Lila080 Nenn mich bitte einfach „Frau“

Jeanette und Michaela sind zwei Frauen, die jeweils einen längeren und nicht gerade einfachen Weg zu ihrem Frausein gegangen sind – und genau von diesem Weg erzählen sie in unserer Sendung. Bitte setzen und gut zuhören.

Eigentlich ein typischer Lila Podcast: Es geht ums Frausein, Gender, Stereotype, Ungerechtigkeiten, Schönheitsideale, Diskriminierung und vieles mehr – aber endlich reden darüber nicht nur Cis-Frauen, sondern wir haben uns zwei Transfrauen eingeladen, die ihre Geschichte erzählen und zeigen, wie echter Respekt funktioniert und wie Cis- und Trans-Menschen in Zukunft besser, zufriedener und schmerzfreier miteinander leben können.

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Katrin Rönicke
Intro: CC-BY-NC-ND ProleteR “April Showers” http://proleter.bandcamp.com/

 

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12 thoughts on “Lila080 Nenn mich bitte einfach „Frau“”

  1. Das Thema ist schwierig für mich. An schlechten Tagen wünsche ich mir sehr, kein Mann zu sein. Es fühlt sich falsch an und so habe ich vor Jahren auch Transgruppen besucht, um mir darüber im klaren zu werden, was eigentlich los ist.

    Aber obwohl ich dadurch viel von meiner Angst verloren habe und sich auch Vorurteile in meinem Kopf aufgelöst haben, konnte ich das was ich sah nicht wirklich begreifen.

    Wie konnten diese Menschen sich so sicher sein (und waren sie es überhaupt) und warum war die Transistion gleichbedeutend mit dem Wechsel in ein weibliches Klischee. Ich wollte kein Mann sein, ja, aber musste das dann auch gleich bedeuten, das ich plötzlich Kleider tragen (muss) mich weiblich kleiden muss, denn das war irgendwie das, was ich dort sah, also Menschen die auch sehr darin bemüht waren, diesem „einem“ Bild von Weiblichkeit zu entsprechen.

    Und das kam mir beängstigend vor und ich wusste genau, das es mich (würde ich so einen Schritt gehen) nur Sichtbarer machen würde. Einen Umstand den ich mit allen Mitteln vermeiden wollen würde. Denn ich möchte nicht sichtbarer werden. Ich möchte unsichtbar bleiben und mit Menschen möglichst wenig zu tun haben.

    Heute begleite ich jemanden, der all diese Schritte macht und ich frage mich immer wieder wo ich selbst eigentlich stehe. Manchmal denke ich, wenn das in meiner Jugend sicher gewesen wäre, dann hätte ich unsichtbar bleiben können.

    Aber ich denke, ich werde mit der Unsicherheit weiter leben und auch, das, wenn es relevanter wäre, ich dann ja genau wissen müsste, wo ich mich (welchem Geschlecht ich mich) zugehörig fühle.

    1. “ und warum war die Transistion gleichbedeutend mit dem Wechsel in ein weibliches Klischee. “

      Das habe ich mich auch einige Male gefragt. Ich weiß nicht, ob es an mir liegt oder es wirklich ein Phänomen ist. Das Phänomen wäre, dass die Transition gemacht wird und dann nur Röcke und Kleider getragen werden (oder auch andere Sachen, die ein Durchschnittsdeutscher als weiblich beschreibt). An mir könnte es liegen, weil ich eine Frau bin, die zu 99,999% meiner Lebenszeit keine Röcke und Kleider trägt, sondern irgendeine Art von Hosen, wodurch ich dieses Extrem „immer Rock tragen“ schnell bemerke.

