Lila128 Sexuell verfügbar? Mit Caroline Rosales

Caroline Rosales hat ein Buch über die sexuelle Verfügbarkeit von Frauen geschrieben – die tatsächliche oder vermeintliche, und der Klappentext ihres Buches bringt es ganz schön auf den Punkt: „Caroline Rosales erzählt nah an ihrer eigenen Geschichte, wie bereits kleine Mädchen darauf konditioniert werden, lieb und höflich zu sein und dem Onkel doch ein Küsschen zu geben. Und wie aus diesen Mädchen Frauen werden, die mehr auf das Gegenüber achten als auf sich selber.“

Katrin hat Caroline ausgefragt, warum wir genauer hinschauen müssen, wie Mädchen und Frauen überhaupt anerzogen wird, eigene Grenzen zu verteidigen, oder ob genau das in unserer Gesellschaft immer noch verpasst wird – und wie man es ändern kann.

Links und Hintergründe

Den Lila Podcast unterstützen:

 

33 thoughts on “Lila128 Sexuell verfügbar? Mit Caroline Rosales”

  1. Eine schlüssige Darlegung der These, das Frauen zu sexueller Verfügbarkeit erzogen werden, enthielt das Gespräch nicht.

    Kinder zu höflichen und rücksichtsvollen Menschen zu erziehen, schließt für mich nicht aus, das sie bei Übergriffigkeiten selbstbewusst reagieren. Rücksichtsvoll zu sein bedeutet nicht willenlos zu sein.

    Wenn man die klassische Rolle von Frauen als Mütter und Erzieherinnen sieht, müsste man eigentlich schlussfolgern, das Frauen Mädchen zur sexuellen Verfügbarkeit erziehen. Das wäre absurd.

    Zu den Erlebnissen bei Job Interviews würde ich gerne anmerken, das man die Faktoren Aussehen und Auftreten nie wirklich eliminieren kann. Es geht eben nicht nur um Qualifikationen, sondern auch darum Leute zu finden mit denen man gerne mehrere Tage die Woche zusammenarbeitet. Da haben Menschen mit sympathischem Aussehen und Verhalten (siehe oben: Höflichkeit) ganz klar Vorteile. Aus solch einer Sympathieentscheidung (die evl. auch mit sexueller Anziehung zu tun hat) auch eine sexuelle Verfügbarkeit abzuleiten finde ich sehr gewagt.

    Zum Thema Beziehung ohne Sex: nennt man das nicht Freundschaft?

    1. „Zum Thema Beziehung ohne Sex: nennt man das nicht Freundschaft?“

      Nein.
      Es gibt Menschen, denen nicht viel an Sex liegt, die aber trotzdem eine monogame Beziehung eingehen und romantische Gefühle füreinander haben.
      Kein Sex heißt nicht keine Liebe.
      Menschen und Beziehungen sind vielfältig und auch asexuelle Personen und ihre Liebe gehören anerkannt.

  2. Der Einschätzung, dass es Caroline im Gespräch nicht gelungen ist, ihre These schlüssig vorzutragen, muss ich leider zustimmen. Hängengeblieben sind bei mir viele Einzelbeispiele aus Carolines Umfeld, aber diese Art des anekdotenhaften Erzählens über „ich kenne da wen, der/die …“ fand ich hier nicht überzeugend. Vielleicht gelingt die Synthese im Buch ja besser. Was ich aber eigentlich schreiben wollte: Das Interview ist ein ganz tolles Beispiel für richtig gute Moderation und Gesprächführung, gerade wegen der eher weitschweifigen, alles auf einmal erzählenden Gesprächspartnerin. Danke, liebe Katrin.

  3. Ich gehe da mit Barbaras Einschätzung konform; die aufgestellten Thesen waren für mich nicht schlüssig begründet und die „feministische Komfortzone“ wurde nur wenig verlassen. Ein Fakt, dem auch Kathrin zustimmte, war für mich zudem nicht nachvollziehbar: Warum sollen Männer und Frauen nicht benennen, welchen Mann oder welche Frau oder welches andere Geschlecht sie „hot“ oder „sexy finden“. Wäre es hier nicht sinnvoller, auch Mädchen zu vermitteln, dass auch sie selbstverständlich körperliche Attraktivität ausformulieren dürfen und sich nicht auf auf allgemeinere Bezeichnungen wie „attraktiv“ zurückziehen müssen? Widerspricht die Kritik an derart klaren Äußerungen nicht auch den Werten, die am Gesprächsende beim Thema „Slut Shaming“ als positiv erachtet wurden?

    1. Hallo,
      wenn eine Frau sich selbstbewusst in ihrer Sexualität fühlt und eventuell mehr Sex hat, als ihr die Gesellschaft für ihre soziale Rolle zuschreiben möchte und deswegen abgewertet wird, ist das Slutshaming.
      Mir wäre daran gelegen, dass diese Rolle der Frau sich ändert (und das tut sie ja auch langsam, ist mein Eindruck). Mir ist aber nicht daran gelegen, dass sie sich den Männern angleicht. Denn: Ich finde, ungebeten andere Frauen aus dem Nichts als „Hot“ zu bezeichnen oder „sexy“ ist ein Schritt zu weit zu früh. Für mich ist das ein klarer Ausdruck von der Erwartung, dass Frauen sexuell verfügbar seien – das Stichwort hier lautet „Male Gaze“. https://en.wikipedia.org/wiki/Male_gaze

      Mädchen zu vermitteln, dass körperliche Anziehung okay ist und schön sein kann usw… – da gehe ich d’accord. Aber ich werde weder meinem Sohn, noch meiner Tochter beibringen, dass Sexyness die oberste Kategorie ist, die alle anderen überstrahlt. Das mag prüde klingen – ich finde, das zeugt einfach nur von Respekt.

      1. Eine andere Person als „sexy“ zu bezeichnen und eine andere Person als „verfügbar“ zu erachten (und dieser vermeintlichen Verfügbarkeit ggf. auch noch mit entsprechendem Verhalten zu begegnen) sind für mich tatsächlich zwei Paar Schuhe. Sexyness als oberste Kategorie bei der Einschätzung eines Menschen (also die „Helene-Fischerisierung“ der Gesellschaft) lehne ich definitiv ab. Das hat für mich aber weniger mit Prüderie sondern mehr mit Facettenreichtum zu tun.

  4. Ich habe mit Werbung wenig Probleme – irgendwo muss halt die Kohle herkommen. Aber wie sie bei diesem Podcast eingebaut wurde, fand ich etwas unschön. Die Einleitung, die zusammenhangslos in ein Buchtipp mündet … hmm. Dann lieber richtige Werbeblöcke.

    1. Der Buchtipp ist keine Werbung. Und auch nicht zusammenhangslos.
      Das Buch wollte ich eigentlich am Ende der Sendung empfehlen. Als ich aber das Interview mit Caroline nicht so machen konnte, wie geplant, fand ich „Mental Load“ in dem Zusammenhang furchtbar passend. Caroline ist Single Mom (wie ich eingangs erwähne) und hat sicher wie wir alle (also wir Singe Moms) einen krassen Mental Load – das war meine Idee. Und das war ja auch der Grund, warum ich vor verschlossener Tür stand.

      1. Warum Caroline verhindert war, wird in der Einleitung nicht erwähnt. Deshalb ergab sich für mich keine Verbindung zum Buch.

        Den Begriff „Mental Load“ finde ich schrecklich prätentiös. Reicht es nicht mehr aus viel um die Ohren zu haben?

        1. Zum Thema Mental Load: Hast du dir den Comic (Link in den Shownotes) mal durchgelesen, bevor du es als „schrecklich pretentiös“ abtust?

          1. Mir geht es nicht darum die Überforderung vieler Frauen kleinzureden. Ich finde nur den Begriff blöd, weil er einen Umstand „ver-englischt“, der mit deutschen Vokabeln sehr viel besser beschreibbar ist.

