsummiert hätte.
      Von daher: Opfer müssen benennen können, was los ist. absolut.
      und davon gilt es zu trennen, wenn diese Überidentifikation mit dem eigenen Opfersein stattfindet. siehe auch der Begriff „sekundärer Krankheitsgewinn“. die Trennung zu finden ist so extrem schwierig. aber wichtig. und eben auch die Pflicht gegenüber Opfer, damit sie nicht unter solchen Unwörtern wie „Opfer-Abo“ subsummiert und damit sprachlos gemacht werden. :/

  3. Schon lange nichts mehr so gutes zum Thema gehört. Ihr sprecht viele Dinge an, die ich mich gerade auf Twitter teilweise gar nicht mehr TRAUE zu äußern, weil dann sofort losgehetzt wird.
    Das Thema „Fatshaming“ war für mich dieses Jahr ein ganz großes, weil mir das, genau wie dem Holgi, vorgeworfen worden ist, obwohl ich nur von mir selbst geredet habe (und es wagte, Erzählmirnix‘ Buch zu empfehlen, das mir nicht nur geholfen hat abzunehmen, sondern auch mein krankhaftes Verhältnis zu meinem Körper und Ernährung unglaublich verbesserte). Auch da war plötzlich die Rede davon, meine Texte dazu könnten Menschen „traumatisieren“. Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, endlich mal von jemand anderen zu hören, wie furchtbar genau das ist – als könnte ein Text über Gewichtsprobleme eine posttraumatische Belastungsstörung auslösen!

    Dass Opfer-Sein die Weiblichkeit definiert, hat mich vor allem als Teenager stark beschäftigt und nun auch wieder im Kontext Netzfeminismus. Ich fühlte mich als Mädchen sehr stark von diesen Rollenerwartungen eingezwängt, die eben von mir verlangten, immer schön brav, passiv, halt Opfer zu sein. Weil ich das nicht wollte, weil das vor allem auch gar nicht meinem Wesen entspricht, bin ich Feministin geworden. Ich definierte Weiblichkeit von da an mit Stärke, weshalb diese Viktimisierung mir auf einer ganz fundamentalen Ebene einfach sehr gegen den Strich geht.
    Deshalb habe ich mich auch über den Hashtag #Takebackthestreets sehr geärgert. Natürlich ist absolut nichts falsches daran, von Sexismuserfahrungen zu berichten. Aber es ist eben ein Unterschied, zu sagen „Ich wurde gestern auf der Straße „Fotze“ genannt und das war megascheiße“ oder eben „Ich wurde gestern auf der Straße „Fotze“ genannt und deshalb trauen sich Frauen nicht mehr alleine raus“. Weil das dann wieder so eine Rollenerwartung generiert, bei der ich mich, denkt man das ganz zu Ende, dann plötzlich wieder rechtfertigen müsste, wenn ich eben doch allein rausgehe und mir etwas passieren sollte. Hätte man ja wissen können…

    Überhaupt stecken so viele Erwartungen im Begriff „Opfer“. Darüber, bzw. was passiert, wenn man diesem Klischee nicht entspricht, habe ich mal einen Beitrag geschrieben: https://robinsurbanlifestories.wordpress.com/2013/01/10/man-ist-nur-ein-opfer-wenn-man-in-der-ecke-sitzt-und-weint/
    Nur noch auf meinen Opferstatus reduziert zu werden – ein Opfer von Sexismus, von Klassismus, von Ableismus – schränkt mich teilweise mehr ein als die Diskriminierung selber. Denn auf jeden Typen, der mir gegenüber einen sexistischen Spruch ablässt, gibt es zehn, die mich regelrecht pampern wollen, weil sie irgendwie im Kopf haben, dass ich ja als Frau ach so hilflos bin.

  4. Vorab zur Klarstellung meiner Haltung
    Jeder Mensch ist einzigartig, in dem Sinne, daß er zu keinem Zeitpunkt mit sich selbst identisch ist.
    Es existiert kein Mensch an sich und folglich kein Geschlecht an sich.
    Ein Vergleich bedingt Wissen, für eine Wertung reicht Glaube völlig aus.
    Sprache ist nur der Informationsträger, aber nicht die Information selbst.
    Sprache wertet nicht, Sprache hat kein Geschlecht, sie bezeichnet sprachliche und biologische Geschlechter.
    Ein soziales Geschlecht, ein Konstrukt geschaffener Realität namens Gender existiert nicht.
    Gender gibt es nur für einen Menschen, der daran glaubt, denn es existiert kein Geschlecht an sich, als das sich ein Mensch fühlen könnte.
    Das Problem entsteht durch Kategorisierung, die sich durch den Glauben an diese, selbst bestätigt.
    Geld ist kein Tauschmittel, es existiert nicht. Menschen können nur so tun als ob es Geld wirklich gäbe, wie bei allen Konstrukten. Der einzige Zweck des Geldes ist, ein Manipulationsmittel zur Verhaltenssteuerung. Für ein Geschlecht an sich gilt nichts anderes.

    Vermutung
    Sprache wird statt zur Verständigung, zu einer psychologischen Waffe umfunktioniert, um die eigenen Minderwertigkeitskomplexe auszugleichen. Die Bedingung ist, Menschen müssen die Sprache für Wirklichkeit halten.
    Das Modell des rationalen homo oeconomicus ist angehalten ständig alles zu werten, um einen imaginären (zukünftigen) Vorteil zu erlangen.
    Eine Wertung ist ein rein emotionaler Vorgang. Dieser nicht lebensfähige Homunkulus ist ein emotionalisierter Vollpfosten.
    Wer nur wertet, braucht kein Wissen, er ist ja bereits im Besitz der einzig wahren Wahrheit.

    Behauptung zur Diskussion
    Die Ökonomisierung ist die Entmenschlichung des Menschen, der Tod des (mit)fühlenden Verstandes.
    Der Feminismus/Maskulinismus ist so kalt wie die Ökonomie, reduziert die Menschen auf ihr Geschlecht.
    Die Menschen sind nicht mehr in der Lage die Welt im Zusammenhang zu betrachten.
    Die Problematiken enstehen durch das beeinträchtigte Abstraktionvermögen emotionalisierter Menschen, durch mangelnden Abgleich der Schärfentiefe zwischen Speziellem und Allgemeinem.
    Die Geschlechterdebatte ist nur ein Symptom, aber nicht die Quelle.
    In Glaubenssystemen geschaffener Realitäten ist das Merkmal, daß immer alles zugleich richtig als auch falsch ist. Glaube erzeugt den Wettbewerb zwischen Gut und Böse. Binäres (scheinbares) Denken ist hip.

  5. Hallo!

    Eine sehr schöne und interessante Folge!

    Zwei Gedanken dazu. Wenn Frauen dadurch definiert werden, dass sie Opfer sind, dann werden Männer offensichtlich immer als Täter definiert. Das kann für ein gutes Zusammenleben nicht nützlich sein. Außerdem habe ich das Gefühl, dass dadurch Opfer relativiert werden.

    Wenn jede kleinste flasche Äußerung sexistisch ist (und zwar absolut, zu 100%), dann verlernen wir zu erkennen und zu differenzieren. Und, der „Täter“ wird irgendwann nicht mehr bereit sein, sein Verhalten zu justieren oder zu hinterfragen. Wenn alles was man tut, immer absolut 100% schlimm ist, dann gibt es keinen Weg sich zu besserern, warum sollte man es dann auch versuchen? Ähnliches sehe ich in der Diskussion um Rassismus. Ich bin ein Freund davon, Abstufungen zu haben und auch die Intention und den dahinterliegenden Geist mit zu bedenken. Damit gibt man Menschen die Lernen wollen, die Chance zu lernen. Außerdem (1) jeder Mensch macht Fehler und (2) nur durch Fehler können wir lernen.

    Eine zweite Sache. Der radikale (Netz)Feminismus macht mich traurig. (Ich habe den Eindruck, dass sich selbst die radikalen Netzfeministinnen in unterschiedliche Lager einteilen und heftig bekriegen, das ist doch absurd!) Was mich daran traurig macht? Dass sich die Frauen untereinander bekriegen, statt für Gleichstellung und Gerechtigkeit zu kämpfen. Damit spielt man doch nur den Maskulisten und ähnlichen Gruppen in die Arme.

    Und weil gefragt wurde: Ich finde es schade, dass sich Kathrin nicht mehr so richtig mit dem Wort Feminismus identifizieren kann. Ich kann verstehen, schaut man sich die Besetzung des Begriffes durch Radikale an, es schwierig wird, sich mit ihm zu identifizieren. Anderseits, stellt für mich der Begriff Feminismus mehr dar, als Emanzipation z.B.. Emanzipation ist Teil des Feminismus, doch geht dieser darüber hinaus. So zumindest in meinem Verständnis. Im Feminismus geht es auch genereller um eine bessere, gerechtere Welt. Es ist ein Begriff, der meiner Meinung nach, eben auch die Männer mit einschließt.

  6. Bin ueber erzaehlmirnix auf die podcast-Folge aufmerksam geworden und bin ob der Vernunft ueberrascht; das ist mir so in der GenderIn/Feminismus_x-Blase bisher noch nicht begegnet (mea culpa).

    Ich moechte (als Mann) 2 Punkte kommentieren:

    1) Verharmlosung von PTBS und die Leidtragenden sind die Opfer
    2) Dieser maennliche Kommentator, der denkt, mit Bitte-tut-mir-nix-Prologen wuerde er Punkte bei Frauen sammeln.

    Kommentar:
    1) Maenner verstehen bei Vergewaltigungen gar keinen Spass, da herrscht ziemlicher Konsens.
    2) Und jetzt der Denkfehler: Maenner verstehen aber auch bei vorgetaeuschten Vergewaltigungen gar keinen Spass.

    Ein moegliches Ergebnis ist: hoert man von einem Vergewaltigungsvorwurf, ist einem das egal, weil die Chance, dass das gar nicht stimmt, nachweislich weit hoeher ist, als der Normalnaivmann so denkt. Das Opfer dabei sind die Frauen, die wirklich vergewaltigt werden. Profitieren tun davon die wenigen Taeter.

    Schlau.

  7. Hallo!
    Wieder eine sehr schöne hörenswerte Folge.

    Ich kann mich selbst nicht als Feministin bezeichnen, weil ich nicht so viel Ahnung über Geschichte und Hintergründe habe. Ich hab über vieles auch nicht richtig tief nachgedacht, weil ich die Diskussionen nicht kenne und auch einfach die Hintergründe nicht überblicke.
    Ich glaub, dadurch, dass ihr euch damit beruflich und wahrscheinlich auch im Studium und privat sehr viel beschäftigt habt, könnt ihr euch beide auf jeden Fall Feministin nennen, wenn ihr es denn wollt, weil es doch ein großer Teil von eurem Leben ist. Ist natürlich doof, dass Durchschnitts-Deutsche als Feministin irgendwen krawallig verstrahlten sich vorstellen, der ständig auf Männer eindrischt. So seid ihr ja nicht und das ist dann vielleicht immer mühselig den Menschen, die z. B. eure Bücher lesen, das zu erklären, dass ihr zwar Feministinnen seid, aber nicht männerfeindlich.

    Das Barbie-Video ist süß, wenn man sich vorstellt, dass die Mädchen sich selbst diese Rollen gewünscht/ausgedacht haben. In Wirklichkeit wurde denen wohl alles in den Mund gelegt, schätze ich mal. Diese Vorstellung find ich dann doch nicht so toll.
    Das Video bringt mich dazu mich zu erinnern, was ich so gespielt hab früher. Ich glaub, meistens war das aber so typisches Zeug, wie Verkäuferin oder mit anderen zusammen Malen und die Barbies haben das dann vorgeführt oder irgendwas zu den Bildern gesagt. Meiner Barbie hab ich die Haare in 3 Farben permanent angemalt und kürzer geschnitten. Die Inspiration bekam ich durch The Prodigy Sänger mit den bunten Haaren als gerade „Firestarter“ rauskam. Ich hab ihr auch manchmal Kleidung gemacht, aber nur mit Hand genäht oder gehäkelt. Ansonsten ist meine Barbie gern Autogefahren, war mal Arzt, mal Mutter, mal Sportlerin, mal Tänzerin, mal Chefin, die alle rumkommandierte.

    Alles Gute weiterhin.

  8. Hallo und… äh… Hallo!

    Wie auf Twitter geschrieben, bezeichne ich mich als Feminismuskritiker.
    Kurz zur Definition: Kritiker != Hasser.
    Das ist keine Leidenschaft von mir. Diese Bezeichnung nutze ich ausschließlich dann, wenn ich mit Feminismus zu tun habe bzw. darüber Debatten führe.

    Es ist (wenn ich mich recht entsinne) mein erster Kommentar hier, weswegen ich etwas allgemein bleibe.

    Der Feminismus™ stößt mir gerade an Unis und im Netz sauer auf.
    Es spielt kaum eine Rolle, ob man sich im Netz bewegt oder an Unis mit Feministen spricht; es gleicht sich in der Argumentation. Er ist reaktionär. opferkultig, elitär, arrogant, aggressiv, zynisch, destruktiv und bar jeder Selbstkritik. Ginge man nach dem modernen Feminismus, so zeichnet sich ein dualistisches Weltbild ab. So simpel ist keine Realität.

    Für mich gipfelt das Ganze dann in sogenannte Microaggressions. Dieser Begriff ist, zugegeben, ein Sammelsurium. Das schlimmste Element daraus ist für mich die Aussage, dass ein (auch unbeabsichtigter) lasziv interpretierbarer Blick eines Mannes eine Vergewaltigung sei, und Frauen, die dies haben erdulden müssen, nennt man daraufhin Überlebende (Survivors).

    Für mich, der sich nicht den ganzen Tag in feministischen Blogs „informiert“ und dessen Interessen anders gelagert sind, ist das, auf den ersten Blick, eine menschenverachtende Aussage von Wohlstandsneurotikern (sorry für die Polemik), die sich zwingend als Opfer definieren wollen.
    Diese Opferkultur erzwingt eine Mechanik, in der jenes Bauteil am meisten entlastet wird, was am schwächsten konstruiert wurde. Eine einfache Logik, die aber im Endeffekt nicht zu einem Schutz von weiblichen Interessen führt, sondern die Frau von einem selbstständigen und selbstwirksamen Wesen, zu einer wehr- und kraftlosen Einheit in einem indifferenten System macht. Ich kenne diese Argumentation von Verschwörungstheoretikern, die das ominöse Böse (in diesem Falle das Patriarchat) als Allmacht und Unterdrücker erst krönen, um dann darüber zu jammern. So habe ich Frauen niemals kennengelernt.

    Für mich waren Frauen immer Gestalter. Falsch. Für mich waren Menschen immer Gestalter. Dass ich über das Geschlecht eines Menschen nachdenke, verdanke ich dem modernen Feminismus. Vorher interessierte mich ausschließlich die Qualifikation bzw. die Gedankenwelt des einzelnen.

    Kurzum: Der Feminimus, den ich kennenlernte, degradierte und stigmatisierte systematisch die Frau, reduzierte sie auf ihr Unvermögen und ihre Unzulänglichkeiten. Die Frau als Geschlecht wirkt so wie eine Behinderung.
    Deswegen fing ich an, den Feminismus zu kritisieren, wenn ich das Gefühl hatte, dass man genau dies tut.

    Frausein ist kein Attribut. Frausein ist nicht einmal ein Geschlecht. Frausein ist eine gesellschaftliche Konstruktion aus Kompetenzregelungen und Aufgabenzuschreibungen innerhalb einer Kultur. Es gab mutige Frauen, die eine Modernisierung dessen forderten und dies auch durchgesetzt haben. Femismus war in meinem Verständnis nicht die Dekonstruktion von Rollenbildern (die durchaus als Orientierung/Angebot hilfreich sein können), sondern die forcierte Trennung dieser Rollen von eine institutionalisierten Ordnung. Sozusagen eine Säkularisierung, um dieses Wort mal Zweck zu entfremden.

    Die Feministen, die ich kennenlernte, verlangten aber eine völlige Auflösung und Dämonisierung von Rollenangeboten, eine Leugnung biologischer Faktoren und die daraus entstandenen gesellschaftlichen Vereinbarungen (die nie fatalistisch und immer verhandelbar sind), die Minimierung und Leugnung von Eigenverantwortung (Übertragung von Verantwortung für das eigene Leben/ evtl. Versagen) und die Unterwerfung unter einer einzigen, von ihnen definierten Ordnung. Zudem waren sie nie aus der sogenannten Unterschicht (Bourdieu lässt grüßen), sondern immer aus einem ökonomisch abgesicherten Umfeld. Damit will ich nicht sagen, dass ökonomisch gut gestellte Menschen keine Meinung haben und vertreten dürfen, aber angesichts der geäußerten Vorwürfe erscheint das wie Realsatire. Die verlangte Prüderie (Sex ist bäh bis böse) und die infantile Weltsicht ließen mich immer an junge Menschen denken, die dem Peter Pan-Syndrom erlegen sind. Man kann sich nicht damit abfinden, das eigene Kindsein aufzugeben und verlangt eine vollalimentierte Lebensmöglichkeit, in der der Erfolg gelobt und der Misserfolg auf andere übertragen werden können. Wie das bei Kindern nunmal so ist. Das totalitäre Moment im heutigen Feminismus ist auch etwas, was in mir Abscheu verursacht. Den Vergleich PEGIDA Feminismus habe ich mir zwar immer verkniffen, aber der Begriff Femnazi ist nicht ausschließlich von misogynen Heteros erfunden worden, wenngleich er nicht hilfreich ist.

    Und jetzt bin ich bei Euch auf der Website gelandet. Gefunden habe ich euch über Sebastian Bartoschek auf Twitter, der einen Ruhrbarone-Artikel promoted hat. Dieser Artikel hat mich neugierig gemacht und so habe ich eins, zwei Sendungen angehört. Diese waren gut, aber irgendwas störte mich dennoch. Letztendlich war ich vielleicht einfach zu aufgepumpt von den ganzen Schreihälsen, weswegen ich mich nicht wirklich auf Euch einlassen konnte.

    Diese Folge hingegen hat mich wahnsinnig gefreut.
    Ihr habt all das richtig gemacht, was ich dem Feminismus sonst als Fehler anlaste.
    Eure Überlegungen sind nachvollziehbar (auch wenn ich nicht immer zustimme), es existiert kluge Selbstkritik, Ihr rückt die Schaffenskraft des Menschen in den Fokus und nicht die selbstgewählte Unmündigkeit über einen Opferhabitus, Ihr ermutigt zum Gestalten der Umwelt und zum Verhandeln mit anderen Menschen über eigene Wünsche und Positionen, Ihr hinterfragt eigene Überzeugungen und verliert Euch nicht darin, andere Meinungen nur niederzuschreien.

    Wenn so alle Feministen wären, dann würde es wieder Sinn machen mit Feministen zu diskutieren. Das liegt nicht zuletzt an dem Vertrauen, was man dann gewinnen könnte. Jemand, der die Größe hat eigene Positionen zu hinterfragen und zu aktualisieren (falls nötig), der hat auch die Größe ehrlich nach der Realität zu fragen und nicht eine vordefinierte Haltung als heilige Kuh zu verteidigen.

    Aber was am meisten meinen Respekt rührte, ist: Ihr seid nicht zynisch euch selbst gegenüber!

    Vielen Dank!
    Hier werde ich öfter mal reinhören. 🙂

    (Der Text ist sehr lang… Grammatik- und Rechtschreibfehler werden mir sehr viel leid getut haben und keine Absicht und so! ^^)

    1. vielen Dank, dass du dir die Mühe eines so langen Feedbacks gemacht hast und danke auch für das Zuhören.
      Vor allem auch in Zukunft! 🙂

  9. Ich hielte es für bereichernd, mal eine andere Position vertreten zu hören. Das permanente Einigsein ist manchmal etwas öde – und auch nicht besonders produktiv. Mich hätte z.B. sehr interessiert, wie in dieser Comic-Streiterei rigidere Standpunkte (und Konsequenzen) argumentiert werden.

    1. ich bin sehr froh, dass ich hier so heikle Themen mit Frauen besprechen kann, denen ich so sehr vertraue. wir sind ein super Team seit 2008 und genau das macht für mich die Gesprächsqualität aus. Krawall gibt es überall anders schon genug. hier kann ich mich fallen lassen und laut nachdenken, ohne Angst, ohne Selbstzensur, sondern mit der Sicherheit, dass meine Gedanken von einem klugen Menschen weitergesponnen werden, dass ein Mehrwert entsteht.
      ja: das war gerade eine Liebeserklärung.
      nein: ich will absolut nichts ändern.
      schönen Abend noch

      1. Ganz klar eure Sache – war nur eine konstruktiv gemeinte Rückmeldung.

        Worauf ich übrigens auch keine Lust habe, ist Krawall. Darum ging es mir bestimmt nicht. Sondern um ein möglichst breites Verständnis verschiedener Sichtweisen. Ich fänds mitunter hilfreich, wenn diese Sichtweisen zumindest mal angemessen referiert würden – bevor die eigene zur Sprache kommt.

        Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage „Was haben die sich dabei eigentlich gedacht?“ sehr produktiv sein kann. Auch und gerade um berechtigte von unberechtigter Kritik zu unterscheiden. Womöglich wäre euch dann auch eine Fehleinschätzung wie bei der Sache mit dem „Du-Mädchen“-Urteil nicht unterlaufen.

        Aber, wie gesagt, das ist bloß mein bescheidener Eindruck. Den ich allerdings zumindest mit eurem erklärten Selbstanspruch stützen kann – nämlich Bildungsarbeit zu leisten.

        1. Na ja, sagen wir mal so. Ich stand der netzfeministischen Ecke sehr lange Zeit sehr positiv gegenüber, weil ich auch wichtig finde, dass dieses Thema zur Sprache kommt. Eventuell geht das auch nicht immer ohne laut zu sein und ein bisschen Krawall zu machen, denn nur so wird man gehört.

          Ich habe aber dann im Laufe der Zeit die Erfahrung gemacht, dass es tatsächlich sehr schwierig wird, wenn man einen anderen Standpunkt hat. So bin ich dort auch schon erfolgreich entfolgt worden, weil ich mich kritisch geäußert habe. Das ist da schlichtweg nicht erwünscht. Es gibt sicherlich Menschen mit anderen Positionen, mit denen man auch sinnvoll diskutieren kann, aber sie sind verdammt schwer zu finden.

          Insofern ist es mir lieber, wenn ich alle zwei Wochen einen angenehm unaufgeregten Podcast zu feministischen Themen, auch wenn es vielleicht bedeutet, dass es nicht immer zu jedem diskutierten Thema ein Kontra gibt. So lerne ich mehr als wenn ich die ewigen Streitgespräche auch noch im Podcast habe. Es geht im Lila Podcast meines Erachtens auch nicht so sehr darum, feministische Themen in Streitgesprächen komplett auszuleuchten, sondern über die breite Vielfalt der aktuellen Themen informiert zu werden. Das hilft mir sehr viel mehr weiter.

          (Es ist übrigens nicht so schwer, die Gegenpositionen mitzubekommen. Ich habe mindestens zwei der von Kathrin angesprochenen Diskussionen auch verfolgen können, sowas bauscht sich gerade auf Twitter gerne so schnell so schön auf, da ist es schwierig, nix mitzubekommen. Und tatsächlich möchte ich dann – zumindest was diese beiden Fälle angeht – auch gar keine große Diskussion mehr nachgereicht bekommen, da reicht das, was ich am Range wahrnehme schon aus. Es ist teilweise echt schlimm.)

        2. Hallo Johannes,

          magst du kurz sagen, welches „Du Mädchen“-Urteil und welche Fehleinschätzung du meinst? Ich stehe gerade auf dem Schlauch.

          Danke & viele Grüße, Susanne

          1. Das wurde in Folge 32 angesprochen; ich hatte dort auch entsprechend kommentiert – auch mit Blick auf bemerkenswerte Behauptungen zur Intersexualität -, weil man sich hier in der Kritik m.E. deutlich vergaloppiert hat – was eben durchaus hätte vermieden werden können, wenn man sich vorher gefragt hätte: „Was mag sich der Richter dabei gedacht haben?“ Ich hatte den Eindruck, stattdessen haben Schubladen und Beißreflexe gesiegt – und auch den folgenden Umgang mit Kritik fand ich leider wenig souverän.

          2. Aha, okay, na dazu kann ich nicht zu viel sagen, weil ich bei Folge 32 nicht dabei war.

            Sich zu fragen: Was hat sich die oder derjenige dabei gedacht?, ist einerseits sicherlich ein guter Ansatz, wenn ich ihn allerdings auf den obigen Podcast anwende, würde es – so fürchte ich – darauf hinauslaufen, anderen Menschen bestimmte Motive und Gedanken zu unterstellen oder auch nicht. Das mag ich persönlich nicht besonders gern. Also weder mag ich anderen eine bestimmte Denke unterstellen, noch bin ich besonders glücklich, wenn man mir unterstellt, was ich mir bei irgendwas gedacht habe – das dann aber eventuell voll daneben liegt.

            Wenn ich deine Anmerkungen etwas weiter auslege, so sehe ich den Anspruch in dieser Folge aber durchaus erfüllt. Denn wir fragen uns ja sehr wohl, wie es zur Dynamik kommt, dass sich Menschen selbst als Opfer definieren.

            Grundsätzlich finde ich es immer gut, sich nicht nur ein Verhalten oder eine Aussage anzuschauen, sondern auch die Ursachen für das Verhalten oder die Aussage gleich mit. Und das versuchen wir auch im Podcast. Wenn es mal nicht hundertprozentig gelingt, liegt das schlicht am Umstand, dass wir Menschen sind und deswegen auch nicht immer superperfekt.

            Viele Grüße! Susanne

  10. Hach, ihr seid immer so herrlich… normal? zielführend? vernünftig?

    Das ist immer so ein absoluter Gegensatz zu dem, wie sich im Netz ansonsten viel unterhalten wird. Dabei ist es wichtig.

    Ich finde diese Aufmerksamkeits- Opferkultur sehr bedenklich. Das Problem tauchte schon vor einigen Jahren mit der Verlifestylung von selbstverletzendem Verhalten auf. Auf einmal wussten Schul- und Jugendpsychologen nicht mehr ob die Person, die da vor ihnen sitzt sich selbst verletzt, weil sie eine entsprechende psychische Störung hatten oder weil sie in ihrer sozialen Gruppe gut ankommen und Aufmerksamkeit haben wollten. Mit diesen Zweifeln, die da entstanden, haben heute noch psychisch kranke Menschen zu knabbern.

    Diese Art von Opferstilisierung führt übrigens dazu, dass unsere Welt immer kälter wird. Und das ist ja genau das, was diese Menschen angeblich bekämpfen wollen.

    Zur Hausaufgabe: für mich ist Feminismus als Wort verbrannt. Es ist uneindeutig und hat schon sehr lange einen negativen Beigeschmack. Emanzipation finde ich gut, weil es eigentlich ein breiterer Begriff ist. Das weiß aber die Mehrheit der Leute nicht, die denken: Feministin. Ich denke sowas wie „menschliche Emanzipation“ ist gut. Oder, du stellst dich einfach hin und gibst dir kein Label sondern sagst, dass du schlicht möchtest, dass sich Menschen darüber Gedanken machen, wie wir Ungleichheiten beseitigen.

  11. Herzlichen Dank für den Lila-Podcast, der das Thema Feminismus für mich (Mann) in ein ganz anderes Licht gerückt und direkt relevant gemacht hat. Diese Ausgabe zum Thema Opfer halte ich für eine sehr Wichtige, da sie den Blickwinkel des Feminismus gesamtgesellschaftlich weitet (habt ihr auch au schon in Sendungen gemacht).
    Gerade hab ich ein Interview mit Esther Vilar auf DRadio Kultur gehört. Sie stritt sich in den 70ern heftig mit Alice Schwarzer: Wer ist das Opfer der (damaligen) Gesellschaftsverhältnisse? Die Frauen oder die Männer? Was für eine ziellose Diskussion. Beide wollten doch, dass sich an den Verhältnissen etwas ändert. Hätten sie sich lieber über ihre Visionen dafür unterhalten.
    Wie in Euren Podcast finde ich es gut, wenn man Problemfelder in Geschlechterthemen entdeckt, zu schauen ob diese auch auf anderen Gebieten relevant sind. Und ob diese sich dann als „Paket“ denken und vielleicht lösen lassen. Beim Gedanken „das Opfer als Held“ ist mit die „Christenverfolgung“ in den Sinn gekommen. Eine Strömung, die selektiv christliche Gewaltopfer heraus stellen (nicht die Ursachen hinterfragen, schauen ob auch andere Gruppen betroffen sind) und sich damit selbst in eine kollektive Opferrolle stellen (obwohl sie niemand bedroht).

    Bzgl. Blickwinkel weiten: Pinkstinks ist aus meiner Sicht z. B. eine Gruppe, die große Themen eingeengt betrachtet (nur das weibliche „Opfer“ sieht). Wenn Werbung so manipulativ ist, dann nicht nur sexistische Werbung anprangern sondern Werbung allgemein hinterfragen. Nicht nur das gegenderte Spielzeug sehen, sondern das System betrachten, das dies hervor bringt. Pinkstinks macht doch eigentlich eine Kapitalismuskritik, aber benennt diese nicht als solche.

    Ein Gedanke, der mir bei Euren Gesprächen aufgefallen ist (wo ich aber selbst nicht weiß was die richtige Einstellung dazu ist): „Dummheit“ Ich glaube in dieser Ausgabe gab´s da auch was (Stelle aber nicht mehr gefunden). Oder in einer anderen Sendung sowas wie: „bei Youtube sollte es doch darum gehen was jemand (inhaltlich) sagt und nicht wie er aussieht“
    Aber: gibt es vielleicht auch ein Recht auf Dummheit und Desinteresse? Gibt es ein Recht, diesen Beauty-Kram als Lebensinhalt zu sehen und nicht hinterfragen zu wollen? Es gibt Menschen die von intellektuellen Diskussionen überfordert sind und keinen Spaß daran haben (so wie Ihr). Ich finde es problematisch von einem hohen Ross auf solche Menschen und deren Schmink-Tutorials herab zu schauen. Irgenwie sieht man sie als Opfer (z.B. der Werbung), möchte, dass sie ihr Verhalten und Denken ändern (ihre Kinder nicht komplett in Pink stecken und wie eine lebende Barbie behandeln). Was legitimiert uns dazu diese Menschen ändern zu wollen (ohne zu wissen, ob sie damit glücklicher wären)?

    Bzgl. der Hausaufgabe: Emanzipation finde ich viel besser als Feminismus, weil weiter und offener. Als Mann muss man schon eine gewisse gedankliche Hürde überspringen und sich als Feminist zu sehen.

    Viele Grüße und nochmal vielen Dank für Euer Unermüdlich-Sein.

  12. Menschen identifizieren sich mit Symbolen, Feminismus ist ein solches und das noch dazu immer diffuser wird.

    Wer beschreibt sich selbst als Feminist(in) und warum?

    Was genau versteht er (Bezug von ‚er‘ ist sprachlich der Mensch) darunter?

    Da ist nichts greifbares, ein Zweck, ein Ziel?

    Emanzipation? Von welchem väterlichen?
    Was ist ein Patriarchat, wie ensteht dieses?
    Wer oder was ist überhaupt ein Opfer in diesem Zusammenhang?

    Gender wird noch eine Stufe wirrer, hier geht es plötzlich auch um Hautfarben und Menschen, die definieren wollen, wer wann Opfer von wem ist, aufgrund dieser Merkmale. Das ist blanker Rassismus und Sexismus in Reinkultur. Die gleiche Forderung, die auch der Kreationismus vorträgt.

    Ich sehe nur unbestimmte leere Worthülsen, wohlgemerkt nicht nur bei diesem Thema (kein Vorwurf an irgendwen). Alles ist und bleibt oberflächlich.

    Ich würde wirklich gerne verstehen, aber alles bleibt unklar und nichts wird geklärt.

    Wenn ihr diese Thematik angeht, höre ich gerne rein.

    Gruß

  13. Danke für euren Beitrag! Was für mich noch offen bleibt, ist, wie wir mit dieser Frage bei Themen jenseits der innerdeutschen Auseinandersetzung um Feminismus umgehen. Ich habe mich z.B. wissenschaftlich mit der Situation von Frauen in Kriegsgebieten beschäftigt und dabei schwerpunktmäßig mit Kriegsvergewaltigungen. Einerseits ist da die Täter-Opfer-Dichotomie rechtlich (für die Verantwortung und Bestrafung der Täter) total wichtig, anderseits führt sie oft auch dazu, dass die betroffenen Frauen durch die Bezeichnung „Opfer“ ein weiteres Mal handlungsunfähig gemacht werden. Die ganze Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats (http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N00/720/18/PDF/N0072018.pdf?OpenElement) spricht im Wesentlichen davon, dass Frauen bedroht sind und beschützt werden müssen. Dass sie selbst handlungsfähig und sein könnten und ihr Leben als Überlebende selbst gestalten wollen könnten, kommt in diesem Diskurs kaum vor. Die gleiche Frage stellt sich wahrscheinlich auch generell für Betroffene von sexualisierter Gewalt. Ich versuche immer, statt der Opferbezeichnung die Worte „Betroffene“ oder „Überlebende“ zu verwenden, aber nur durch andere Bezeichnungen verändert sich die Vorstellung von hilflosen handlungsunfähigen Frauen, die von Männern beschützt werden müssen, eben auch nicht.

    1. schwierige Frage. die Dichotomie zu durchbrechen ist einfach so wichtig. manchmal statt „Opfer“, „Betroffene“ oder „Überlebende“ vielleicht eher sagen: das XY und sie wurde vergewaltigt. Oder: Das ist XY und das ist ihre Geschichte: … weil es damit viel fokussierter und gleichzeitig differenzierter ist und auch offenlässt, wie XY ihre Rolle und ihre Zukunft sieht und gestaltet, gleichzeitig verhindert man das Schweigen.

      es gibt diesen Spruch: „Sage mir nicht, woher du kommst, sondern erzähle mir deine Geschichte“, den mag ich sehr, weil er weniger in Schubladen läuft, gleichzeitig aber die Macht des Narrativen hervorhebt. Und wenn Geschichten einmal in der Welt sind, entfalten sie oft eine ungeheure Normative Kraft (das ist glaube ich von Hannah Arendt).

      ist das jetzt zu schwammig gewesen?

      1. Ne, überhaupt nicht schwammig. Finde ich auch – das Erzählen der eigenen Geschichte kann auf jeden Fall Ausgangspunkt für Empowerment sein. Bei aller Wirkmacht von persönlichen Geschichten muss man aber glaube ich aufpassen, dass feministische Politik sich nicht darauf reduziert, Räume zu schaffen, in denen Frauen ihre Geschichten erzählen können. Ich finde z.B. eine internationale Strategie gegen sexualisierte Kriegsgewalt und die rechtliche und materielle Unterstützung von Frauen, die Vergewaltigungen überlebt haben, total wichtig. Die Frage ist halt, wie sowas auf eine emanzipatorische Art und Weise geht, die Frauen nicht als handlungsunfähig festschreibt.

  14. Das Schubladendenken und Stigmatisieren von Leuten, die schon mal zusammen mit anderen Leuten, die stigmatisiert sind, gesehen wurden oder etwas 2003 etwas falsches gesagt haben macht mir auch Sorgen, bzw. die Personalisierung von Debatten und ad-hominem-Argumentationen.

    Auf der anderen Seite gehört dazu vielleicht auch das Phänomen, dass Leute nicht nur andere in eine Schublade stecken wollen, so dass sie alle deren Äußerungen als ja aus dieser Schublade kommend einsortieren und ablehnen können, sondern auch die große Lust sich selbst in eine klar identifizierbare Schublade zu begeben, und bloß nicht falsch wahr genommen zu werden.

    Dass führt dann zu einem stromlinienförmigen Erscheinungsbild, zu einer exkludierenden Insidersprache und hängt wohl mit dem starken Bedürfnis zusammen sich mit etwas stark zu identifizieren und seinen Selbstwert aus dieser Gruppenzugehörigkeit zu beziehen. Leider bin ich auch nicht ganz frei davon. 🙂

    Schön zu hören, dass Ihr weiterhin undogmatisch seid ohne den Konflikten dafür ganz aus dem Weg zu gehen, was ja auch kein Fortschritt ist.

    Bei Maskulisten (gräßliches Wort) sehe ich das auch mit Bedauern, wie von einer berechtigten Kritik schnell zum uniformierten Grabenkrieg übergegangen wird. „Die Reihen fest geschlossen!“

  15. Warum ich finde das Feminismus kein guter Begriff mehr ist:
    https://gerhardks.wordpress.com/2015/10/03/zeit-vom-toten-pferd-zu-steigen-equalismus-statt-feminismus/
    Wobei ich die Wiederbelebung des Begriffes Emanzipation (im Sinne der Rückkehr zur Gleichberechtigung und -gleichverpflichtung für alle) als sehr sinnvoll ansehe.
    So gesehen bin ich nicht nur Equalist, sondern auch Emanzipist 😉

    Ich bin übrigens ein neugewonnener Hörender eurer Sendung, die ich für einen fairen Dialog zum Thema Geschlechterfragen als extrem hilfreich empfinde.

  16. Zuerst, ich liebe euren Podcast 🙂

    Die Notwendigkeit einer Diskussion um Worte wie Opfer finde ich erschreckend, ehrlich gesagt. (genau wie Gutmensch oder Aktivist für soziale Gerechtigkeit-wtf went wrong here?)
    Jeder, der 2 Sekunden nachdenkt,kann wohl zustimmen das wir alle,egal ob Männlein oder Weiblein oder alles dazwischen, unter den gegebenen Umständen leiden.Ist das unterkomplex?Dieses Leiden mag sehr unterschiedlich sein aber ist höchst subjektiv,weswegen ich Hierarchien der Anerkennung von Leid (PTBS nur für Menschen mit Kriegserfahrung) nicht sooo toll finde. Du kannst auch wegen Cybermobbing lebenslang Probleme haben. Rührt das etwa noch von der Sicht eines getrennten off/online-Lebens her, diese Hierarchisierung? Der moderne Feminismus möchte das Gesamtbild sehen,so wie ich ihn verstehe. Also,können wir vielleicht, anstatt jemanden als Opfer zu bezeichnen ihm nicht einfach vermitteln das sein Leid anerkannt wird?
    Ich denke eben, Menschen, die sich selbst in einer sogenannten Opferrolle verlieren,tun dies weil sie ihren Schmerz halt nicht als ausreichend anerkannt wahrnehmen.Und wenn wir schauen wie viel Fokus (außerhalb mancher Filterblase) immer noch (gar fasziniert!) auf Täterrollen gerichtet wird,ist es verwunderlich?Ich hoffe diese Faszination ist nur eine für das Befremdlichere,denn der hilflose ‚Opferschmerz‘ ist uns von Anfang an der Bekanntere,oder?
    Und ich hoffe, Frau Schwarzer wollte damit auch nur ihre Anerkennung für das Leid der Flüchtlinge ausdrücken.Das manche das Gefühl für Form,Art und Weise vermissen lassen,muss nicht zwangsweise auf niedere Absichten hindeuten.Kritisieren-ok.Aber bitte nicht noch mehr untereinander zerfleischen.
    Leid ist schon inflationär.Und genau deshalb gar nichts besonderes.Irgendwie wird trotzdem ungern darüber geredet.

    Eure Schlussfrage finde ich spannend.Als ein Freund mich fragte wieso Feminismus so hieße und z.B. nicht einfach unter Humanismus fällt fiel mir nur ein außer das es eben den Fokus speziell auf patriarchale Strukturen bzw mangelnde Gleichberechtigung hinweißen will.In dem Sinne ist er vielleicht etwas missverständlich, wobei das Wort Patriarchat auch viele schon als Angriff auf sie persönlich wahrnehmen. Schwierig. Emanzipation ist im Grunde ein sehr schöner Gedanke,das Wort hat aber auch schon sehr gelitten…ich glaube ich wäre schon für etwas das speziell auf unser aller Leiden unter dem Patriarchat in Namen trägt oder sich eben gar mit einem Humanismus auf Augenhöhe begibt, vom Begriff her. Wenn schon nicht mit ihm verschmelzen um nicht zu sagen,sich ihm unterordnen…

    Viele Grüße

    1. Ich finde den Begriff Patriarchat, Väterherrschaft bereits seltsam, denn ein Vater, der seine Kinder, seine Familie liebt, herrscht nicht…warum auch?
      Außerdem sind es durchaus dominante ‚Patriarchinnen‘, wie Springer, Mohn, Quandt, Schaeffler.

      All die ganzen Vorgehensweisen erinnern viel mehr an Propaganda des Edward Bernays, der die ‚Frau mit der Zigarette‘ zur Freiheit erklärte. Da sind einfach viel zu viele (Selbst)Widersprüche. All die übernommen Begriffe aus den Staaten, das mehr an Geschwafel erinnert, von Leuten, die nicht wissen, über was sie genau reden und daher auch nichts zu sagen haben.

      Sprache ohne Logik ist sinnlos.

      Daher die Frage: Emanzipation von was?

      1. Ja das ist schwierig. Ich verstehe die Kritik am Patriarchat als eine Kritik an historisch und religiös gewachsenen Gesellschaftsstrukturen, ohne einzelne Individuen zu beschuldigen. Aber schon auch Strukturen die wir alle verinnerlicht haben , ohne die wir vielleicht ‚Liebe‘, ganz anders verstehen könnten? Eben sich von diesen Strukturen erst innerlich zu emanzipieren und dann, wo nötig,auch im Außen Umstände anzustoßen.
        Deswegen fand ich das Watzlawick-Zitat über Kommunikation sehr schön (danke Kadda).

        1. Ja, nur sind/waren dies auch in diesen Strukturen keine schwachen Frauen. Die Frage, nach der Quelle ist immer noch offen, denn ich halte diese patriarchale Sicht für verkürzt.

          Eine ähnliche Diskussion hatte ich schon häufig
          http://etosha.weblog.co.at/?p=5716

          Daher halte ich die gewachsenen Strukturen auch für eine Konsequenz des Konkurrenzdenkens und verweise zusätzlich auf Erich Fromm und vor allem auf Arno Gruen.

          Der Feminismus und vor allem Gender arbeitet sich eben nur am Symptom ab. Die Gräben werden nicht aufgelöst, sie werden vertieft.
          Krass ausgedrückt:
          Mütter und Väter können in einer Wettbewerbsgesellschaft keine Verlierer erziehen, sie ‚dürfen‘ ihre Kinder nicht lieben. Verlierer werden zu Versagern und diese werden systemisch bedingt ausgegrenzt.

        2. Sprachspiele

          Nach meiner bescheidenen Sicht, wird das heutige Begehren/Begierde mit Liebe verwechselt, sprich Liebe als einen mechanischen Vorgang.
          Ich finde Etoshas Text sehr schön, zeigt er doch gerade die Problematik auf. Vor allem fand ich viele Kommentare verstörend, denn diese haben mit meinem Empfinden eher wenig zu tun.

          Glaube und Vertrauen sind für mich gerade keine synonymen Begriffe.
          Ist ein Besitzanspruch Liebe?
          Bedarf Liebe Vertrauen oder Glaube?
          Ist Mangel ein Ausdruck des Vertrauens oder des Glaubens?
          Wer sucht nach Identität, der mit oder ohne Mangel?
          Würdet Du/ihr Vertrauen oder Glaube mit Angst verbinden?

          Was ist Liebe?

          1. Ein Vorschlag: Hier an dieser Stelle reden wir weiter über die Themen des aktuellen Podcasts und auf Etoshas Seite über Liebe / Begehren etc.

            Fände ich gut, damit das hier nicht zerfranst.
            Viele Grüße, Susanne

          2. Liebe Susanne,

            das IST das Thema, denn auch sie stilisiert sich zum Opfer des Patriarchats.

            Siehts Du dies anderst?

      2. Emanzipation ist ein Akt der Befreiung, das sagt ja der Name. Wovon man sich befreit? Von Rollenzwängen. Nicht von „sozialem Geschlecht“ wie es leider vollkommen irrig propagiert wird. Unser Verhalten aufgrund unseres Geschlechts, ist eine Rolle wie hunderte andere, die wir einnehmen. Soziologie erforscht dies sehr gut. „Gender“ aber gibt es nicht, da dieses Konstrukt keine Wirklichkeit hat. Es gibt kein „soziales Geschlecht“ dass für sich stünde und dekonstruierbar wäre, genauso wenig wie eine „soziale Hautfarbe“. Dies ist jeweils nur eine Rolle.
        Das Menschsein dreht sich nicht ums Geschlecht.. Das Geschlecht ist einer der sozialen Faktoren der sich um das Menschsein dreht. Das wird gern und viel zu oft (bewußt?) verkehrt dargestellt. Und daraus entstehen dann die weiteren Konstruktionen wie „Patriarchat“ dass es in dieser Form ebenfalls nicht gibt und nie gegeben hat. Denn die vertikale Benachteiligung (Herschender war gottähnlich, dann eine Kaste nach der anderen immer wenige mächtig) des tatsächlich tausende Jahre existierenden Feudalismus war immer viel größer als die horizontale Unterordnung zwischen den Geschlechtern.
        Eine Edelfrau die ihre männlichen und weiblichen Sklave beliebtig quälen und umbringen ließ war weit priviligierter als jeder einfache Landmann, sogar als n normale männliche Bürger.
        In Indien ist es teilweise heute noch so.

        1. Ich würde das Mutter bzw. auch Vater sein, gerade nicht als Rolle betrachten.
          Eine Mutter ist beim Menschen biologisch bedingt, der Stand der Erkenntnis der Evolution.
          Kinder proben dies als Rollen, unabhängig vom Geschlecht. Ein Mensch mit weiblichen Geschlechtsorganen ist deshalb noch keine Mutter. Aber alle Kinder hatten Mütter und Väter. Das sagt aber nichts über die Fähigkeiten des Individuums aus, dieses Elternsein auch zu sein.

          Ansonsten Zustimmung.

          Und als Anmerkung, ohne dies zu vertiefen. Paul Watzlawick und der Konstruktivismus sind gescheitert. Humberto Maturana (und ich meine auch Francisco Varela) hat immer betont, daß er kein Anhänger des Konstruktivismus sei.
          Der (radikale) Konstruktivismus, auf den auch Gender aufbaut, ist ein Selbstwiderspruch. Soziale Konstrukte, ergo geschaffene Realitäten durch Regelwerke, scheitern immer an der Wirklichkeit.
          Menschen können nur so tun, als ob es diese gäbe. Das Leben wird immer mehr zur reinen Inszenierung. Der Irrsinn bahnt sich seinen Weg.

  17. Die erste Folge, die ich von euch gehört hab. Normalerweise meide ich Podcastepisoden über 60 Minuten, aber diese Episode habe ich mit Interesse zu Ende gehört. Wirklich gut, vielen Dank.

    Abschließend „muss“ ich natürlich halb im ernst dafür werben, sich einfach Anarchistin zu nennen. Da gibts auch die Strömung des wunderbaren Anarchafeminismus.

  18. Eine tolle Folge: Viel zum Nachdenken und reflektieren. Vor allem fand ich gut, dass ihr sehr sachlich geblieben seid.

    Zum “Opfer” als Begriff in gesellschaftlichen Debatten:

    Ich bin mit dem Begriff „Opfer“ in vielen Debatten eher unglücklich. Ein Opfer braucht immer einen Täter – dies wird nicht immer explizit ausgesprochen, aber zumindest impliziert. Damit beginnt dann jede Debatte gleich mit einer Anklage, die dann zu reflexartigen Abwehrreaktionen führt. Insbesondere finde ich das schwierig, wenn es ganze Gruppen geht. Und gerne werden dann auch jene, die sich nicht in Opfer-Kategorie eingliedern wollen auf die Täterseite geschoben (jüngste Twitter-Ereignisse lassen grüssen). Das kommt in diesem Spruch „Check mal deine Privilegien“ so gut zum Ausdruck: Wer nicht unter den echten oder gefühlten Opfern ist, dem werden in den Debatten sofort sämtliche Rechte abgesprochen. „Opfer“ als Begriff macht aber eben immer gleich eine binäre Täter/Opfer- oder Gut/Böse-Welt auf, die kaum mehr Raum für Differenzierungen lässt. Dies ist zum Teil sicherlich auch gewollt – z.B. bei Alice Schwarzer kann ich mir das oft vorstellen.

    Generell glaube ich, dass es wie von euch angedeutet einen zunehmenden Trend zur Fremdattribution gibt: Andere sind Schuld an meinem Schicksal. Nicht ich habe etwas verbockt, ich bin “Opfer” anderer Personen, Gruppen oder einfach nur der Umstände (ich denke Pegida basiert genau darauf). Das ist bequem. Gleichzeitig entwertet das den Begriff für alle diejenigen, die wirkliche Opfer von Krankheiten, Misshandlung oder Gewalt sind. Plötzlich sind alle irgendwie Opfer. Dazu setzt noch so ein absurder Abwärts-Wettbwerb ein, der an eine Diskussion von zwei 80-jährigen im Streit darum, wer nun die schlimmeren gesundheitlichen Leiden hat.

    Zum “Feminismus” als Begriff:

    Ich bin Softwareentwickler in den USA und ab und zu in Deutschland. Gerade in der IT gibt es mit Railsgirls (führt Frauen möglichst ohne Technikangst an die Web-Entwicklung mit Ruby on Rails heran) eine grossartige Initiative. Toll finde ich die Initiative vor allem deshalb, weil sie positiv und konstruktiv ist. Denn dem Problem kommt man nicht mit Quoten bei: Ich hatte ab 1996 in Aachen Informatik studiert. Der Frauenanteil im Studium lag bei ich glaube 13% (im Maschinenbau sogar unter 10%): Dieser geringe Frauenanteil manifestiert sich natürlich über die nächsten 4 Jahrzehnte am Arbeitsmarkt. Von daher finde ich setzen die Railsgirls am richtigen Punkt an: Eben der Inklusion/Emanzipation durch Vermittlung der notwendig Fähigkeiten.

    Gleichzeitig kritisiere ich die RailsGIRLS genau dafür, dass sie sich nur für ihre eigene Gruppe einsetzen, nicht für mehr Vielfalt und Inklusion an sich. Nachdem sich die Situation von Frauen in der IT langsam zu bessern scheint (Anzahl, Gehalt, aber ich nehme auch an die Alltagsdiskriminierung wird weniger), rücken so langsam die Afroamerikaner ins Blickfeld: Da ist der Pay-Gap noch viel grösser und die Alltagsdiskriminierung – auch wenn man gerade nicht erschossen wird – ohnehin. Aber nur wenige Initiativen öffnen sich wirklich für Diversity allgemein – viele kämpfen nur für die eigene Gruppe. Ich war mal bei einem Vortrag von einer der wenigen bekannteren schwarzen Softwareentwickler (nicht schlagen, er sagt selbst, er ist „Black“). Nach dem Vortrag wurde er von einer bekannteren Feministin gefragt, was sein Unternehmen denn für Diversity tue, kam er natürlich erst einmal auch auf sich zu sprechen. Das wurde brüsk abgebügelt: Das war offenbar die falsche Art von Diversity.

    Möglicherweise ist diese Ab- und Ausgrenzung nach Geschlecht der Railsgirls notwendig, um die initialen Hemmungen und Unsicherheiten zu nehmen, um die initiale Schwelle zu überwinden. Ich finde es nur schade, dass es diese Ausgrenzungen gibt und man meint, dass diese notwendig sind. Man scheint mir da oft neue Mauern aufzubauen statt sie einzureissen.

    Genau diese Problem habe ich auch Feminismus als Begriff. Das Wort sortiert auch in Schubladen und grenzt aus oder ab. Kathrins Begriff der Emanzipation oder Inklusionismus finde ich viel besser. Positive Begriffe, die ein Ziel beschreiben, die nicht ausgrenzen. Da fand ich die Susanne’s Geschichte über ihrem Sohn, der gerne Röcke trägt wunderbar: Eben auch Männer müssen sich von den traditionellen Rollenbildern emanzipieren, dies ist kein geschlechtsspezifisches Problem. Dies sollte ein gemeinsames Ziel sein. Sicherlich wollen das weniger Männer als Frauen, weil das traditionelle Rollenbild eben ein Patriarchalisches ist. Aber diese Ziel beschreibt Feminismus als Begriff nicht. Die begriffliche Untauglichkeit zeigt sich auch darin, dass man den Begriff Maskulinismus so negativ belegen konnte.

    Freue mich auch weitere Folgen des Podcasts!

  19. Ich bin seit 2009 bei Twitter, aber irgendwie scheine ich Zeit in der man sachlich mit Feministinnen diskutieren konnte, verpasst zu haben.

    Vielleicht ist auch dieser ‚totalitäre‘ Umgang auch kein Zufall, sondern läßt sich hervorragend durch feministische Theorie begründen bzw. ist das Ergebnis davon?
    Wenn z.B. sprachliche & schriftliche Äußerungen ganz sprachpragmatisch nur noch als Sprechakte, als Handlungen wahrgenommen werden, ist es doch logisch, das jedes böse Wort, jede Diskussion potentiell verletzend sind – und man sich zu schützen hat, indem man die Diskussion gleich ganz unterbindet.

    1. naja… nicht alle feministischen Theorien gehen so daran. das ist es ja gerade gewesen, was „Wir Alphamädchen“ geschafft hat: es breiter und einfacher anzugehen. dass es um die soziale, politische und Ökonomische „Equality“ geht …

        1. das ist mir zu pauschal und wenig konkret. ich finde es besser, Dinge konkret zu benennen, als pauschal „DEM“ Feminismus dies und das zu attestieren.
          mein Problem ist auch gar nicht der Feminismus. ich finde die Arbeit eines Großteils des Feministinnen weltweit wichtig und hinterfrage das nicht. mein Problem ist, dass ich IN DEUTSCHLAND momentan unter diesem Label agieren als hinderlich empfinde. wie ich es ja auch im Podcast sage. deine antworten sind für mein Problem nicht sonderlich hilfreich.

          1. Zu „DEN Feminismus gibt es nicht“ hab ich schon mal einen Text verfasst: https://gerhardks.wordpress.com/2015/08/17/der-feminismus-ist-dies-und-das-aber-den-feminismus-gibt-es-nicht/

            Das der Kampf für Menschenrechte enorm wichtig ist, bezweifelt glaube ich niemand. Aber es existieren keine exklusivenn Frauenrechte, (mit Ausnahme des Mütterschutzes während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt) Und daher auch keine Männerrechte, keine Homosexuellen- und keine Heterorechte, keine Rechte aufgrund von Hautfarbe oder Herkunft oder sonst irgendeinem angeborenen Merkmal.

            Menschenrechte nicht teilbar. Der Kampf für Frauenrechte ist daher dort wo es nicht gesetzlich eine Minderstellung von Frauen gibt, eine Widersprüchlichkeit. Weil dadurch eine Gruppe per Geburt in den Fokus gerückt wird. Von den Maßnahmen profitiert nicht nur die jeweils benachteiligte Person, es bevorteilt ein ganzes Geschlecht. Es setzt also nur die Form der Benachteiligung gegen ein anderes Geschlecht in der gleichen Weise fort, welche dieses zvor getroffen hat. Das in Deutschland nur Frauen zu Gleichstellungsbeauftragten(!) gewählt werden dürfen und dass dies nur Frauen dürfen (kein Männerwahlrecht bei Gleichstellung) ist ein deutliches Zeichen für diese Art revanchistischen „Feminismus“.

          2. hi ho,

            ich schalte mich hier mal ein, gilt aber eher als Meta-Antwort an so manchen Kommentar.

            ich finde und denke grundsätzlich nicht, dass die INHALTE des Feminismus falsch oder gar gelogen wären. Im Gegenteil. Und darüber möchte ich auch nicht mehr diskutieren. Susanne, Barbara und ich machen einen Podcast mit dem Namen „Feminismus auf’s Ohr“, weil wir eine feministische Grundhaltung haben. Jede Sendung beleuchtet die Gesellschaft und ihre Debatten mit einer feministischen Brille. Immer schon und das wird sich auch nicht ändern. Mit den beiden in der genannten Art zu arbeiten ist NULL mein Problem und ich möchte an dieser Stelle auch auf unsere Netiquette verweisen, in der wir schreiben:

            „Unser Podcast dreht sich um die Frage, wie wir einen modernen Feminismus gestalten wollen. Ist dein Kommentar lediglich ein „Feminismus ist scheiße (resp. Quatsch), den Frauen geht’s doch gut“ oder ähnlich gestrickt, dann wird er nicht freigeschaltet.“

            mein Problem ist also nicht, dass es den Feminismus gab und gibt, mein Problem sind Leute und Debatten, die im Namen des Feminismus auftreten und mit denen ich mich nicht gemein machen will. Das ist oft sehr schwierig und das ist eine Herausforderung für mich. Weswegen ich überlege, in Zukunft, wenn ich außerhalb dieses Raumes hier auftrete, nicht zu viel unter diesem Label zu agieren, sondern statt eines Labels diese Haltung zu haben und einfach die Dinge konkret zu benennen, die ich meine, die ich diskutieren will. Weil das nicht zum üblichen Beißreflex führt.

            das ist auch schon alles. die grundsätzlichen Annahmen und Ziele hinter Feminismus als Haltung, alles das, was in 39 weiteren Episoden hier besprochen wurde, stehen für mich überhaupt nicht infrage. Oder naja – nicht im Sinne von: „Der Feminismus ist zu weit gegangen“ oder ähnlichem. Dafür ist der Raum hier auch zu wertvoll. Klar kann und möchte ich im Detail an bestimmten Fragen weiterhin diskutieren, aber nicht – und das steht ja auch in der Netiquette – anhand von einer sehr konkreten Folge über das Thema „Opfer“ über die Frage, ob es ein Machtgefälle zwischen Männern und Frauen in dieser Gesellschaft gibt.

            Ich schreibe das, weil ich einerseits das Gefühl habe, das hier losgetreten zu haben und andererseits auf diese Debatte, wie sie tendentiell hier jetzt geführt wird, keine Lust habe. Die kann an diversen anderen Orten im Internet mit vielen Anhängern lebhaft geführt werden, aber hier ist nicht der Raum dafür, hier ist Feminismus immer noch default und wenn sich das irgendwie anders angehört haben sollte: Dann tut es mir leid, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe.

            Beste Grüße

  20. Zum Thema „Bezeichne ich mich als Feministin?“

    Ja, ich bezeichne mich schon länger als Feministin und das löst ja immer sehr kontroverse Reaktionen aus. Die beste Reaktion darauf war aber glaube ich folgende:
    Jemand wollte mit mir deshalb eine Diskussion anfangen und fragte: „Könnte man Feminismus nicht auch als Equalismus bezeichnen?“ Ich habe nur geantwortet: „Ja, könnte man. Finde ich gut.“ Und damit war unsere Diskussion beendet.
    Ich glaube, das beschreibt sehr gut, was das Wort Feminismus bei vielen Menschen auslöst. Es bestehen so viele Klischees und so viele Assoziationen (z.B. Feministin = die symphatisiert mit Alice Schwarzer), die für die meisten Feministinnen ja gar nicht wahr sind. Dieses Wort ist mit so vielen Interpretationen belastet, dass ich mich mittlerweile frage, ob es noch sinnvoll ist, es für die Einstellung, für die ich stehen möchte zu verwenden.
    Das Problem des Feminismus ist es ja eben auch, dass es so viele unterschiedliche und auch gegensätzliche Strömungen gibt, dass man das überhaupt nicht alles in einen Topf werfen kann.
    Mein Feminismus ist einer, den man auch als Equalismus bezeichnen könnte. Eben, dass eine Welt geschaffen wird, in der Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegnen können, in der sich niemand mehr von Rollenklischees unter Druck gestetzt fühlt und jeder Mensch unabhängig vom Geschlecht die unterschiedlichsten Entfaltungsmöglichkeiten hat.
    Von daher finde ich den Begriff Equalismus schon sehr passend. Irgendein Wort brauchen wir ja dafür.

    1. Ich finde ihn auch deswegen so passend, weil auch Martin L. King seinen Kampf nicht als „Blackismus“ sondern als „Bürgerrechtsbewegung“ bezeichnet hat.
      Und der Ausspruch : „Ich will nicht 50% der Sitze für die Schwarzen, sondern freie Platzwahl für alle“ sehe ich als meinen Leitspruch, wenn es um Rechte von Menschen geht. Es ist völlig egal weswegen jemand diskriminiert wird, es ist niemals eine Gruppe, sondern immer der einzelne Mensch, solange es kein gesetzlicher Ausschluss ist.
      Wer also 50% der Sitzplätze im Bus für Schwarze reservieren würde, würde automatisch die Menschen die deswegen stehen müsste, weil sie nicht schwarz sind und der Platz dann eben reserviert und leer bliebe, und diese Person sich nicht draufsetzen dürfte, diskriminiert.
      Die Hautfarbe würde hier ausreichen. Das kann nicht Sinn einer Emanzipation sein. Genausowenig wie Geschlecht ausreichen darf um eine Gruppe pauschal zu benachteiligen, weil das IMMER Diskrimineirung ist, wenn es gesetzlich verankert wird.

    2. Nun, ich denke Menschen sollten sich auf Augenhöhe begegnen.

      Begriffe wie Mensch, Menschsein, Menschlichkeit reichen, jedenfalls mir, völlig aus, ganz ohne dazu einen Menschen auf irgendwas zu reduzieren.

      Zuwas also irgendein -ismus?
      Der übrigens das Menschsein bereits wieder in Frage stellt.

  21. Ich verstehe übrigens den Unterschied zwischen Flirten und Sexismus auch nicht.

    Folgendes ist mir nicht klar: Wir leben also in einer patriarchalen Gesellschaft, in der die Männer die Macht haben – Logisch, denn Männer genießen ja männliche Privilegien und diese Privilegien lassen sich nur durch Macht erringen.

    Wenn nun Jauch Frau Wizorek fragt, ob er ihr ein Kompliment machen darf, sind beide Vorausetzungen für Sexismus erfüllt:

    Sexismus = Macht+Vorurteile.

    Jauchs Bemerkung über Wizoreks Kleid wäre in diesem Fall sexistisch, denn, es bezieht sich ja auf Äußerlichkeiten an denen Frauen immer wieder gemessen werden – und Jauch ist ebenfalls ein privilegierter Mann.

    Ergo, es ist ziemlich schwer bis unmöglich nicht sexistisch zu flirten.

    1. naja… das ist im Falle Jauch-Wizorek korrekt. aber Männer und Frauen begegnen sich meistens in einer anderen konstellation, oder. in meinem buch ist ein sehr ausführliches Kapitel dazu – es heißt „Flirten nach Aufschrei“. vielleicht ja mal in der Bücherei oder Bibliothek reinlesen, ist für hier zu ausführlich 🙂

      1. ‚Männer und Frauen begegnen sich meistens in einer anderen konstellation‘

        Ich glaube, hier ist die feministische Theorie doch sehr konkret, das es prinzipiell ein Machtgefälle zwischen Männern und Frauen gibt – und dieses spielt immer im Hintegrund eine Rolle, wenn sich M & F begnen.
        Macht definiert als Möglichkeit, auf das Verhalten eines anderen Menschen Einfluß zu nehmen.

        Ich habe Dein Buch nicht gelesen (wird wohl keine soziologische Abhandlung sein), und im Podcast wird auch nicht explizit darauf eingegangen, was an dieser Theorie nicht stimmt – außer der Hinweis, das die Realität eben komplex ist..

        1. Gesamtgesellschaftlich gesehen würde ich dir zustimmen, dass es ein Machtgefälle zwischen Frauen und Männern gibt – da gibt es auch nichts zu leugnen, schaut man sich alle möglichen Statistiken an.

          Nur ist die Statistik nicht alles und ein gesamtgesellschaftlicher Zustand heißt nicht, dass dieser Zustand auf alle Individuen zutrifft. Das hieße ja, es gäbe keinerlei Frau-Mann-Konstellation, bei der die Frau mächtiger ist als der Mann. Und das wird ja nun wiederum niemand behaupten wollen, du sicherlich auch nicht.

          Ja, es gibt Feministinnen, die aus der gesamtgesellschaftlichen Verteilung von Macht (zugunsten der Männer) ableiten, dass es keinen Sexismus gegen Männer geben kann. Aber genau das kritisieren wir ja in der Sendung recht deutlich. Weil es eben sehr wohl Beziehungen / Situationen gibt, in denen eine Frau ihre Macht gegenüber einem Mann auf sexistische Weise demonstriert.

          Deswegen gibt es nicht *die feministische Theorie* (TM), es sind dann doch eher verschiedene feministische Sichtweisen.

          Entsprechend gibt es genug Möglichkeiten, nicht-sexistisch zu flirten – zum Glück!

          Schöne Grüße, Susanne

          1. Ja, gesamtgesellschaftlich / statistisch: Männer haben mehr Machtpositionen inne, ihnen gehört ein größerer Teil der Vermögen – das meine ich damit, wenn ich schreibe, dass sie mehr Macht haben als Frauen.

            Und im konkreten Alltag ist das total unterschiedlich. Es wird mehr Situationen geben, in denen ein mächtiger Mann auf eine weniger mächtige Frau trifft und ihr deshalb auch sexistisch kommen kann. Aber es heißt nicht, dass es die umgekehrte Situation nicht geben kann.

          2. „Es wird mehr Situationen geben, in denen ein mächtiger Mann auf eine weniger mächtige Frau trifft“
            Ja, allerdings ändert sich das gerade rapide. Derzeit ist die Chance bereits im unteren und mittleren Management in verschiedenen Branchen deutlich höher, eine Frau als Vorgesetzen zu haben, als einen Mann. Nur in den Top-Etagen ist es noch deutlich anders.

            Und noch etwas ist zu bedenken bei: „ihnen gehört ein größerer Teil der Vermögen“
            http://www.forbes.com/sites/natalierobehmed/2015/03/02/the-worlds-youngest-billionaires-2015-46-under-40/

            Es gibt 46 Milliardäre unter 40
            9 davon sind Frauen
            27 davon sind Selfmade-Milliardäre (Also Leute die das Geld nicht geerbt oder erheiratet haben)
            1 von den Selfmade-Milliardären ist eine Frau.

            89% der Frauen haben ihr Vermögen geerbt. 30% der Männer.
            Und das Männer 60% des Einkommens erwirtschaften, 70% der Steuerleistung erbringen und diese Mehrarbeit auch damit zu tun hat, dass Männer >90% der Unterhaltsleistungen erbringen müssen, ist auch ein Fakt.
            Nicht umsonst sind ausgerechnet jene Länder in denen das Modell „Sorgemuter-Ernährervater“ ab stärksten veranktert ist ( in Österreich mit der Anspannung besonders stark) diejenigen in denen der GenderPayGap auch am Höchsten ist.

            Die Frage ist also auch, ob man nicht auch viel stärker bei der Sozialisierung auch der Frauen ansetzen sollte, wenn man eine Gleichverteilung möchte?

          3. Hallo Susanne,

            nach Deiner Argumentation ist also das Geschlecht des Herrschers das Problem und nicht die Herrschaft?
            Also sind nicht die Vermögen das Problem, sondern das Geschlecht des Vermögenden?
            Wenn diese Vermögen nun durch die gleiche Anzahl männlicher und weiblicher Menschen vertreten werden, ändert sich dann was genau?

          4. @gerks
            Ein Grund weshalb Statistik genau gar kein Argument ist:

            Mütter sind in diesen Pseudo-Leistungs-Statistiken gar nicht berücksichtigt und doch sind sie eine Voraussetzung, daß es diesen statistischen Schwachsinn überhaupt gibt…
            Männer tragen keinen Meter mehr zu irgendetwas bei als was auch immer.

          5. @ Idahoe

            Nein, ich behaupte an keiner Stelle, dass irgendetwas besser wäre, wären Frauen die Machthabenden und würden ihre Machtstellung ausnutzen. Das möchte ich mir bitte auch nicht in den Mund legen lassen. Danke.

            Es ging in meinem Kommentar schlicht um eine Beschreibung des Ist-Zustandes. Und es ging ursprünglich um die Frage, wie man nicht-sexistisch flirten kann. Wenn jemand seine Machtposition nicht ausnutzt, kann er oder sie ganz einwandfrei flirten, ohne dass sich die oder der andere sexistisch behandelt fühlt.

            Und klar können wir von einer herrschaftsfreien Gesellschaft träumen – da mach ich gerne mit – aber an dieser Stelle ging es nun erst einmal um die heutige Lage der Dinge.

            Viele Grüße, Susanne

          6. @Susanne
            Ein IST-Zustand ergibt die FRAGE nach dem Soll-Zustand, das ist keine Unterstellung.

            Der IST-Zustand ist, daß wenige Familien das Vermögen besitzen und nicht einzelne Männer.

            Eine herrschaftsfreie Gesellschaft muß keiner erträumen, da liegt doch der Denkfehler. Jedes Herrschaftssystem beruht auf Glauben. Das ist auch der Grund, weshalb die Manipulation auf einer sehr perfiden Ebene abläuft.
            Die Grundlage ist immer ein Glaubenssystem, inzwischen perfektioniert:
            Ihr fordert Gleichberechtigung und überseht hierbei, daß diese Rechte erst von Menschen gemacht werden, die Legislative, ein Wettbewerbssystem. Spätestens mit der Durchsetzung dieser Rechte (Judikative&Exekutive), ist die Gleichberechtigung nicht mehr gegeben.

            Das ist die Folge, ganz egal ob sie gefällt oder nicht:
            Bei Menschenrechten geht es gerade nicht um den Menschen, es geht um Rechte, die den Menschen betreffen. Menschenrechte versachlichen den Menschen, er wird entmenschlicht. Rechte sind nichts anderes als Regeln, die Anweisungen enthalten. Die Selbstbestimmung wird ihm abgesprochen, die Verhaltenssteuerung, die Dressur, kann beginnen. Der Mensch wird zum Untertan erzogen, ein Rechtssystem, das Überwesen, sagt ihm, was er tun und was er zu unterlassen hat. Er wird zum Diener eines Staates, Nation, Partei, Verein, Bank, Ökonomie, usw., er wird zum ohnmächtigen Sklaven degradiert.
            Geld ist, war und wird auch niemals ein Tauschmittel sein, das ist eine simple Lüge der Ökotheriker, Geld hat nur einen einzigen Zweck, Verhaltenssteuerung, die Dressur des Menschen. Seine Möglichkeiten werden fremdbestimmt.
            Solange Menschen an Rechte, an das übermenschliche Wesen, glauben ändert sich nichts.
            Wer Rechte fordert, fordert Glauben an diese. Institutionen wie der Staat sind nicht existent, steht sogar in der Wikipedia incl. Verhaltenssteuerung. Der Mensch kann nur so tun, als ob es Rechte gäbe. Ohne Glaube kann der Mensch schliesslich nicht leben (Ich weiß, wie kann der nur…)
            Für mich werden Frauen folglich instrumentalisiert, sonst würde teile und herrsche auch gar nicht funktionieren.

            Das ist der Stand der Dinge und ich bin hier sicher nicht der Träumer. 😉

          7. Na ja, das liegt wohl in der Natur der Sache. Politische Gruppen schreiben ja selten auf ihre Webseite, dass es noch andere Meinungen als die eigene gibt. So ist das da auch.

            Viele Grüße, Susanne

    1. In der Tat eine sehr bewegende Rede!
      Die Frau, die danach kam, empfand in in Hinblick darauf mehr als respektlos.
      Aber das kann sich ja jeder selbst anschauen.

    2. Interessanter Fakt am Rande:

      Diese Dame war Valentis stärkstes Argument dafür, dass eine Rape-Culture in den USA gibt. Nun… wie sich rausstellte: https://de.wikipedia.org/wiki/Mattress_Performance_%28Carry_That_Weight%29

      Ich habe davon zum ersten Mal erfahren.
      Das ist ein Schlag ins Gesicht für McElroy und ein weiterer Beweis, wie Feminismus in den USA einfach nur destruktiv wirkt.

      Das Ergebnis steht fest, wir müssen die Fakten nur solange verbiegen, bis sie passen. -.-

  22. Ich würde nicht sagen, dass Feminismus in den USA „einfach nur destruktiv wirkt“. So wie ich auch hoffe, dass die wenigsten zu dem Schluss kommen, Feminismus im deutschsprachigen Raum sei „einfach nur destruktiv“ Es gibt solche und solche Strömungen und jede und jeder wird auch mal die eine, mal die andere Strömung als destruktiv empfinden.

    Was aber sehr wohl stimmt, und darauf wies ja auch schon der Kommentator „Ein Mann“ weiter oben hin: dass falsche Vergewaltigungsvorwürfe immer einfach nur destruktiv sind und vor allem tatsächlichen Vergewaltigungsopfern schaden.

    Viele Grüße, Susanne

    1. Hallo Susanne,

      das sehe ich leider ganz anders.
      Ja, es gibt auch einen guten, ernstzunehmenden Feminismus, wie man an Lila040 sieht. Das habe ich ja auch weiter oben sehr gelobt.

      Der moderne Feminismus an sich, ist leider dennoch nicht so differenziert, wie es immer von „gemäßigten“ Feministen behauptet wird.
      Sehen wir uns die mal an, wo die ganzen radikalen Sektierer her kommen, dann sind das eben Studierende an amerikanischen Universitäten und deren Blogs.

      Wie von McElroy gezeigt, erstellen promovierte Soziologen Studien, die einfach von vorne bis hinten erfunden sind, nur um ein bestimmtes Bild aufrecht zu erhalten. McElroy brachte es mit der Aussage auf den Punkt, dass da schlichte politische Interessen dahinter stünden, da man eben Fördergelder abgreifen wolle und man deswegen Märchen erzählt, um nicht bedeutungslos zu werden.

      Diese erlogenen Studien werden aber weltweit genutzt. Das haben Studien so an sich, weil Forschung weltweit geteilt wird. (Was etwas Großartiges ist!)
      Diese Studien kommen also nach Deutschland und werden ungeprüft und unwidersprochen an Unis in sogenannten Gender-Seminaren verteilt und als alarmierend vorgestellt.

      Das gilt auch für gesellschaftstheoretische Ansätze. Der Intersektionalismus z.B. ist DER heiße Scheiß. Aber außerhalb der Gender-Forschung wird er aufgrund seiner bisher wertlosen Ergebnisse kaum ernstgenommen. (Vielleicht kommt da noch was.)

      Aber worum es vorallem geht, ist, dass der Feminismus in den USA an Universitäten und im Netz (gleiche Akteure, andere Plattformen) so radikalisiert ist, dass man an Universitäten SafeZones einrichtet, damit man sich nicht der Meinung anderer Menschen aussezten muss. Das wird damit begründet, dass man vielleicht getriggert wird, wenn man bestimmte Begriffe schlecht verkraftet etc. Was ist das für eine Kultur? Immer dann, wenn mir jemand widerspricht oder mein Weltbild infrage stellt, werde ich traurig und muss flüchten?
      Das spiegelt sich ja auch in sozialen Netzwerken wider, wo sich immer mehr Menschen eine Filterblase basteln. Wer etwas sagt, was ich irgendwie nicht in Ordnung finde, wird geblockt. Das wird ja unter Feministen in diversen Vlogs ausdrücklich empfohlen.

      Zudem hat man es in den USA geschafft, dass ein Mann, dem Vergewaltigung vorgeworfen wird, direkt verurteilt wird. Ohne gerechtes Verfahren, ohne irgendeine Möglichkeit sich zu wehren. Davon spricht McElroy sehr bestürzt.
      Das ist destruktiv. Feministen haben das aber durchgeboxt, weil man lieber 9 von 10 Unschuldige exmatrikulieren lässt, als nur einen einzigen ungeschoren davonkommen zu lassen.

      Das hat Wellen bis nach Deutschland geschlagen und wiegelte sich dann so hoch, dass man in Deutschland gesetze so verschärfen wollte, dass das praktisch auch hier kaum mehr möglich ist, sich von einem Vergewaltigungsvorwurf freisprechen zu lassen. Hier hat mal ein Richter dazu Stellung bezogen: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-02/sexuelle-gewalt-sexualstrafrecht-schutzluecke

      Und dann haben diese Statistik dazu: http://www.ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Rostock/Acht-von-zehn-Vergewaltigungen-sind-vorgetaeuscht

      Anderes Thema:

      Diese Menschen sind so stark für Toleranz, dass sie die Deutungshoheit über soziale Gerechtigkeit für sich beanspruchen. Dabei ist jeder, der nicht nach ihrem Weltbild lebt, des Lebens unwürdig. So eine junge Frau, die einfach nur Zeichnungen veröffentlicht hat, welche von Feministen als „problematisch“ angesehen wurden. Man hat sie solange gebeten, sich umzubringen, bis es fast soweit war: http://knowyourmeme.com/memes/events/zamii070-harassment-controversy

      Da radikal sexy ist, ist das momentan der Feminismus, der aktiv rekrutiert, an Universitäten das Zepter hält und sich verbreitet.
      Feministen (wie in Lila040 zu hören), die intelligent, ehrlich und selbstreflexiv sind, sucht man hingegen mit der Lupe. Schön, dass es sie gibt. Sie gehören auch an jeden Verhandlungstisch. Aber sie sind leider stark in der Minderheit.
      Ihr sagtet ja, wie schnell man exkommuniziert wird, wenn man nicht zu 100% auf Linie bleibt. Das ist nicht nur in den USA so.

      Symbolisch für diese Kultur stehen Leute wie Anita Sarkeesian. Diese Frau hat ganz bewusst und mit Vorsatz Lügen verbreitet und gehofft, dass es die wenigsten ihrer Zielgruppe merken. Der Backlash, den sie dann erdulden musste, war menschenunwürdig, keine Frage. Das Video, welches das auslöste war dennoch ein Symbol für die Verlogenheit.

      Feminismus ist heute keine Bewegung mehr, die versucht legitime Interessen durchzusetzen. Es ist eine radikale Sekte mit Gotteskriegern, die gleichsam selbstmitleidig wie faschistoid sind. Man muss nur mal auf Twitter, YouTube etc. die Augen offen halten. Und das Argument, dass das ja das Internet ist, zählt auch nicht. Denn diese Leute haben ein Offline-Leben und da sind sie dann an den Unis und betreiben „Forschung“.

      Wie weiter oben schon gesagt: Ich bin froh, dass es EUCH gibt. Ich bin froh, dass es Lila gibt. Hier kann ich nämlich völlig frei von Sektierertum und reaktionärem Hass eine andere Position ergründen und nach Gemeinsamkeiten suchen (die man durchaus zu Hauf nach einer Folge in der Hand hält). Aber ihr seid eine Nadel im Heuhaufen.

      1. Ui, das ist aber eine ziemlich pessimistische Sicht, oder? Ich bin da selbst optimistischer.

        Ich fürchte, wenn man sich sehr viel mit dem akademischen Feminismus beschäftigt und dann vielleicht auch noch online viel von den Grabenkämpfen mancher Feministinnen oder feministischer Strömungen untereinander mitbekommt, dann kann man schon mal zu dem Schluss kommen, alles sei verloren.

        Aber – wie weiter unten auch Helen schreibt – sieht es gleich ganz anders aus, wenn man sich vor allem die feministischen Fortschritte im Alltag anschaut oder die vielen kleinen feministischen Handlungen kluger Frauen und Männer. Dann bekommt man ein sehr differenziertes Bild, was Feminismus alles sein kann. Und findet den Begriff dann auch gleich nicht mehr so verbrannt.

        Ich habe vor anderthalb Jahren mal für mich selbst ausführlicher das Dilemma von Feminismus und *dem* Feminismus auseinanderklamüsert und darüber geschrieben:
        http://haltungstattposen.de/das-bisschen-glut/

        Vielleicht macht der Text dir noch mal verständlicher, warum ich weiter an dem Begriff festhalte und warum ich optimistisch bleibe. Und bei Bedarf, mach ich dir sehr gern eine Liste mit tollen Feministinnen, die allesamt kritisch, nachdenklich, und ja, vielleicht eher leise, aber deswegen nicht unwichtiger sind. (Das „Nadel im Heuhaufen“ weise ich übrigens ansatzweise empört zurück – bitte nichts klein machen, was nicht klein ist.)

        Viele Grüße, Susanne

        1. Hallo Susanne,

          erst einmal vielen Dank dafür, dass du dir die Mühe machst, auf viele Beiträge zumindest kurz einzugehen. Das ist nicht selbstverständlich und sollte mal erwähnt werden.

          Jetzt zu deinem Link und dem Inhalt:

          Mit der Rede von Frau Bücker kann ich kaum etwas anfangen.
          Sie trägt vordergründig eine selbstreflexive Haltung vor, tut aber genau das Gegenteil.

          So seien die Grabenkämpfe schlecht für die Überzeugungsarbeit.
          Damit hat sie recht. Allerdings muss man sich fragen, was sie da wirklich sagt. Sie kritisiert die Inhalte des Feminismus mit keinem Wort, obwohl das der größte Kritikpunkt an der Bewegung ist. Sie sagt Begriffe wie Rapeculture in einem selbstverständlichem Rahmen und in Bezug auf unsere Kultur. Sie preist den Intersektionalismus, obwohl dieser momentan noch absolut bedeutungslos ist, als habe er die Welt revolutioniert.

          Was sie in Wirklichkeit sagt, ist: Ihr habt mit allem recht, was ihr so auf Twitter schreibt. Habt aber bitte Nachsicht mit den anderen. Die sind nämlich alle ein bisschen doof und haben es noch nicht ganz verstanden. Also seid nett zu ihnen und bietet ihnen immer wieder eure Doktrin feil.

          Nee, da graust es mich. Das ist vermutlich auch der Grund, warum sie von Inklusion spricht. Mir, als Student der Sonderpädagogik, ist der Begriff sehr wohl bekannt und eine gewisse Konnotation lässt sich nicht vermeiden. Those who are not able will be able. Die Rhetorik ist überheblich. Die ganzen 30 Minuten lang.

          Zu deinem Text:

          Dein Text ist für die Punkte nicht kritisierbar, weil er sich naturgemäß in dem Rahmen aufhält, welchen der Talk vorgibt. Schlecht fand ich, dass du ihr in allem recht gibst. Okay. Das ist aber deine persönliche Ansicht.

          Gut finde ich den Abschnitt, dass man den Gegenstand von der Person trennen sollte. Von einem Wer zu einem Was ist durchaus kein blöder Gedanke und ich frage mich, seit wann wir eigentlich nach dem Wer fragen. Mir ist das bisher nur im Internet begegnet. Und das war in der Tat ernüchternd.

          Was mir aber wirklich missfällt ist die Verklärung des US-Feminismus. Der Feminismus in den USA ist stark selbstüberschätzend, aggressiv und verlogen. Wie gesagt: Es gibt einige berühmte Studien, die sich bei Prüfung spontan selbstentzünden und es bleibt nichts als Asche übrig. Das liegt halt eben an dem Förderprogramm und jeder hätte gerne etwas aus dem Topf. 😉
          Anita Sarkeesian ist einen anderen Weg gegangen. Sie hat Lügen erzählt und Dinge verfälscht dargestellt, in Verbindung mit einer Crowdfunding-Kampagne. Dadurch erwarb sie $160tsd und ist bis heute die Gegenleistung dafür schuldig geblieben. Tja… schlitzohrig.

          Besonders gut hingegen finde ich den Aspekt, dass Feminismus Privatsache ist. D.h.: Willst du nicht beim Mainstream mitmachen, dann mach nicht mit.

          Zu deinem Kommentar auf dieser Seite:

          Da bleibt nur noch deine Zurückweisung der Nadel – Heuhaufen-Sache.
          Nun, damit wirst du leben müssen, denn das ist meine Sicht der Dinge. :p

          Zum Schluss sei angemerkt, dass der Feminismus nicht nur sich selbst, sondern auch die eigene Haltung und vor allem die Studien und Theorien immer wieder ehrlich hinterfragen sollte. Das wird nicht getan, sondern nahezu religiös daran festgehalten.
          Klar, ich rede hier rein vom akademischen Feminismus, weil dieser noch am verlogensten ist. Eine feministische Frau, die ihren Job nachgeht, der irgendwelche Ideologiekriege egal sind und einfach nur ihre eigene Protestkultur entwickelt, ist von dieser Kritik vollkommen ausgeschlossen.

          1. Na, dann lass ich an dieser Stelle unsere unterschiedlichen Meinungen einfach mal nebeneinander stehen. Wir müssen uns ja nicht einig werden.

            Inhaltlich stehe ich tatsächlich an einer anderen Stelle als du – ich sehe den akademischen Feminismus nicht als „den vorherrschenden“ und ich sehe Anita Sarkeesian nicht als Betrügerin, ich sehe Teresas Vortrag auch nicht als Verteidigung bestimmter Haltungen, sondern als Aufruf, mit unterschiedlichen Haltungen anders umzugehen.

            Darum geht es mir auch in meinem Text, denn ich glaube nur bedingt daran, jemanden von meiner Haltung komplett überzeugen zu können. Ich glaube aber daran, dass man trotz unterschiedlicher Meinung vernünftig miteinander diskutieren kann.

            Bis hierher erst mal,
            viele Grüße, Susanne

  23. Hier meine Gedanken zur Hausaufgabe:
    Ich denke, dass es sehr stark auf den Blickwinkel ankommt, ob ich mich als Feministin bezeichnen kann/will oder nicht. Die (deutsche) Netzfeminismus-Filterbubble finde ich teilweise echt schräg und ich möchte nicht dazugehören. In meinem Umfeld spielt die aber keine große Rolle und die meisten meiner Freund/innen verorten sich irgendwo auf einem feministischen Spektrum, ohne das großartig zu thematisieren. Mit denen diskutiere ich eher über konkrete Probleme (gibt ja noch genug) als den Begriff an sich. Daher: ich möchte auch nicht mit der online-„Krawalleria“ (super Begriff) in einen Topf geworfen werden, also bin ich da vorsichtig. Dann möchte ich aber noch weniger, dass der Begriff „Feminismus“ noch weiter von denen vereinnahmt wird, weil ich die Debatte viel zu wichtig finde, als dass ich sie in diesem unerträglichen Gezänk untergehen lassen will. Ich würde es also stark befürworten, wenn sich so besonnene Personen wie Katrin (und ich wünsche mir, sie wären noch sichtbarer und lauter, weil ich vermute, dass da draußen eine ganze Menge davon herumlaufen) öffentlich als Feministin bezeichnen, um den Begriff für sich zu beanspruchen. (Reclaim feminism?) Ich will einfach nicht, dass der Begriff und ein großer Teil des schon Erreichten systematisch kaputtgemacht werden. Und deswegen will ich eine Feministin sein.

  24. Geht es (auch hier) um Macht oder um Herrschaft? Kein Unterschied?

    Alles ist Sprache?

    Bilder sind nicht die allgemeinste Ausdrucksmöglichkeit, nur die am besten bzw. einfachsten übermittelbare, denn was der Mensch sieht, hält er für die einzig wahrste Wahrheit, so wurde es ihm beigebracht.

    Herrschaft entsteht alleine durch Ohnmacht, durch Apathie, eine Folge der Abwertung des Menschen. Mit Macht hat all das nichts zu tun, denn jeder Mensch hat Macht. Leicht zu erkennen, indem die Gewinner die Gesetze machen, aus denen sich die Pflichten der Verlierer ergeben.

    Dazu müssen alle an den heiligen Konkurrenzkampf glauben, der die Sieger ermittelt, in Wettbewerben mit scheinbar völlig willkürlichen Gewinner-Regeln.

    Die jeweiligen vermeintlichen Verlierer schliessen sich zu Gruppen zusammen, um diese für sie Ungerechtigkeiten dann zu korrigieren.

    Der ewige Kampf zwischen Gut/Gewinner und Böse/Verlierer.

    Nein, alles ist fühlen. Fühlen und Gefühle können nur umschrieben werden. In der formalen sprachlichen Festlegung der Bedeutung liegt der Betrug und verhindert so das Hinterfragen.

    Ist bereits jemandem in den Sinn gekommen, daß Menschen nur so tun können, als ob sie Gegner/Feinde wären?
    Die Voraussetzung ist tatsächlich das Miteinander, selbst um scheinbar konkurrieren zu können. Wettbewerb ist eine Illusion, an die der Mensch erst glauben muß.
    Vermutlich zu abstrakt?
    Aber:
    Sind Gefühle konkret? Ist fühlen konkret? Ist Sprache konkret?
    Aber Feindbilder wie das Patriarchat sind konkret?

    Wenn auch keiner sagen kann, wozu das alles gut sein soll…

  25. nochmal an alle:
    ich finde und denke grundsätzlich nicht, dass die INHALTE des Feminismus falsch oder gar gelogen wären. Im Gegenteil. Und darüber möchte ich auch nicht mehr diskutieren. Susanne, Barbara und ich machen einen Podcast mit dem Namen „Feminismus auf’s Ohr“, weil wir eine feministische Grundhaltung haben. Jede Sendung beleuchtet die Gesellschaft und ihre Debatten mit einer feministischen Brille. Immer schon und das wird sich auch nicht ändern. Mit den beiden in der genannten Art zu arbeiten ist NULL mein Problem und ich möchte an dieser Stelle auch auf unsere Netiquette verweisen, in der wir schreiben:

    „Unser Podcast dreht sich um die Frage, wie wir einen modernen Feminismus gestalten wollen. Ist dein Kommentar lediglich ein „Feminismus ist scheiße (resp. Quatsch), den Frauen geht’s doch gut“ oder ähnlich gestrickt, dann wird er nicht freigeschaltet.“

    mein Problem ist also nicht, dass es den Feminismus gab und gibt, mein Problem sind Leute und Debatten, die im Namen des Feminismus auftreten und mit denen ich mich nicht gemein machen will. Das ist oft sehr schwierig und das ist eine Herausforderung für mich. Weswegen ich überlege, in Zukunft, wenn ich außerhalb dieses Raumes hier auftrete, nicht zu viel unter diesem Label zu agieren, sondern statt eines Labels diese Haltung zu haben und einfach die Dinge konkret zu benennen, die ich meine, die ich diskutieren will. Weil das nicht zum üblichen Beißreflex führt.

    das ist auch schon alles. die grundsätzlichen Annahmen und Ziele hinter Feminismus als Haltung, alles das, was in 39 weiteren Episoden hier besprochen wurde, stehen für mich überhaupt nicht infrage. Oder naja – nicht im Sinne von: „Der Feminismus ist zu weit gegangen“ oder ähnlichem. Dafür ist der Raum hier auch zu wertvoll. Klar kann und möchte ich im Detail an bestimmten Fragen weiterhin diskutieren, aber nicht – und das steht ja auch in der Netiquette – anhand von einer sehr konkreten Folge über das Thema „Opfer“ über die Frage, ob es ein Machtgefälle zwischen Männern und Frauen in dieser Gesellschaft gibt.

    Ich schreibe das, weil ich einerseits das Gefühl habe, das hier losgetreten zu haben und andererseits auf diese Debatte, wie sie tendentiell hier jetzt geführt wird, keine Lust habe. Die kann an diversen anderen Orten im Internet mit vielen Anhängern lebhaft geführt werden, aber hier ist nicht der Raum dafür, hier ist Feminismus immer noch default und wenn sich das irgendwie anders angehört haben sollte: Dann tut es mir leid, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe.

    1. Ok. Dein Blog, deine Regel. Das ist selbstverständlich und gebietet auch die Höflichkeit, dass zu beachten.
      Da eine Diskussion über Sinnhaftigkeit von feministischen Inhalten nicht Gegenstand hier ist (der Titel „Feminismus aufs Ohr“ hätte genügend Hinweis sein sollen), werde mich also nur noch als Zuhörender betätigen. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich die Intention hier falsch verstanden hatte.
      Bitte nicht falsch verstehen, aber ich habe erst durch dein Statement jetzt verstanden, dass es für mich (betonung „mich“) so wenig Sinn hat, wie mit jemand zu diskutieren, der kommunisistische Grundüberzeugungen für sich als bindend ansieht.
      Wenn ich z.B: (schlagwortartig) „Eigentum ist Diebstahl“ als für mich als wirklich anschaue, dann ist eine Diskussion mit jemand darüber, warum Eigentum haben wollen doch nur Menschlich ist, unsinnig. Ebenso ist es wenig ergiebig, wenn jemand wie ich, der z.B: eine Unterrepräsentation von Frauen in Bereichen (bei gleichzeitiger Überrepräsentation in anderen) nicht als patriarchal bedingte strukturelle Unterdrückung aller Frauen, und damit auch nicht als Realität ansieht, dies hier debatieren zu wollen.

      Meine Empfehlung zum Hören dieses PodCast halte ich aber trotzdem weiterhin aufrecht, denn diese Form eines derart differenzierend argumentierenden Feminismus ist mir sonst noch nirgends begegnet.

    2. Ich finde das sehr schade, aber ernüchternd.
      Ihr zieht viele diskussionsfreudige Menschen an, weil man (ich) sich erhoffte, dass man (ich) hier mal über Feminismus diskutieren kann. Mit anderen Feministen habe ich es immer wieder probiert. Entweder, man wird sofort ignoriert/geblockt (als technische Maßnahme) oder bepöbelt. Da ihr etwas anders gestrickt seid, hatte ich etwas Hoffnung, über eine Diskussion mein negatives Bild revidieren zu können.
      Das hat zum Teil geklappt. Leider bleiben so viele Fragen ungeklärt.

      Warum ich das Wort „verlogen“ benutzte, liegt an medienwirksamen vertretern, die tatsächlich nachweislich gelogen haben. Sarkeesian gehört dazu. Das ist halt nicht nur daher gesagt, sondern Fakt.

      Wie dem auch sei. Es ist nicht meine Internetseite und nicht mein Podcast und wenn man gebeten wird zu gehen (auf die Kommentare bezogen), dann macht man das als guter Gast auch.

      Ich bedanke mich jedenfalls sehr für die Antworten und den Podcast und werde natürlich auch weitere Folgen hören. Bis hier hin: Danke und einen sommerlichen Winter! 🙂

      1. so will ich das nicht verstanden wissen.

        ich hol mal weiter aus: Barbara und Susanne haben 2007 das Blog Mädchenmannschaft gestartet und „Wir Alphamädchen“ geschrieben. 2008 kam ich dazu. wir haben von 2008 bis 2011 zusammen dort gebloggt und sind dann aus Gründen gegangen. In den drei Jahren (vier für die anderen beiden) haben wir unzählige Debatten in den Kommentaren geführt und auch dort galt die Regel: ob Feminismus blöd ist oder nicht, das wird nicht diskutiert. wir diskutieren bestimmte Themen und der Feminismus ist für uns default. trotzdem war es oft nervig oder grenzwertig, weil Leute eigentlich das ganze Feminismus-Ding an sich doof fanden, und dafür dann Stellvertreter-Debatten zu einem Thema anfingen, die immer nach dem gleichen Muster verliefen. eines davon das genannte „what about the menz“ oder eben immer wieder die gesellschaftlichen Strukturen nicht glauben wollen, die Männern und Frauen immer noch verschiedene Rollen zuschreiben.

        aber Kritik ist willkommen. wenn wir etwa in der Schönheits-Folge (039) über das Internet und die Selbstdarstellung reden und jemand kommt und widerspricht und sagt: hey – voll viele können im Netz endlich sein, wer sie offline nie sein durften, weil *Rollenerwartung/Schönheitsideale/whatever* – und sagt: da habt ihr ein bisschen kurz gedacht, dann sag ich: danke! stimmt!

        also wenn wir anhand der Themen der Sendung bestimmte Fragen debattieren, finde ich das gut. aber eben echt am Thema und nicht mit der Meta-Debatte gleich bei der Hand

        das ist es einfach nur.

        ich halte es mit Holgi: wer das Thema mit seinem Kommentar weiter bringt, oder wer nen guten Witz macht – herzlich willkommen 🙂 und danke! aber bitte keine Endlos-Metadiskussionen und sowas… das führt an dieser Stelle dann nicht weiter. man sieht das ja hier, dann beginnt es sich im Kreis zu drehen und zu einem „doch“-„nein“-„doch“-„nein“-Schlagabtausch zu werden. das ist sehr ermüdend.

        bislang lief das in den Kommentaren immer sehr gut. klar – jetzt hatten wir mal eine ganz andere Reichweite und haben komplett neue Leute angezogen. das ist total gut. auch kritische Anmerkungen sind willkommen – wir sind alle mit blinden Flecken geboren und wir können alle noch viel lernen.

        laber laber, kurzer Sinn: reden und diskutieren ist gut. aber unter den genannten Regeln bitte.

        ich weiß nicht: ist der Unterschied ungefähr klar geworden? wir wollen ja auch unser aller Lebenszeit schonen, oder?

        1. Hallo Katrin,

          ja, es ist klar, was du sagen möchtest und ich verstehe dich darin total.
          Deswegen habe ich umso mehr das Gefühl falsch verstanden worden zu sein. Mein erster Kommentar war (angekündigt) meta. Aber gerade meine letzten Kommentare waren entweder argumentativ dicht an der Folge (mit Links als Unterstützung der Argumente) oder dicht an den Kommentaren. Meine Antwort an Susanne hangelte sich sogar fast Satz für Satz an dem entlang, was sie schrieb oder was in der Quelle gesagt wurde. Also, ich fühle mich halt von der Kritik angesprochen (du zitiertest Wörter, die ich verwendete) und gleichsam verleugnet.

          Wenn ich dir eine Sache noch von mir mit auf den Weg geben darf:

          Ich habe kein Problem mit Lobbyismus. An keiner Stelle. Weder bei Frauen, noch bei Firmen, noch bei Banken. Erst die Korruption bringt die Probleme. Aber ein Interessensverbund (Feminismus), der sich für eigene Interessen stark macht und diese vertritt, ist ein demokratisches Minimum, wenn man von einem Pluralismus reden möchte.
          Dennoch muss sich jede Bewegung an ihren Stellvertreten messen lassen. Das gilt für Kirchen, für Gewerkschaften, aber auch für soziale Bewegungen.

          Der Feminismus ist kein Bullshit. Er ist weder nutzlos, noch dumm.
          Es war nie meine Intention, das so aussehen zu lassen.
          Ich habe einen ganzen Sack voll Kritik mitgebracht.
          Aber ich wollte hier niemals „den“ Feminismus metazerstören.

          Auf bald! 🙂

  26. Ein paar Gedanken zur Hausaufgabe: Ich fände es nicht nur sehr schade, wenn Katrin sich nicht mehr Feministin nennen würde, sondern geradezu falsch. Denn sie ist meiner Meinung nach rein sachlich-objektiv Feministin, da beißt keine Maus einen Faden ab. Sie steht nun einmal in einer bestimmten Tradition, und derartige Traditionen kann man nicht einfach abschütteln. Selbst wenn sie die Diskussion erschweren.
    Dabei kenne ich das Gefühl, das sie wahrscheinlich hat, sehr gut. Es gab durchaus eine Zeit, in der ich mich nicht mehr als „Linker“ oder gar „radikaler Linker“ bezeichnen wollte, weil es so viele Vollidioten gab, die auch dieses Label für sich reklamierten und mit denen ich unter keinen Umständen in einen Topf geworfen werden wollte. So wie Katrin jetzt unter der Flagge der „Emanzipation“ fahren will, wollte ich damals das Banner der „Aufklärung“ hochhalten.
    Doch letztendlich ist ein solche Distanzierung unehrlich. Wir stehen in bestimmten Traditionen – und diese Traditionen haben ihre Schattenseiten. Wenn ich mich als „radikaler Linker“ bezeichne, dann muß ich mich auch diesen Schattenseiten stellen: Vom Schreckensregime der Jakobiner über die Verbrechen des Stalinismus bis hin zum Terror der RAF. Das sind wesentliche Bestandteile der Tradition, in der ich stehe und die ich zutiefst verabscheue, die ich aber nicht ausblenden kann und darf in dem, was mein eigenes Denken und Handeln beeinflußt. Es gehört dazu – und ich muß dazu Position beziehen und diese Position auch immer wieder klarmachen.
    Das selbe gilt meines Erachtens auch für den Feminismus, auch wenn dieser keine so kapitalen Verbrechen in seiner Genealogie aufweist wie der linke Radikalismus. Doch auch in der Geschichte des Feminismus gibt diverse dunkle Flecken – der krawallige Netzfeminismus ist da nicht das einzige Beispiel. Doch diese gehören einfach zu seiner Geschichte dazu, ob man das mag oder nicht. Und deshalb bedarf es der Auseinandersetzung damit. Und gerade in dieser Folge des Podcasts habt ihr das auf exemplarische Weise getan – wenn man so will, war das eine der „feministischsten“ Folgen überhaupt.
    Insofern würde ich für eine Haltung plädieren, deren Credo ist: „Ja, es gibt in der Geschichte und Gegenwart des Feminismus eine Menge Übertreibungen, Fehler und Irrtümer. Deshalb müssen wir in unserem Bemühen, diese Geschichte voranzutreiben, diese Übertreibungen, Fehler und Irrtümer auch immer mitreflektieren. Aber gerade dies macht den Feminismus aus, daß er den emanzipatorischen Kern des Feminismus nicht nur gegen die Anti-Feministen, sondern auch gegen die Verzerrungen in den eigenen Reihen verteidigt.“
    Und damit hätte ich dann auch eine gewisse Kritik an der aktuellen Folge: Ihr habt sowohl die Mechanismen wie auch die Folgen des „Opfer-Feminismus“ thematisiert – und das sehr gut; mir fehlte allerdings eine Analyse, welche Defizite in der Geschichte des Feminismus eigentlich dazu führten, das Ganze so aus dem Ruder laufen zu lassen, daß Katrin inzwischen lieber auf das Label „Feminismus“ verzichtet.

    1. So wie ich Katrin verstanden habe, geht es ihr momentan nur darum, keine Ressourcen zu verschwenden. Der Begriff Feminismus ist zur Zeit sehr negativ besetzt, wenn auch nicht überall. Zudem erzählt sie ja im Podcast, dass auch sie (genauso wie Susanne) Ausgrenzungsmomente innerhalb der Bewegung erlebte.

      Wenn ich mich in die Situation hinversetze, dann sehe ich folgendes Bild vor mir:
      Man tritt im Zeichen des Feminismus als Podcaster, in einem Kongress, einem Gesprächskreis oder sonstwo auf. Bei jedem neuen Menschen, den man trifft, muss man immer wieder die gleichen Distanzierungen bringen, die sich irgendwann abnutzen und zu Phrasen werden. Bevor ein fruchtbares Gespräch zustande kommt, hat man unheimlich viel Zeit in eine immer gleich geführte Diskussion investiert. Vielleicht überlegt man sich sogar, ein FAQ auszudrucken und es jedem in die Hand zu drücken, auf den man trifft. „Hier, lies das, bevor du mit mir sprichst“.

      Jetzt ist halt die Frage, wie man sich weiter als Feminist bezeichnen kann, ohne sich dabei mit Menschen identifizieren zu müssen, die man ablehnt und/oder von denen man schwer persönlich verletzt wurde.

      Aus deinen Worten glaube ich heraus zu lesen, dass man nicht einfach so das Feld räumen und eine ursprünglich gute Idee den „Zerstören“ zugestehen sollte. Das ist kein schlechtes Argument. Ich persönlich sehe mich politisch sehr weit links und kenne es zugut, wenn man sich immer wieder von einigen Wirrköpfen distanzieren muss. Oft schon im Voraus, weil man irgendwie glaubt, man müsse das tun.

      Es gibt eine Vielzahl an Leuten, die haben aufgrund von falschen Begegnungen nicht nur eine Menge Unverständnis, sondern vielleicht sogar Wut angesammelt. Jetzt kommt man mit einer Bezeichnung wie „links“ oder „Feminist“ in eine Position der Defensive, obwohl man mit seiner Progessivität doch eigentlich in die Offensive müsste.

      Das ist gar kein so leicht aufzulösender Zustand.
      Da sucht wohl jeder verzweifelt nach einer Strategie, wie er/sie am ökonomischsten davon kommt. Die Ressource Zeit ist nunmal begrenzt.
      Auch das Gemüt hat nicht immer die Zähigkeit, die man bräuchte, um standhaft zu bleiben.

      Die Frage ist eigentlich die: Wer hat den Kampf um die Definition gewonnen? Die Verrückten oder die Idealisten?

      1. Ich habe mich wahrscheinlich nicht sehr gut ausgedrückt, deshalb noch ein Versuch. Zunächst aber zu Deinem Argument der Zeitökonomie: Das ist sicherlich etwas dran – man will nicht seine ganze Zeit mit Abgrenzung und Verteidigung verbringen. Doch das ist meines Erachtens eher eine Frage, ob man sein Label offensiv vor sich herträgt oder eher sachorientiert diskutiert. Bekenntnisse ohne fundierte Argumentationen sind Schall und Rauch.

        Was ich jedoch eigentlich meinte war dies: Wenn man sich als Linksradikaler oder als Feministin versteht, dann ist man auch für die Knallchargen verantwortlich, die die entsprechende Bewegung aus der jeweils subjektiven Sicht mißbrauchen. Es geht nicht einfach zu sagen, jetzt nur als Beispiel, der Stalinismus hat nichts mit dem Marxismus zu tun, Marx war der Gute, Stalin der Böse. Denn in all der Degeneration gibt es eine Linie, die von Marx zu Stalin führt. Und diese Linie muß ich immer mitdenken.

        Und so ist eben der „gute“ Feminismus vom „bösen“ nicht durch eine unüberwindbare Mauer getrennt. Und man kann für sich nicht einfach den „guten“ Feminismus strikt vom „bösen“ trennen, sondern wenn man für sich den „guten“ Feminismus reklamiert, muß man sich immer auch die Frage stellen, welche Schwächen des „guten“ Feminismus dazu führten, daß er zum Einfallstor des „bösen“ Feminismus werden konnte. Wenn man sich stattdessen einfach des Labels Feminismus (oder des Linksradikalismus) entledigt, dann macht man es sich meiner Meinung nach zu einfach.

        Es geht also nicht nur darum, den Idioten nicht das Feld und die Definitionsmacht zu überlassen, sondern anhand deren Idiotismus zu reflektieren, in welcher Hinsicht die eigene Position möglicherweise selbst kritische Punkte hat. Denn am Niedergang von Bewegungen, da bin ich mir ziemlich sicher, ist nicht nur die böse Außenwelt schuldig, sondern zum großen Teil auch innere Defizite der Bewegungen selbst.

  27. Vielen Dank für die Sendung.

    Zur Frage am Ende über den Begriff Feminismus: Ich bin Englisch-Muttersprachler, und im Englischen lautet mein Lieblingsbegriff für dieses Konzept „Egalitarianism,“ wofür ich bisher noch keine gute Übersetzung gefunden habe (vielleicht kennt ihr eine?), den ich aber vielleicht mit sowas wie „Gleichismus“ übersetzen würde („Gleichismus“ wäre ja eher eine Übersetzung von „Equalism,“ aber sie sind im Zweifel das gleiche, ich finde „Egalitarianism“ halt schöner. Und das hat ja nichts mit dem deutschen Sinne von „egal“ zu tun.). Ich finde „Feminismus“ ist viel zu belastet als Begriff, und darüber hinaus beschreibt „egalitarianism“ eigentlich das Ziel besser: man wolle ja, das alle gleichberechtigt sind im weitesten Sinne, das alle gegenseitig gleich behandelt werden. Ich bin eurer Meinung, es kann auch Sexismus gegen Männer geben, und das würde eine Gleichheitsbewegung eigentlich auch bekämpfen wollen; dafür finde ich ist ein Name wie egalitarianism halt besser geeignet.

    Ich wollte auch dafür danken, das ihr das mit dem Typ erwähnt hab, der den Kommentar mit der langen Einrede geschrieben hat. Ich neige nämlich auch oft dazu, mich für alle meine irgendwie für kontrovers zu haltenen Meinungen zu entschuldigen, wenn ich darüber rede oder schreibe, und es war schön zu hören, was ihr dazu zu sagen habt.

  28. Mich macht die Episode traurig und ich merke viel von dem, wovor ich Angst hatte meinen Blog und auch meine allgemein im Netz passierenden Ausdrucksversuche zu veröffentlichen – und stehen zu lassen: Andere Menschen halten meine Versuche meine Erfahrungen und meinen Umgang mit früheren Gewalterfahrungen und aktuellen Diskriminierungen zu teilen für „Opferperformance“ oder „Selbstviktimisierung“

    Für mich ist Opferschaft etwas, das an Macht gebunden ist. Manchmal auch die Macht auszublenden (oder auch: ausblenden zu können), das eine Person bereits tut was sie kann, um es „anders zu machen“. Beziehungsweise: dass der Umstand, dass sich eine Person öffentlich sichtbar macht bereits ist, „was anders ist“.

    Ich habe euer Gespräch jetzt so verstanden, das ihr euch von „Opferdiskursen“ mehr wünscht als die Sichtbarkeit der Opferschaft (und damit implizit: die Täter_innenschaft). fFür die Personen aber, die zu Opfern wurde geht es aber oft auch darum anerkannt zu werden in dem, was die Opferschaft bedeutet.
    Das passiert nämlich bis heute nur schleppend und eben nie ohne Täter_innennachweis oder „Wahrhaftigkeitsbeweis“ – selbst dann, wenn eine Person sagt: „Ich möchte nicht in diesen Täter-Opfer-Bias. Ich möchte mich mit anderen Menschen nicht auf juristischen Grundlagen auseinandersetzen. (Ich verlange ja auch von anderen Menschen nicht, dass sie mir beweisen, dass sie backen können, bevor ich einen Kuchen esse, den sie mir servieren.)

    Für mich ist es so – in der Ecke der sozialen Diskurse in denen es um Opferentschädigungen, Traumatherapie, Leben nach jahrelanger Gewalt, das dann eben doch auch oft noch wieder von strukturellen Diskriminierungen geprägt ist, geht, dass da ein unheimliches Bdeürfnis nach Sichtbarkeit ist und danach im Schmerz und im Leiden anerkannt zu werden.
    Und dann trifft man auf Menschen die sagen: „Erzähl mir doch deinen Scheiß nicht – Opferperformance!“ Oder: „Es interessiert mich nicht, was dir passiert ist – ich will nur hören, was du jetzt machst, damit du klar kommst.“
    Genau so entsteht Druck als „held_innenhaftes Opfer“ aufzutreten, damit auch ja niemand genervt wird von den schlimmen Erfahrungen, die man selbst machen musste.

    Es gibt Menschen, die haben das, was man als „Überlebensstolz“ kennt.
    Manche weil sie wissen, dass sie nur so anerkannt werden in ihrer Opferschaft.
    Und dann gibts Menschen, die haben das nicht. Weil sie von allen Seiten hören, Gewalt wäre ja nichts Relevantes. „Darüber redet man nicht, weil es runterzieht und nicht konstruktiv ist“.

    Manchmal gehts nicht um konstruktiv und „emanzipieren von Opfererfahrung“.
    Manchmal gehts Anerkennung. Und so lange Menschen, die zu Opfern wurden darum so betteln müssen, wie jetzt an manchen Stellen – so lange wird auch niemand davon „verschont“.

    Ich denke, das ist, was mich an dem Podcast so traurig macht: der Eindruck, ihr wärt abgestoßen von Menschen, die zu Opfern wurden und „nur Sichtbarkeit schaffen“, statt kraftvoll konstruktiven Aktivismus, wie ihr ihn für euch definiert.
    Es ist nur ein Eindruck – vielleicht täusche ich mich.

  29. Liebe Hannah,

    ich hoffe eigentlich sehr, dass wir nicht so verstanden werden, dass uns „Opfersein“ abstößt. Es geht uns vielmehr um einen größeren Diskurs. Darum, dass ein Opfersein instrumentalisiert wird, zum Beispiel indem man es auf alle Frauen verallgemeinert und sie damit darauf reduziert. Wer immer in irgendeiner Sache zu einem Opfer geworden ist, muss natürlich die Möglichkeit haben, das auch zu sagen, das anzuprangern. Im Idealfall entsteht dabei dann so etwas wie Sichtbarkeit.

    Wir haben im Podcast sehr deutlich gesagt, dass die Sichtbarkeit, die zum Beispiel #aufschrei gebracht hat, politisch eine beeindruckende Schlagkraft hatte und hat.

    Es gibt daneben aber auch diskursive Strömungen (nenne ich sie jetzt mal), die das Opfersein als eine Position der Überlegenheit definieren, aus der heraus man alle anderen abkanzeln kann, die einen (manchmal wirklich, manchmal nur gefühlt) zum Opfer machen – und das kritisieren wir in der Sendung. Weil es jeden Austausch um Benachteiligungen, um Machtstrukturen unmöglich macht.

    Wird halbwegs verständlich, was ich meine?
    Viele Grüße, Susanne

    1. Hallo Susanne,

      ja, ich denke, dass ich verstehe. Für bliebe da die Frage, ob es sinnhaft ist zu vertreten „Opferschaft wird benutzt, um andere Menschen abzukanzeln“ – Opferschaft ist, wie ihr ja selbst auch sagt keine Position, die das zulässt.
      Darüber entsteht dann der Eindruck, ihr würdet Opferschaft aber durchaus für so eine Position halten.
      Ich kenne Disussionen die einander in „Schlimmvergleichen“ („meine Gewalterfahrung ist schlimmer als deine, weil …“ ) überbieten bzw. abkanzeln.
      Für mich ist es inzwischen wichtig an solchen Stellen zu sagen, dass es in diesen Vergleichen nicht um die Opferschaft geht, sondern um Versuche sie mit einem System zu messen, das letztlich erst dazu geführt hat, dass es diese Opferschaft gibt.

      Übertragen auf eure Diskurse bzw. diskursive Strömungen, wie ihr es nennt, ist es vielleicht auch gut so eine Differenzierung zu versuchen. Leidvergleiche oder Überlegenheitsgepose haben ihre Ursachen meiner Erfahrung nach eigentlich immer woanders als im Dikursthema.

      Viele Grüße

  30. Für mich ist Opferschaft etwas, das an Macht gebunden ist. Manchmal auch die Macht auszublenden (oder auch: ausblenden zu können), das eine Person bereits tut was sie kann, um es “anders zu machen”. Beziehungsweise: dass der Umstand, dass sich eine Person öffentlich sichtbar macht bereits ist, “was anders ist”.

Schreibe einen Kommentar zu Julchen Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert