Lila093 Paragraph 219a vs. sexuelle Selbstbestimmung – wir müssen über Abtreibung sprechen

Letzte Woche fand die Bundestagsdebatte zum Paragraphen 219a statt, tags darauf hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung zur Fachkonferenz geladen. Zwischen den Forderungen der Gäste dort und manchen Reden im Bundestag liegen Welten – wir ordnen ein.

In dieser Folge debattieren Barbara und Katrin über das geltende Strafrecht zum Thema Schwangerschaftsabbruch. Mit vielen Stimmen aus der Bundestagsdebatte, mit einem Kommentar von Prof. Dr. Davina Höblich, sie ist die Vorsitzende des Bundesverbandes pro familia e.V., einem Wunsch von Dr. Kristina Hänel, die wegen Paragraph 219a verurteilt wurde und mit Ines Scheibe, die als Beraterin Schwangerschaftskonfliktberatung des HVD täglich vor sich sieht, welche Probleme und Gesundheitsrisiken durch die strafrechtliche Regelung zu entstehen drohen.

Am Ende hat die Barbara einen Buchtipp für euch: Wege zum ‚Nein‘, herausgegeben von Sina Holst und Johanna Montanari.

Ein Riesendank geht an Swinka und bno für unser schickes neues Intro!

Links und Hintergründe

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14 thoughts on “Lila093 Paragraph 219a vs. sexuelle Selbstbestimmung – wir müssen über Abtreibung sprechen”

  1. Ich höre gerade eure Sendung zu sexueller Selbstbestimmung und §219a. Ich finde es kommt völlig zu kurz, dass es Menschen gibt, die sich für eine Abtreibung entscheiden, weil sie einfach kein Kind wollen (!!). Daraus resultiert auch, dass es durchaus Menschen gibt für die ein Schwangerschaftsabbruch nicht super lebensprägend ist. Ich kann auch ökonomisch bestens abgesichert sein und trotzdem abtreiben und froh damit sein. Das ganze ist meiner Meinung nach nur so ein „krasses Ding“, weil Mensch sich dem ganzen Prozess mit Gespräch und Fragen aussetzen muss und es fehlt die Balance zwischen „es ist was ganz schlimmes. Ein Tabu.“ und dem Zukunftshorrorszenario „klicke hier um abzutreiben.“ Das gesellschaftliche Klima und die Gesetzeslage sind so, dass mensch sich möglichst unwohl mit einem Abbruch fühlen soll. Ein anderer Umgang kann auch dazu führen, dass nicht mehr tabuisiert wird, dass es auch eben Menschen gibt, die abtreiben, weil sie einfach kein Kind wollen und für die es auch nicht total emotional prägend ist.

    Trotzdem cool, dass ihr euch dem Thema annehmt. Ich höre euch gerne zu!

  2. Ich empfinde das ähnlich wie Toni, auch mir kam das „einfach keine Kinder wollen“ etwas zu kurz.
    Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass es Frauen gibt, die einfach keine neunmonatige Schwangerschaft mit anschließender Geburt wollen, die Vorstellung vielleicht schrecklich und gruselig finden… (weil ja von den selbsternannten „Lebensschützern“ immer wieder das Argument kommt, dass Frauen die Kinder ja austragen und dann zur Adoption freigeben könnten).
    Ansonsten wie immer super und sehr informativ. Übrigens liebe ich euer neues Intro!

  3. Hallo, ich habe mich erst vor kurzem in die Thematik rein gewühlt . Verzeiht mir, wenn ich ggf. Begriffe nicht korrekt verwende.
    Mein Kommentar ist eigentlich nicht Folegnbezogen, sondern recht allgemein. Aber ich habe keine Stelle für allgemeine Kommentare gefunden deshalb hier 🙂

    Ich finde Feminismus und Antisexismus ist eine super Sache. Und ich wollte ein wenig Input dazu geben, wie man auch mehr Männer davon begeistern könnte. Da sich der Wandel natürlich umso schneller vollzieht, je mehr Leute dabei sind.

    Ich wollte da aus meiner eigenen Erfahrung berichten, dass ich mich häufig angegriffen fühle wenn über „das Patriarchat“ gesprochen wird oder es wieder einen Artikel über übergriffige Männer gibt.
    Und da möchte ich die Schuld gar nicht auf die Artikel schieben, sondern eher auf die menschliche Tendenz emotional zu reagieren.
    Und in den meisten Fällen auch noch dazu, dieses Gefühl gar nicht erst wahrzunehmen und zu hinterfragen, sondern direkt in die Verteidigung oder in den Gegenangriff zu gehen.

    Also nur als Einblick, ich glaube viele Männer fühlen sich schnell angegriffen, ob sie sich viel oder sehr wenig vorzuwerfen haben. Und daher kommen dann auch diese defensiven Aussagen wie „Darf man einer Frau jetzt nicht mal mehr mehr die Tür aufhalten“ oder ähnliches.
    Das sind eigentlich keine wirklichen Gegenargument, sondern verunsicherte Versuche sich zu verteidigen.

    Ich würde daher ein paar Ideen und Gedanken vorstellen, wie man diese „wir gegen die“ Situation vermeiden kann. Jedoch kann ich auch verstehen, dass manche Menschen ihren Unmut einfach mal zum Ausdruck bringen wollen ohne Rücksicht auf Diplomatie. Und nicht einsehen, wieso sie sexistischen Leuten, Feminismus schmackhaft machen sollten.
    Meine Ansätze sind da eher sehr pragmatisch:

    Ich denke, dass viele Männer mit Feminismus Männerhass und Ablehnung verbinden. (Siehe Youtube oder Google Suche)
    Und eine riesige Angst davor haben, bevor sie sich wirklich mal 15 Minuten am Stück Gedanken über das Thema machen.
    Also wäre es doch super, wenn das Bild vermittelt wird, dass anti Sexismus auch dafür steht, dass Männer sich vom Druck der Rollenbilder frei machen können.
    – Nicht die Orgasmus Bringer sein müssen
    – Nicht das Geld haben müssen
    – Nicht immer die Entscheidung treffen müssen
    – Nicht immer die Orientierung haben müssen
    – Weinen dürfen
    – Nicht immer stark sein müssen
    – Nicht immer Mutig sein müssen
    – Darauf stehen dürfen unterwürfig zu sein oder sich dominieren zu lassen.
    – Nicht die umwerbenden sein müssen. Also die Frauen ansprechen müssen.
    – Nicht immer der emotionale Fels in der Brandung sein müssen

    Meine Freundin ist feministisch aktiv, und ich genieße es zu wissen, dass ich keinem Männerbild entsprechen muss.
    Ein Kumpel von mir wurde von einer Frau nach seiner Handynummer gefragt und von ihr zum essen eingeladen.

    Ich möchte damit nicht sagen, dass jeder jetzt rumrennen soll und Männer den Feminismus schmackhaft machen soll, indem er/sie ihnen alles Recht macht.
    Ich wollte nur Aufmerksamkeit dafür schaffen, dass der Feminismus bei vielen ein deutlich besseres Bild haben könnte, ohne sich dafür verstellen zu müssen.

    Zudem könnte in vielen Dabatten deutlich diplomatischer gehandelt werden. Hier ein Beispiel.
    Jemand sagt: „sei doch keine Pussy“.
    Emotionale Reaktion: „hey, das ist voll sexistisch“
    Genauso wird das gegenüber emotional handeln, sich angegriffen fühlen.
    Man landet in einer Diskussion oder Streitgespräch und die Wahrscheinlichkeit, dass der oder diejenige ihren Sprachgebrauch ändert ist extrem gering.

    Besser wäre meiner Meinung nach folgende Reaktion.
    „Ich weiß du meinst das nicht böse, aber es ist doch scheiße, wenn man das Geschlechtsteil von jemandem als Beleidigung benutz, oder etwa nicht ?“
    Damit gibt man dem/der anderen den Raum selber auf die Lösung zu kommen, und zwingt ihn/sie nicht dazu sich verteidigen zu müssen.
    So ist die Menschliche Psychologie meiner Meinung nach 90% der Fälle Aufgebaut.
    Diesen Ansatz und viele mehr habe ich aus dem Buch „Wie man Freunde Gewinnt“ (Ich weiß, der Titel klingt voll arm) ,das meiner Meinung nach jeder Mensch und vor allem diejenigen, die Leute von etwas überzeugen wollen, gelesen haben sollte.
    Auch das Buch „gewaltfreie Kommunikation“ ist zu empfehlen 🙂

    Das ist mein gut gemeinter Beitrag 🙂
    Ich hoffe irgendjemand kann damit was anfangen.

    Liebe Grüße,
    Lennart

  4. Hallo,

    danke für diesen informativen Podcast. Hier noch eine Notiz zur Rhetorik mancher Politiker:

    Wenn ich höre, dass Leute Wörter benutzen wie „das ungeborene Kind“ und „das Recht auf Leben“ im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen, dann finde ich das nicht der Sachlage entsprechend.

    Die Sachlage ist doch die, dass eine befruchtete Eizelle kein Mensch ist, sondern ein Zellhaufen. Zunächst handelt es sich nicht um ein „Kind“ sondern um eine Struktur bei der sich bis zur 18. Woche keinerlei Schmerz-Reaktion nachweisen lässt, geschweige denn einer Schmerz-Wahrnehmung.[1]

    Wenn dann Leute sagen, dass dieser „Zellhaufen“ Rechte hätte, finde ich das bizarr. Und wenn diese Leute dann diesem unempfindsamen etwas so viel Bedeutung zuschreiben, dass die Gesundheit und das Leben des Trägers dahinter zurück zu stehen hat, dann finde ich das absurd!

    Bitte hört damit auf einen Embryo zu einer Person zu erheben. Danke.

    Paula

    [1] http://www.svss-uspda.ch/de/facts/biologie.htm

  5. Vielen Dank für diese wichtige Folge.

    Ich hatte selbst vor einigen Jahren einen Schwangerschaftsabbruch und finde es unzumutbar wie schwer es frau gemacht wird, eine informierte Entscheidung zu treffen. Weder mein Gynäkologe, noch die Familienberatungsstelle konnte mir auf Nachfrage medizinische Informationen zum Thema geben. Mir wurde geraten meine Fragen dann an die durchführende Ärztin zu richten. Ich hatte weder Mitspracherecht bei der Wahl der Ärztin, noch was die Methode angeht. Stattdessen wurde ich einfach an ein Krankenhaus überwiesen. Auch dort wollte niemand Fragen beantworten und die durchführende Ärztin ist mir nie außerhalb der Narkose begegnet. Erst nach dem Eingriff wurde mir endlich gesagt, welche Methode überhaupt angewandt wurde.

    Allein die Vorstellung solche Bedingungen wären im gesamten Gesundheitswesen an der Tagesordnung und vom Gesetzgeber gewollt ist verrückt. Warum also in diesem Bereich. Egal wie die Moralvorstellungen mancher Leute aussehen mögen, ist und bleibt es ein medizinischer Eingriff und da sollten doch gewisse Standards gelten.

    Abtreibungsgegner berufen sich oft auf die Würde des Menschen. Ich finde dabei darf man nicht vergessen, dass auch ungewollt schwangere Frauen ein Recht auf Menschenwürde haben. Und diese sehe ich stark gefährdet, wenn man sie entweder zwingt eine Schwangerschaft auszuhalten oder unzureichend informiert eine Straftat zu begehen, die gütigerweise nicht verfolgt wird.

    Eigentlich finde ich es gut, dass jede Frau erst an einer Konfliktberatung teilnehmen muss. Wenn sie allerdings, wie in meinem Fall, nur daraus besteht, dass mir erklärt wird wo ich alles Gelder beantragen könne, wenn ich das Kind doch bekomme, dann muss ich auch daran zweifeln.

  6. Liebe Barbara, liebe Katrin,
    wieder ganz herzlichen Dank für euer gute Folge.

    An einer Stelle würde ich gerne einen Gedanken einbringen. Ihr fordert, dass die Entscheidung, wann Leben anfängt, und wann es aufhört, eine private bzw. familiäre Entscheidung ist und nicht in die Politik gehört. Ich kann eure Gedanken nachvollziehen und finde sie richtig, und trotzdem muss ich vehement widersprechen. Ich möchte das an zwei Beispielen verdeutlichen, von denen ich mir recht sicher bin, dass ihr das nicht möchtet, was aber eine Konsequenz aus „private/familiäre Entscheidung“ sein könnten:

    Ein*e Ehepartner*in könnte beschließen, dass das Leben des*der Partners*in zu Ende ist. Ein bisschen Gift und der*die Partner*in entschläft ohne Schmerzen. Gründe dafür kann es viele geben: Eifersucht, Erbschaft, komplizierte Pflege etc.
    Bei der Patient*innenverfügung entscheidet eben der*die Betroffene selber und nicht die Familie. Und wenn keine Patient*innenverfügung vorliegt und der*die Betroffene selber nicht mehr gefragt werden kann, müssen die Angehörigen so entscheiden, wie der vermeintliche Wille des*der Betroffenen ist und nicht ihr eigener.
    Am Lebensende sind solche Entscheidungen vielleicht möglich, am Lebensanfang sicherlich nicht. Diskutiert werden kann eigentlich nicht „Wann fängt das Leben an“, denn das ist biologisch eindeutig: Auch eine unbefruchtete Eizelle und ein Spermium leben. Wir diskutieren also immer darüber, ab wann wir uns in dieses Leben einmischen. Und da ist die Spanne gewaltig. Diskutiert wird Ejakulation (ich denke an die christliche Idee, die Sex und Masturbation ohne Zeugungsabsicht ablehnt), Zeitpunkt der Befruchtung, Empfindungsfähigkeit des Embryos, Überlebensfähigkeit oder Geburt. Ein Person könnte privat dann das für sie richtige Kriterium auswählen. Warum nimmt man nicht statt „überlebensfähig“ „alleine überlebensfähig“? Kinder sind auch im Alter von einem Jahr nicht alleine überlebensfähig. Eine Person könnte also ihr Kind auch noch zwei Monate nach der Geburt töten, weil es nicht alleine überlebensfähig ist. Die Person müsste es noch nicht einmal aktiv töten. Einfach im Bett liegen lassen und lange genug aus dem Zimmer gehen würde ausreichen. Im Gegensatz zu einem Menschen in den ersten Schwangerschaftswochen, der nur eine sehr ungenaue Prognose abgeben kann, wie er mit dem Kind klar kommt, kann die Person diesbezüglich eine fundiertere Position haben. Auch hat sie durch die Kindstötung praktisch bewiesen, dass sie mit einem Kind überfordert ist und das nicht nur vermutet.
    Ich denke, die meisten halten das zweite Beispiel für völlig überzogen und verweisen auf den wichtigen Unterschied zwischen „überlebensfähig“ und „alleine überlebensfähig“. Ich möchte daran erinnern, dass wenn ein Kind möglicherweise behindert geboren würde oder das Leben der Mutter gefährdet wäre auch heute schon Abtreibungen zu Zeiten möglich sind, die deutlich hinter dem Zeitpunk „überlebensfähig“ liegen. Und ist der Zeitpunkt „Geburt“ nicht auch nur ein willkürlich festgelegter Zeitpunkt? Weshalb darf ich ein Kind einen Tag vor der Geburt abtreiben, einen Tag danach komme ich vielleicht ins Gefängnis? Hat sich tatsächlich so viel geändert? Warum also nicht die Grenze auf „alleine überlebensfähig“ legen?
    Tatsächlich ist es noch nicht so lange her, dass regelmäßig Kinder nach der Geburt „gehimmelt“ wurden. Und bei der Suche nach dem Begriff bin ich über einen Artikel gestolpert, in dem über Wissenschaftler berichtet wird, die die Legalisierung eine Tötung auch nach der Geburt vorschlagen. (Link siehe unten.) Mein Beispiel scheint weniger überzogen zu sein, als ich selber gedacht habe und meine Liste, was diskutiert wird (von Ejakulation bis Geburt) ist damit zu kurz.

    Ich denke, wir kommen nicht darum herum, diese Thematik immer wieder in der Gesellschaft zu diskutieren, Regeln festzulegen und diese von Zeit zu Zeit anzupassen. Das sollte natürlich so gewissenhaft wie möglich geschehen, aber letztendlich bleiben es immer willkürlich festgelegte Grenzen, egal für wie viele Tage nach der Empfängnis oder vor/nach der Geburt man sich entscheidet. Es ist nachvollziehbar, dass das auch als übergriffig empfunden werden kann, aber die Alternative „privat“ halte ich für nicht möglich.

    Dank euch kann die Gesellschaft zu dieser Frage eine fundiertere Position beziehen.

    Artikel: https://www.focus.de/familie/geburt/forscher-rechtfertigen-toetung-neugeborener-legaler-kindsmord_id_2450059.html

  7. Liebe Kathrin und Barbara,
    vielen Dank für diese spannende und informative Folge. Ich habe noch eine kleine Ergänzung was die katholische Schwagerschaftskonfliktberatung betrifft: Das war nämlich vor 20 Jahren ein ziemlicher gesellschaftlicher Skandal (nicht nur) in der katholischen Kirche. Und ist auch ein schönes Beispiel für die erfolgreiche Rebellion katholischer Frauen. Und die Feigheit katholischer deutscher Bischöfe. Vor 20 Jahren wurde die deutsche katholische Kirche von Papst Johannes Paul zum Ausstieg aus der Schwangerschaftskonfliktberatung genötigt. Oder vielmehr sie „durften“ gerne weiterhin beraten, aber natürlich nicht ergebnisoffen, sondern nur um die Frau dahin zu bekommen das Kind doch zu bekommen. Und natürlich sollten sie keine Beratungsscheine mehr ausstellen, da diese ja die Vorausetzung für eine Abtreibung sind. Den Beraterinnen stank das natürlich gewaltig, da auf dieser Basis ja gar kein Vertrauensverhältnis in einer Beratung entstehen kann. Also machten sie sich unabhängig von der Amtskirche und gründeten als katholische Laien den Verein „Donum Vitae“. Und zogen sich damit den Zorn der Amtskirche zu. (Dadurch waren sie mehr oder weniger geächtet, durften z.B. keine kirchlichen Ämter übernehmen) Ihre Beratungen führten sie dann nach wie vor ergebnisoffen und auch mit Beratungsschein. Letzte Wendung der Sache: Ende Januar machte die Kirche eine Kehrtwendung und beschloss Donum Vitae wieder in die Kirche aufzunehmen und die Ächtung aufzuheben.
    ttps://www.br.de/themen/religion/donum-vitae-ueber-nacht-katholisch-kommentar-100.html
    Viele Grüße
    Christiane

  8. Liebe Barbara, liebe Katrin,
    ich habe heute Euren aktuellen Podcast gehört. 48 Minuten der Sendung haben mir gut gefallen, aber an einer Stelle habe ich mich sehr geärgert.

    Es geht um das Thema Schwangerenkonfliktberatung und katholische Kirche. In Minute 33 erwähnst Du, Barbara, den Verein Donum Vitae mit dem Zusatz, dass der „eher katholisch“ sei, und stellst ein paar Sekunden später die Behauptung auf, die katholische Schwangerenberatung richte sich danach, welchen Kurs der geweilige Papst gerade vorgibt. Damit suggeriest Du zum einen, dass Donum Vitae sich in seiner Beratung nach den Vorgaben der katholischen Kirche und des Papstes richte, und zum anderen, dass in der katholischen Kirche allein der Wille des Papstes zähle, nach dem sich alle Beratungsangebote ausrichten. Das eine wie das andere ist falsch, denn…
    …Donum Vitae ist ein Verein, der 1999 von katholischen und anderen Christ*innen als Reaktion auf den Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung gegründet wurde. Er ist finanziell und vereinsrechtlich eigenständig und hatte gerade in seinen Anfängen zahlreiche Konflikte mit der katholischen Kirche auszutragen. Denn die Gründer*innen wollten nicht hinnehmen, dass katholische Beratungsstellen keine Beratungsscheine mehr ausstellen dürfen, die einen Schwangerschaftsabbruch ermöglichen. Ihnen war und ist es wichtig, dass Frauen sich auf der Grundlage eines christlichen Menschenbildes beraten lassen können und dabei die Wahlfreiheit haben, sich für oder gegen die Fortsetzung der Schwangerschaft zu entscheiden. Mehr Informationen gibt es unter http://www.donumvitae.org.
    …Beratungsstellen der katholischen Wohlfahrtsverbände (z. B. Caritas, skf) und der Bistümer richten sich in ihrer Beratungsarbeit nicht nach dem Willen des Papstes, sondern arbeiten auf der Grundlage eines christlichen Menschenbildes. Das ist ein lebensbejahendes, weshalb in der Schwangerenberatung logischerweise auf das Leben hin beraten und den Frauen, Männern und Paaren Unterstützung für die Zeit der Schwangerschaft und nach der Geburt angeboten wird. Falls sich die Betroffenen dennoch für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, werden sie nicht verteufelt, sondern an solche Beratungsstellen weitergeleitet, die einen Beratungsschein ausstellen dürfen. Auch die katholischen Beratungsstellen geraten immer mal wieder in Konflikt mit der Kirche, weil sie unter christlich etwas anderes verstehen als die offizielle katholische Lehre. Da sie finanziell abhängig sind, können sie aber nur bedingt eigene Wege gehen. Das jedoch machen sie und bewirken damit manchmal sogar eine Veränderung im Denken der „Oberen“. Wer mehr darüber erfahren will, gibt am besten die Stichworte Schwangerenberatung+caritas oder +skf in eine Suchmaschine ein.

    Mein Ärger über diese kurze Stelle im Podcast ist gekommen, weil ich zu oft erlebe, dass pauschal, undifferenz und falsch über das Engagement katholischer Christ*innen in katholischen Verbänden und Einrichtungen berichtet wird. Viele von ihnen sind mit vielem, was die offizielle Kirche sagt, nicht einverstanden. Sie positionieren sich dagegen, sagen ihre Meinung und versuchen, Dinge zu bewegen. Das gilt übrigens auch für die Frauenarbeit. Ich würde mich freuen, wenn Ihr im Lila Podcast hier demnächst etwas besser recherchiert und ein differenziertes Urteil fällt.
    Vielleicht habt Ihr ja auch einmal Lust, eine eigene Sendung über Frauenarbeit in der katholischen Kirche zu machen? Als Ansprechpartner*innen empfehle ich den Katholischen Deutschen Frauenbund (www.frauenbund.de), die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (www.kfd.de) oder das Theologinnenforum AGENDA (www.agenda-theologinnen-forum.de). Ihr werdet überrascht sein, wie viele feministische Gemeinsamkeiten ihr finden werdet.

    Herzliche Grüße, Ulrike

  9. Die Duplizität der Ereignisse… Christiane und ich haben uns nicht abgesprochen ;-). Danke für die aktuellen Informationen zu Donum Vitae, die hatte ich auch noch nicht.

  10. Liebe Moderatorinnen,

    Ich bin eine Person, die vor nicht allzulanger Zeit einen Schwangerschaftsabbruch durchgemacht hat und ich fühle mich in diesem Podcast überhaupt nicht repräsentiert. An erster Stelle möchte ich betonen, dass die übliche Paranoia, wenn die Menstruation mal ein paar Tage später kommt und die damit verbunden hypothetischen Gedankenspiele nicht mal ansatzweise an die Realität wirklich ungewollt schwanger zu sein herankommen. Diese Paranoia hat wohl jede heterosexuelle weiblich gelesene Person immer mal wieder in ihrem Leben. Auch ich dachte, dass ich meine hypothetischen Entscheidungen für oder gegen die Fortsetzung einer ungewollten Schwangerschaft auch im Fall der Fälle so umsetzen würde. Dem war überhaupt nicht so! Es war die schlimmste Zeit meines Lebens und die Entscheidung ist so komplex und durch so viele gesellschaftliche und persönliche Ideale geprägt, dass mensch das nicht auf ein paar Parameter runterbrechen oder rationalisieren kann.

    Ich finde es naiv und anmaßend die Perspektive dieser Personen einnehmen zu wollen ohne im Beitrag wirklich mit Betroffenen zu sprechen. Diese Debatte sollte unbedingt und explizit mit Personen geführt werden, die einen Schwangerschaftsabbruch erlebt haben.

    Desweiteren bin ich mit der Aussage, dem System, das es nicht unterstützt viele Kinder zu haben, die maßgebliche Schuld an der Entscheidung gegen ein Kind zu geben, nicht einverstanden. Die Tatsache an sich möchte ich nicht bestreiten, allerdings wird das bei den wenigsten Personen, die ungewollt schwanger sind, das Hauptargument gegen die Schwangeschaft sein. Das wäre zu simpel und zu kurz gedacht. Eine Schwangerschaft ist mit so viel Emotionalität und sozial konstruierten Erwartungen und Idealen aufgeladen, dass ein rationaler Parametern als einziger Grund nicht ausreicht.

    Mit keinem Wort wurde außerdem erwähnt, dass es auch Personen geben kann, die sich gegen eine Schwangerschaft entscheiden, weil sie einfach keine Verantwortung für einen anderen Menschen übernehmen und frei sein wollen. Und, dass das auch vollkommen in Ordnung und von niemandem zu hinterfragen ist. In diesem Podcast wurde viel über existenzielle Sorgen gesprochen. Warum reicht es nicht zu sagen „Nein, ich will diese Schwangerschaft nicht.“ und das einfach mal zu akzeptieren ohne eine Rechtfertigung zu provozieren. Das bedeutet für mich wahre Selbstbestimmung.

    Zudem finde ich die Verwendung des Begriffs „ungeborenes Kind“ problematisch. Er ist sozial konstruiert und hoch emotional aufgeladen. Er personalisiert einen Zellhaufen, der nicht mehr ist als ein Zellhaufen und die jeweilige emotionale Bedeutung, die die schwangere Person im beimisst, ist. Jedoch sollte das nicht noch befeuert oder verstärkt werden, indem selbst in feministischen und aufgeklärten Kreisen diese Assoziation ständig verbal bestärkt wird. So macht man es der schwangeren Person nicht leichter, sondern eher noch ein zusätzliches schlechtes Gewisen.

    Bei diesem hochemotionalen und wirklich sehr indiviudellen Thema erwarte ich einen reiferen und unvoreingenommeneren Umgang als in diesem Podcast.

    1. Hallo Amanda,
      danke für die Kritik, die ich mir sehr zu Herzen nehme.
      Ich habe vor ein paar Wochen eine zweite Sendung zu dem Thema hier veröffentlicht – leider auch ohne die Perspektive einer Frau, die abgebrochen hat, aber ich habe versucht, nicht nur an dem Thema dran zu bleiben, sondern auch weitere Aspekte des Themas und der krassen Verschiebung des Diskurses hierzulande damit zu beleuchten.
      Nichtsdestotrotz bleibt deine Kritik natürlich richtig: wir konnten in unserem persönlichen Gespräch nicht alles abdecken, was wichtig zu sagen wäre. Das ist ein Anspruch, den wir so gut es geht zu erfüllen versuchen – aber mit unseren Mitteln an Zeit und Geld nicht immer erreichen.
      Dass der Begriff “ungeborenes Leben” problematisch ist, schrieb auch jemand als Kommentar unter die aktuelle Sendung. Mir war das schlicht nicht bewusst – es ist auch kein Begriff, der bei mir in der genannten Form als Framing funktioniert. Bei anderen aber vielleicht eben doch.
      Gleichzeitig ist es der Begriff, der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts benutzt wurde, um die Gesetzeslage zu rechtfertigen, dass jede Frau verpflichtet ist, das Kind auszutragen. Auch so eine Tatsache, die vielen einfach nicht bewusst ist, fürchte ich.
      Der Streit um den Beginn des Lebens ist – da bin ich mir dennoch sicher – keiner, der irgendwohin führt, das sagte ich ja auch in der Sendung.
      Also nochmal danke. Für mich steht fest, dass wir das Thema immer wieder setzen müssen, solange wir gesellschaftlich ein Klima gegen den Abbruch haben. Beim nächsten Mal gelobe ich Besserung.

      Schöne Grüße,
      Katrin

  11. Nachtrag: Das Argument, dass 70 Prozent der ungewollt Schwangeren sich ja eh für das Kind entscheiden würden und deshalb Abtreibung kein Massenpänomen oder keine leichtfertige Entscheidung sei und Lebensschützende sich deshalb mal entspannen sollten, erscheint mir etwas heuchlerisch. Selbst wenn alle ungwollt Schwangeren sich für einen Abbruch entscheiden würden, wäre das immer noch ihr gutes Recht und nicht in Frage zu stellen.

  12. Hallo Kathrin,

    Danke für deine schnelle und konstruktive Antwort. Ich freue mich sehr, dass meine Perspektive anklang findet und höre gerne weiterhin euren Podcast. Natürlich seid ihr auch nicht perfekt und habt begrenzte Kapazitäten, dennoch war es mir wichtig diese Punkte anzusprechen, weil ich mich in dieser Debatte oft so sehr verloren und übersehen fühle.

    Schöne Grüße zurück,
    Amanda

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