            Das reiht sich für mich ein in die Läden, die nur noch „Coffee to go“ haben anstatt „Kaffee außer Haus“ anzubieten. Diese Pseudo-Internationalisierung von einfachsten Begriffen stört mich. Daher: „prätentiös“.

          2. Hi D.,
            ich mische mich mal kurz in deine und Katrins Unterhaltung ein, um kurz hierzulassen, dass ich einerseits verstehen kann, dass einen die Verenglischung vieler Begriffe nerven kann. Es schließt dann den Einen oder die Andere aus, die diese noch nicht kennen. Gleichzeitig kann man so halt auch eine internationale Debatte führen. Und das Phänomen des „Mental Load“ ist leider ein internationales, weil strukturelles. Frauen auf der ganzen Welt können darüber berichten, und es hilft der Analyse und der Beseitigung des Problems sehr, wenn es diesen internationalen Austausch gibt. Insofern ist es dann auch wieder gar nicht so unschlau, englische Begriffe zu nutzen. Es ist auf jeden Fall nicht nur eine Modeerscheinung wie „Coffee to go“.
            Viele Grüße! Susanne

          3. Warum braucht es einen internationalen Diskurs, um über die Entlastung von Müttern zu reden? Die Lösungen sind entweder in der Familie (50:50 Aufteilung der Arbeit) oder auf nationaler Ebene (Kitas, Arbeitszeitregelungen etc.) zu treffen.

            Ich befürchte eher, das ein Diskurs mit Fachchinesisch als akademisch-abgehoben wahrgenommen wird. Eine inklusivere Kommunikation ist bei der Verbreitung von Ideen und Inititiativen sicherlich nützlicher.

          4. Vermutlich hat sich Mental Load hier einfach etabliert, weil EMMAs Comic bislang nur ins Englische übersetzt wurde.
            Alle relevanten Elternblogs und Podcasts (darunter dasNuf, mit Kindern leben), aber auch ze.tt oder was auf twitter als Hashtag benutzt wird, nutzt den Begriff, der nun einmal so etabliert ist.
            Wir können gern über das sprechen, was alle diese Leute gerne diskutieren würden, oder weiter auf dem Nebengleis „die blöden Anglizismen“ weiterfahren, wie du es vorschlägst.
            Wir können noch ein neues Nebengleis aufmachen: Warum sagen wir Podcast? Klingt das nicht zu sehr nach Apple? Ist das nicht auch wieder ein Anglizismus?
            Schönen Sonntag noch.
            Katrin

          5. „Die Lösungen sind entweder in der Familie (50:50 Aufteilung der Arbeit) oder auf nationaler Ebene (Kitas, Arbeitszeitregelungen etc.) zu treffen.“(D. Ogilvy)

            Mental Load ist auch etwas ganz anderes als 50% des Haushalts zu erledigen. Es bedeutet zu managen, die Fäden in der Hand halten zu müssen, weil einer es tun muss und Männer das meistens nicht wirklich gelernt haben (Vielleicht weil deren Mutter für die gemanaged hat), außer im beruflichen Kontext. Auch wenn man nicht Singlemom ist, kennt man das doch, dass frau extrem viel plant und organisiert und der Vater der Kinder zwar die Hälfte des Haushalts und auf Kinderaufpassen macht, aber seine Planung da endet. Der Comic ist ist sehr gut, falls du den noch nicht gelesen hast.

            Ich musste an Mental Load denken als in in einer Gruppendiskussion saß (keine privaten oder verwandschaftlichen Verhältnisse, nur ein gemeinsames Thema). Eine sagte, dass alle anderen sich in der nächsten Zeit Gedanken zu einer Fragen machen sollen und dass es zu einem späteren Termin wichtig wird. Statt sich das zu notieren und selbst dran zu denken, sagte einer ernsthaft laut: Das ist ja noch eine Weile hin, kannst du kurz vorher das alles nochmal sagen. Das fand ich so erschreckend, dass jemand von anderen verlangt Sekräterinnenaufgaben für ihn zu erledigen. Er war total verwirrt als er ein Nein zurück bekam. Ich hab noch nie erlebt, dass eine Frau sowas von einer anderen Person erwartete. Der Mann würde doch auch nicht seinem Chef sagen: „Du musst mich ständig erinnern. Wenn du es mir jetzt genau einmal sagst, dann erledige es nicht oder nicht pünktlich, weil ich einfach nicht dran denke.“
            Dieses (pünktlich) „dran denken“ ist halt auch Arbeit.

  5. Also das mit den Männern die Frauen „hot“ nennen nehm ich in meinem Umfeld genau andersrum war. Die Frauen reden über „heiße Typen“, die sie getroffen haben und die Männer haben aufgehört damit. Haben da gerade erst im Freundeskreis ne große Diskussion drüber gehabt. Die Frauen fanden, dass das „empowering“ wäre.

    1. Interessant. Wie alt bist du?
      Wenn ich allein in den spam-Ordner dieses Blogs schaue, ist da sehr viel von „Hot Girls“ drin – von „Hot Boys“ lese ich da nie was. Und auch der Film „Hot Girls Wanted“ funktioniert mit dem anderen Geschlecht kaum.
      Ich kann mir vorstellen, dass es in einzelnen Freundeskreisen anders zugehen mag – ich kann aber aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive bislang noch keinen Wandel wie den von dir beschriebenen wahrnehmen. Ich hab das zwar mit einer Anekdote ausgeführt in der Sendung, aber „Fuckability“ als Kategorie ist – das zeigt auch jüngst die Studie der MaLisa-Stiftung – weiterhin va für Frauen relevant.

      1. Nunja, die Kolleginnen von kleinerdrei haben damals „Magic Mike XXL“ ziemlich gefeiert in ihrem Podcast. Und ich glaube nicht, weil die Dialoge besonders tiefsinnig waren 😉

        Ich erinne mich auch an einen Podcast mit Constanze Kurz*, wo sie Frauenrunden erwähnt in denen recht „einseitig“ über Männer geredet wird.

        „Fuckability“ mag für viele Frauen keine Kategorie sein in der sie Leute einsortieren (auch für viele Männer nicht), aber im Grunde läuft die Wahl von Partnern trotzdem so ab – zusätzlich einiger anderer Faktoren.

        * wahrscheinlich mit C. Mierau im Gespräch über Tilo Jung

  6. Statt über Begrifflichkeiten zu diskutieren zurück zum Thema: wer erzieht auf welche Weise Mädchen zur sexuellen Verfügbarkeit?

    Gibt das Buch eine Antwort darauf oder ist der Titel einfach nur provokativ und verkaufsfördernd gewählt? Hat jemand das Buch schon gelesen?

    1. Das ist eine sehr gute Frage. Das Buch hat keine Antwort im Sinne von „Mütter“. Oder „Onkel, die verlangen, dass man ein Küsschen kriegen sollte“ – das letztere ist aber sehr wohl eine Geschichte darin. Und so setzt es sich zusammen aus vielen kleinen Geschichten und die sind jede für sich genommen auf den ersten Blick „harmlos“. Nichts daran ist wirklich „schlimm“, keine Vergewaltigung, alles scheint sehr „normal“ und das ist genau das, was in der Summe dann ein Muster ergibt.

      Caroline Rosales hat in diesem Buch jedoch fast gar keine feministische Theoretisierung vorgenommen. Sie ist einfach die weiße Mittelschichtsfrau, die sehr hübsch ist und es immer leicht hatte, die ihre Geschichten erzählt und versucht darauf aufmerksam zu machen, dass selbst bei der tollen Frau Rosales, die in Berlin Prenzlauer Berg lebt und sich mit hippen Künstlern rumtreibt, dass selbst bei ihr diese kleinen Momente im Leben sind – keiner wirklich schlimm, keiner wirklich traumatisch oder ein Fall für’s Gericht – die sie als Frau an ihre Rolle erinnern, sie darauf zurückwerfen und klar machen, wozu sie im Zweifel für alle Männer da zu sein hat.