    2. Es gibt da zweierlei:
      Einerseits wird es von der psychologischen Betreuung verlangt, dass man voll und ganz in die Klischee-Kiste greift. Ich habe schon gehört, das Transfrauen ein negatives gutachten erhalten haben, weil sie in Hose statt Rock zum Gespräch gekommen sind. Wenn man Burschikos auftritt kann man lange aber umsonst kämpfen, als Frau akzeptiert zu werden.
      und zweitens, man versucht sich auszuleben, herauszufinden wie das Leben als Frau wirklich ist und macht dann einfach mal alles, was ein Mädchen in der Pubertät tun würde. Dies liegt aber besonders daran, dass die Hormone zu einer zweiten Pubertät führen und man dieses Verhalten dadurch fast nicht verhindern kann.
      Hat man diese Phase aber einmal durchgestanden, so kehrt man doch zu einem Mittelmaß zurück das nicht mehr so schrill, so übertrieben ist.
      Ich für meinen Teil trage auch fast nur Hosen, habe nahezu kein Pink im Kleiderschrank und bin alles andere als übertrieben hibbelig oder hysterisch. Aber die zweite Pubertät liegt für mich auch schon 5 Jahre zurück

      1. „und zweitens, man versucht sich auszuleben, herauszufinden wie das Leben als Frau wirklich ist und macht dann einfach mal alles, was ein Mädchen in der Pubertät tun würde. Dies liegt aber besonders daran, dass die Hormone zu einer zweiten Pubertät führen und man dieses Verhalten dadurch fast nicht verhindern kann.“

        Das erklärt, was ich mich auch schon oft gefragt habe: Warum donnern sich manche Transfrauen für den Alltag so auffällig übertrieben (Minirock, High Heels,…) auf?

        Danke für diese Info!

  2. Nur mal ein bisschen Lob:
    Sehr interessante und erhellende Folge!
    Allgemein wird der Lila Podcast immer besser und besser… ich höre sehr gerne zu und bin froh, dass es euch gibt – und dass ihr euch weiterhin Feministinnen nennt (um nochmal einen ganz kurzen Bogen zur letzten Folge zu machen).

  3. Die Geschichte mit dem „keine Kinder kriegen können, weil die Ärztin etwas falsches behauptet hat,“ ist so hart. Wie superstark muss ein Mensch sein, um das überstehen zu können? Das ist doch noch viel schlimmer als wenn man feststellt, dass man von Natur aus unfruchtbar ist. Letztlich kann man die Zeit nicht zurückdrehen und muss diesen Fehler der Ärztin akzeptieren, aber die Zeit bis dahin stelle ich mir ziemlich unaushaltbar vor.

    Ich versteh das mit der Krankheitsdefinition nicht.
    Es muss doch nur anders genannt werden oder nicht? (Ich weiß gar nicht, wie es jetzt genannt wird bei den Krankenkassen.) Man will doch etwas von der Krankenkasse, weil man leidet und diese Behandlungen braucht. Dieses Leid und die entsprechende Behandlung, sollte doch irgendwo stehen und definiert sein? Man kann nicht sagen, da ist alles in Ordnung, aber der Mensch braucht Hormone. Wenn alles so in Ordnung wäre, müsste man medizinisch nicht eingreifen. Versteht man ein bisschen, was ich meine?

    Da wo man leidet ist doch auch irgendeine Störung. Das heißt natürlich nicht, dass der Mensch an sich eine Störung ist.
    Ich könnte das mit Depressionen vergleichen. Da kann man ja auch sagen, alle Leute, die das nie hatten und es nicht nachvollziehen können, gehen schlecht mit Depressiven um und vergrößern dadurch deren Leid. Das Leid würde aber trotzdem nicht ganz weggehen, nur weil die anderen einen besser verstehen und nett zu einem sind.
    Würde das Leid der Transmenschen, die gern Hormone, Ops usw. haben wollen, weggehen, wenn ihre Mitmenschen sie einfach so annehmen würden, wie sie sind und nicht in weiblich oder männlich einstufen würden? Ich denke, dass das Leid trotzdem bleibt, weil es von innen kommt, man sich selbst so sehen will, wie man sich empfindet, und da bräuchte man trotzdem die Krankheitsdefinition, um die die Hormone und Ops zu bekommen.
    Was übersehe ich? Was sind die Argumente das Leid nicht als Krankheit aufzuschreiben?

  4. Ich würde gerne ergänzen, dass es auch Transmännlichkeit gibt. In der öffentlichen Wahrnehmung taucht das irgendwie nicht auf.

    Ansonsten eine tolle Folge – wie so viele, ihr seid großartig! 🙂

  5. Vielen Dank für diese Folge! Ich habe mich sehr über Jeanettes und Michaelas Offenheit gefreut!
    Als Ergänzung möchte ich noch ein Buch empfehlen: „Blaue Augen bleiben blau“, von Fabian (ehemals Barbara) Buschbaum, der sehr detailliert von seinem Weg erzählt. Gleichzeitig würde ich gerne Jeanette und Michaela fragen: Habt Ihr das Buch gelesen? Und wenn ja, würdet Ihr es auch weiter empfehlen?

  6. Mein Pubertätsverhalten habe ich eigentlich immer mehr auf Plakate als auf Hormone zurückgeführt. Immerhin gibt es Mädchen, die immer ungeschminkt und in Hosen rumlaufen und dennoch dem Einfluss der Hormone unterliegen.

  7. Hallo,

    vielen Dank für die Sendung! Die Erzählungen beider Gäste waren sehr interessant. Von mir ein paar Gedanken.

    1. Diagnose

    Dieses Thema ist auch für Behinderte etwas, was sich wie ein roter Faden durch’s Leben zieht. Auch dort geht es immer um die bürokratischen Prozesse bei den Krankenkassen. Ohne Diagnose bekommt man diverse Hilfen einfach nicht, weil es dann für ein Phänomen keinen normierten Schlüssel gibt, anhand dessen man etwas rechtfertigen kann. In der Förderpädagogik (oder besser unter Förderpädagogen) wird deswegen regelmäßig geflucht. Man weiß (!), dass ein Kind bestimmte Geräte oder Maßnahmen (Therapien) braucht, um sich unbeschwerter entwickeln zu können. Gleichzeitig ist eine Diagnose aber auch ein Stigma in der Biographie, welches das ganze Leben negativ beeinflussen kann. Oftmals haben Eltern dann die Wahl zu entscheiden, ob sie zum Beispiel auf einen unbezahlbaren Talker verzichten oder ob sie einen bürokratischen Prozess zulassen, der sich niemals mehr aus der Biographie entfernen lässt. Konsequenzen in der Zukunft lassen sich nur schwer einschätzen und viele Ängste sind nicht immer unberechtigt. Das ist eine hohe Belastung, für die man bessere Regelungen finden muss. Davon könnten dann in einem Zug auch Transsexuelle profitieren. Einer der bekanntesten Aktivisten im Bereich Behindertenrecht ist Raul Krauthausen, der recht aktiv in den sozialen Netzwerken ist.

    Zusätzlich kämpft man im Behinderten recht um eine vernünftigere Definition des Wortes „Behinderter“. Ums kurz zu umreißen: Behindert ist nicht der Mensch, sondern die Umgebung behindert den Menschen in seinen freien Bewegungsmöglichkeiten. Man muss nicht immer alles zwingend pathologisieren.

    2. Hormone und Geschlechterunterschiede

    Hormone haben einen Einfluss auf das Verhalten und die Emotionen und diese sind bei Männer und Frauen unterschiedlich dosiert anzutreffen. Kulturübergreifend. Was hier oft missverstanden wird ist, dass es sich hier um eine Aussage des Durchschnitts handelt. Frauen neigen (!) eher dazu, sich für Menschen statt für Dinge zu interessieren. Das bedeutet aber nicht, dass jede Frau von Geburt an kein Interesse an Fußball und Autos haben muss, denn bei dieser Unterschiedlichkeit gibt es große Überlappungen. Entscheidend wird dieser Unterschied erst bei den äußeren Enden der Kurve. Zum Beispiel in Fachbereichen wie Coding etc., welcher nicht nur von Frauen stark gemieden wird, sondern auch von Männern. Die wenigsten Menschen wählen einen Beruf in diesem Bereich, die meisten Männer fühlten sich wohl unter Hebammen kompetenter, als bei Microsoft in der Entwicklung. Aber in diesem Bereich finden sich eben überwiegend Männer und das hat auch biologische Ursachen. Dort ist nämlich der äußere Rand der Verteilungskurve, dort sind die Nerds unter den Nerds – das Extrem. Für den Durchschnittsmenschen sind Unterschiede zwischen Mann und Frau kaum auszumachen und (falls es sie wahrnehmbar gibt) irrelevant.

    Aber man sollte nicht versuchen biologische Ursachen für Unterschiedlichkeiten zu leugnen. Denn nur weil es etliche wissenschaftlich reliable Studien gibt, die starke Hinweise auf die Existenz biologischer Unterschiede geben, sagt das noch nicht das aus, was auf feministischer Seite dann immer gleich reaktionär zu hören ist. Der Unterschied alleine ist wertneutral. Ein Unterschied sagt nichts (!) über besser oder schlechter aus. Das sind dann erst Interpretationen, die der einzelne macht. Wenn also im rechten Spektrum der Gesellschaft solch eine Studie als Beweis für die mathematische Unfähigkeit des weibliches Geschlechts gelesen wird, dann hat man die Studie einfach falsch gelesen. Das steht dort nämlich nicht! Wenn man im links-feministischen Spektrum dort das gleiche liest, dann ist das ebenfalls ein fataler Lesefehler. Genau diesen Fehler haben bei dem Google Memo nahezu alle gemacht, die sich dazu in irgendwelchen Leitmedien und Blogs geäußert haben.

    Es gibt biologische Unterschiede und das ist eine gesellschaftliche Chance. Denn an den (wenigen) Stellen, wo sie eine Rolle spielen, an denen können wir lernen den „anderen“, der „anders“ ist als man selbst, wertzuschätzen und mit Respekt zu begegnen. Das ist viel besser, als vieles, was die Person ausmacht zu leugnen und zu behaupten, dass das ja toxisch sei.

    Zudem fällt für Transsexuelle ein wichtiges Argument weg. Warum möchte man denn von einem Geschlecht zum nächsten Wechseln? Weil es keine Unterschiede gibt? Dann ist der Wechsel ja eine bloße Laune. Transsexuelle haben mit fundamentalen Widersprüchen zu kämpfen, die sie irgendwie harmonisieren müssen. Diese sind so tiefsitzend, dass sie nicht mit psychologischen Therapien oder mit Sozialisierungsmaßnahmen beseitigt werden können. Sie können nur biologisch sein. Geburtlich. Dem Menschen immanent und nicht wegzudiskutieren.

    Just my two cents 🙂

    Liebe Grüße
    DeeperSight

  8. Die Schwierigkeit ist halt, dass die Untersuchungen über hormonelle Auswirkungen nicht getrennt von der Gesellschaft gemacht werden können. Das häufigere Interesse bei Frauen für Menschen? Ich bin z.B. mehr Psychatern als Psychaterinnen begegnet… das ist jetzt sicher nicht aussagekräftig. Aber was ist das Interesse an Menschen? Schon das muss definiert werden, denn es kann dazu auf die ein oder andere Weise kommen.
    Ich glaube, dass Interesse an Menschen, so wie ich es definiere (und da würde ich dann die meisten Psychater_innen ausschließen), die Liebe zu hoher Komplexität ist, höher als bei Technikfreaks (Technik ist vorhersehbar) und das hat m. E. nichts mit Hormonen zu tun, nichs mit Geschlecht.

  9. Michaela sprach ja das „nicht auffallen“ an: Ganz ehrlich – wie soll eine Transfrau jemals unauffällig werden?
    An Michaelas Beispiel sieht man das ja sehr schön: Sie ist groß und klobig, hat ein eckiges, männliches Gesicht und allein die Stimme… Ich kann schon verstehen, dass manche damit Probleme haben. Es ist halt immer anders, und abweichend von der Norm.

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