      Man merkt es dem Gespräch auch an, finde ich: Es ist null Theoretisierung, nur Anekdoten und die Theorie liefere ja im Grunde die ganze Zeit ich und selbst ich war versucht zu denken: Da steckt aber nicht viel dahinter. DAS soll es jetzt gewesen sein?!?
      Aber genau DAS ist im Grunde die Falle, in den Caroline Rosales eineN mit Buch – und mich mit dem Gespräch – die ganze Zeit lockt: Dass man sie fast nicht ernst nehmen kann, weil es keine krasse #metoo-Geschichte ist, weil es bei ihr keine Armut wegen Alleinerzieherinnendasein oder etwas ähnlich sofort empörenswertes gibt – es ist, das hat Nils Pickert von den Pink Stinks sehr schön auf den Punkt gebracht, „Die Banalität des Sexismus“.

      Wer ist schuld? – Auch hier kann man die Sache einfach nicht festmachen – es ist wie der verdammte Pudding, den man nicht an die Wand nageln kann! Und glaube mir: Mich hat das nach dem Gespräch echt noch umgetrieben! Ich hab mich sogar gefragt, ob man das so senden kann. Und doch: Man MUSS es sogar so senden! Weil es nämlich DIE Erfahrung DES FEMINISMUS SCHLECHTHIN immer wieder ist, den Pudding nicht an die Wand nageln zu können, weil alles so subtil ist und man am Ende immer sagen kann: Jedes Mädchen, jede Frau hätte sich ja auch anders entscheiden, klarer „nein“ sagen, einfach fragen, sich wehren usw. können. Warum sind Frauen immer so lieb? – Müssen sie ja nicht! – Warum setzen sie sich nicht mehr durch? – Das müssen sie schon alleine schaffen, wenn sie es WIRKLICH wollen. – Ach, vermutlich WOLLEN sie halt einfach nicht… und so weiter… Warum? Weil so vieles von dem, was wir versuchen aufzuzeigen, wirklich in der Sozialisation von Kindern passiert und ganz subtil ist. Auch hier: Die Banalität des Sexismus – es ist so „harmlos“, es fällt den wenigsten Menschen wirklich auf. Kann alles nicht so schlimm sein. Aber wehe, es kommt mal eine und schreibt alle diese banalen Gegebenheiten geballt auf – wie Caroline im Buch, dann bleibt es einem auf einmal im Hals stecken. Oder wie hier auf twitter jüngst geschehen.

      1. „… die sie als Frau an ihre Rolle erinnern, sie darauf zurückwerfen und klar machen, wozu sie im Zweifel für alle Männer da zu sein hat.“

        Das Buch ist offenbar keine sozialwissenschaftlich fundierte Arbeit – so liest sich dein Kommentar. Wenn also die oben zitierte Sichtweise nicht begründet wird, dann halte ich Kritik an Rosales‘ These für gerechtfertigt.

        Schilderungen von Alltagssexismus sind absolut legitim. Und ich kann verstehen, wenn Frau Rosales genug hat vom plumpen Verhalten einiger Kerle. Aus diesen Erlebnissen ein gesellschaftliches Versagen abzuleiten, wenn es eigentlich um individuelles Fehlverhalten geht, finde ich jedoch etwas schwierig.

        1. Geht es denn um individuelles Fehlverhalten? Wirklich?
          Nein.
          Es gibt in der Tat viel Forschung zu diesen Fragen. Die Sozialwissenschaften, die Gender Studies, Wirtschaftswissenschaften, Geschichtswissenschaften usw… – sie alle konnten schon vielfach zeigen, dass es gesellschaftlich-kulturelle Normen gibt, die wirken. In Frau Rosales Buch ist das nicht drin. Da gibt es die literarische Form und ich-Perspektive. Aber wenn solche Anekdoten von vielen anderen Frauen erzählt werden, dann ist es relevant zu fragen: Warum? Und sie werden von vielen Frauen erzählt!
          Ich kann im Zusammenhang mit „sexuell Verfügbar“ nur das Buch von Natasha Walter, „Living Dolls“ empfehlen, die genau dem auch nachgeht.

          „Zwar glauben die meisten Frauen, sie hätten ihr Leben und ihre Sexualität selbstbestimmt im Griff, in Wirklichkeit aber reduzieren sie sich selbst immer mehr auf ihr Äußeres und sehen allein ihre Attraktivität als Schlüssel zum persönlichen Erfolg. Auf dieses Lolita-Schema werden die Mädchen schon in frühen Jahren festgelegt. Es gibt fast nur noch rosa Spielzeug für kleine Mädchen, süße »Prinzessinnen« tragen Miniröcke, hochhackige Schuhe und Lippenstift.“

          Und wissenschaftlicher: Cordelia Fine hat einmal die „Delusions of Gender“ auseinander genommen und gezeigt, dass unsere Stereotype sogar so weit gehen, dass die Rollen, die wir den Geschlechtern zuschreiben, sich auch in den Neurowissenschaften oder der Psychologie niederschlagen.
          Aber: Es wird eben auch besser und zwar weil Leute ihre Geschichten erzählt haben und Dinge nicht mehr unhinterfragt alles hinnehmen, was man früher alles „normal“ fand oder Dinge tat, „weil man die so macht“

          1. Danke für die Literatur Hinweise. Schau ich mir an.

            Allerdings zeigt das Zitat über Mädchen in Prinzessinen-Röcken und die Geschichte aus dem Twitter Link von dir, das offensichtlich Mädchen/Frauen aus sich selbst heraus diese Entscheidungen treffen oder auf ihre Töchter übertragen. Daher fällt es mir schwer an eine gesellschaftliche Manipulation (sprich: durch Kerle) zu glauben. Mag sich nach dem lesen der Bücher ändern … vielleicht 😉

    2. Habe gerade zu Ende gelesen. Das Buch gibt nicht mal im Ansatz eine Antwort. Es erzählt wirr aneinandergereihte Anekdoten, hilft aber nicht weiter. Insgesamt war ich sehr enttäuscht sowohl vom Schreibstil als auch vom Inhalt (keine neuen Gedanken )

  7. „Wir sind alle in der Mittelschicht aufgewachsen, vielleicht auch in der Oberschicht.“ (Minute 5:32). Hm, das hat mich irritiert. Wer ist dieses „wir“?! Im nächsten Satz dann „wir haben alle studiert.“ Hmmmmm. Also vielleicht ist das die Prenzlauer-Blase, oder?

    Ansonsten kann ich mich den anderen Kommentatorinnen anschließen, hätte mir mehr Argumente für die These der sexuellen Verfügbarkeit gewünscht, mir war das zu anekdotisch + noch nicht evident. Finde die größeren Zusammenhänge & Einordnungen immer sehr spannend + bin da vom Lila-Podcast sicher auch verwöhnt. 🙂

    Zur Werbung: Interessantes Produkt, die Ooshis, aber warum sollte das die C02-sparendste Methode sein? Ich denke, Stoffbinden aus Biobaumwolle sind mindestens genau so nachhaltig wie Ooshis aus konventioneller Baumwolle…

    1. So ging es mir auch. „Wir“ haben nicht alle studiert und sind nicht alle in der Mittelschicht (mit Vätern, die uns verteidigen) aufgewachsen.
      Musste mich nach der Einleitung etwas zwingen weiterzuhören.

      1. Ich habe jetzt hier die Kommentare ein bisschen verfolgt und stimme vor allem euch zu. „Wir“ haben nicht alle studiert und unter Studierenden scheint es manchmal so zu sein, dass komplett vergessen wird, dass es auch noch andere eben so wertvolle Lebensentscheidungen gibt.
        Ein Ausbildung ist keine Schande, ich wurde aber schon so angeguckt, als wäre es das.
        Ich habe vom Buch ein Rezensionsexemplar bekommen und beschreibe es vorrangig als voller Widersprüche. Das hat sich jetzt im Nachhinein mit allen Interviews, die Caroline Rosales so gibt, nochmal verstärkt.

      2. So ging es mir auch. Ich studiere zwar, aber ich sehe es nicht als selbstverständlich an. Es gibt ja sehr viele andere und viele wichtige Berufe, wo man nicht studiert.
        Mich hat eher der Teil „alle in der Mittelschicht (mit Vätern, die uns verteidigen) aufgewachsen“ irritiert.

        1. Ah noch was. Als sieses dieses wir… sagte, hatte ich das Gefühl, dass sie wohl zu denken scheint, dass nur solche Menschen Bücher kaufen und lesen und alle anderen dadurch nicht erwähnenswert sind.

    2. Es geht – denke ich – in der Tat darum, dass sie für diese Frauen steht und spricht. Diese privilegierten, weißen Mittelschichtsfrauen. Wir lesen einen Bericht, wie eine von ihnen trotz aller „super“ Umstände und Voraussetzungen und ohne klar traumatische Erlebnisse am eigenen Leib die strukturelle Rolle der Frau als „verfügbares Objekt der Begierde des Mannes“ erlebt. Ganz ohne feministische Theoriebildung vorher genossen zu haben. Ganz ohne Soziologie- oder Gender-Studium – eine, die bei der Funke Mediengruppe arbeitet… Und vielleicht ist genau DAS der spannende Aspekt an Buch und Bericht, dass auch in dieser „sorglosen“ Prenzlberg-Blase der Sexismus sich bemerkbar macht – so, wie eben auch in der Filmbranche (#metoo), in der Politik und überall.

      Ich finde, dass Nils Pickert es wirklich auf den Punkt bringt mit seinem Satz:
      „Was Rosales da anpackt sind alles andere als heiße Eisen. Aber genau deshalb erlauben sie, nein erzwingen sie die Frage, was das eigentlich alles mit einem selbst zu tun hat. Mit mir zu tun hat. Auch und gerade als Mann.“ und weiter: „Es [das Buch] ist immer dann am stärksten, wenn es die eigene bildungsbürgerliche Privilegierung detailliert ausstellt – auch und gerade auf die Gefahr hin, dabei gewöhnlich zu wirken.“

  8. Ich finde nicht, dass Äußerungen wie sexy oder hot gleich bedeutend sind mit sexueller Verfügbarkeit. Wahrscheinlich steht dahinter der Wunsch oder die Vorstellung dieser Person sexuell nahe zu kommen, aber es ist meiner Meinung nach keine Erwartung.
    Was ich viel schwieriger finde ist die Kategorisierung die dabei statt findet. Meiner Erfahrung nach unterscheiden viele heterosexuellen Männer zwischen den „guten“ Frauen und den Schlampen. Und diese Unterscheidung führt dazu, dass man, sobald man zur Kategorie Schlampe gehört abgewertet wird.
    Die sexuell kompenente bei Schlampen steht im Vordergrund und andere Aspekte ihrer Persönlichkeit sind kaum von Bedeutung. In meinen Augen eine Form des slutshamings, da sie auf einen Aspekt (Aussehen oder Promiskuitivität) reduziert werden.
    Im. Prinzip werden die Frauen aus der Kategorie Schlampe instrumentalisiert. Die Unterscheidung zwischen „guten“ Frauen und Schlampen machen aber nicht nur Männer, wie in dem interwie auch angesprochen wurde. In den Vorstellungen vieler Menschen scheint es zum Beispiel schwer vorstellbar zu sein, dass eine promiske Frau auch eine gute Mutter sein kann. Frauen die gerne viel Sex haben werden also in andern Bereichen automatisch abgewertet.

Schreibe einen Kommentar zu A. Settergreen Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert