In dieser Folge des Lila Podcasts sprechen Barbara Streidl und Susanne Klingner über zwei wichtige Debatten, in denen es äußerlich um Sport und Politik gibt. Innerlich geht es um den Platz von Frauen in unserer Kultur: Darf eine Sportlerin auch Mutter sein in der Öffentlichkeit? Darf sie ihr Baby „während der Arbeit“, also in den Pausen eines Marathonlaufs, stillen? Und muss eine Frau ertragen, dass derjenige, der zu einem der höchsten Richter der Vereinigten Staaten ernannt wird, ihr Beinahe-Vergewaltiger ist?
Daneben gibt es Hinweise auf zwei neue Online-Archive, das „Digitale Deutsche Frauenarchiv“ und die neue Sammlung an Nachrufen über Frauen der New York Times.
Links und Hintergründe:
Der erwähnte Text bei piqd von Nils Pickert über das Interview von Hannes Vollmuth mit Sophie Power in der SZ:
Nils Pickert hatten wir auch mal beim Lila Podcast
Sehr guter Kommentar im New Yorker zum Schauspiel von letztem Freitag
Noch ein sehr guter Kommentare (satirisch) in der Washington Post, der White Male Privilege und Entitlement auf den Punkt bringt:
Die Gegenüberstellung, wie gut die beiden die Fragen beantwortet haben, war auch bei Vox.com
Der Hinweis zum Film „Sixteen Candles“ über die „Rape Culture“
Es wird jetzt tatsächlich eine FBI-Untersuchung geben, war eigentlich unwahrscheinlich, möglicherweise haben diese Frauen einen großen Teil beigetragen, weil Senator Jeff Flake nicht einfach mit Ja gestimmt hat, sondern für eine Untersuchung war
Dieser Text beschreibt noch mal sehr schön, wie sehr sich manche davon überfordert fühlen, dass Frauen, Farbige, Homosexuelle tatsächlich gleiche Rechte wollen – wie jung das alles noch ist
„Overlooked“ von der New York Times: Nachrufe über Frauen
Im Juli wurde der Theatermacher Frank Castorf gefragt, warum es unter „seiner Intendanz so wenige Regisseurinnen gegeben habe. Castorf hat das mit Fußball verglichen – und zusammengefasst, er hätte selten erlebt, dass eine Frau besser sei als ein Mann.
Was schon ein gewaltiger Hammer ist.
Im Rahmen von #metoo ist in den letzten Monaten viel auch über das Machtverhältnis von Frauen und Männern am Theater diskutiet worden. Einige Initiativen sind bekannt geworden, etwa die über „Mehr Solidarität am Theater“ oder das erste Treffen der Theatermacherinnen in Bonn. Frauen am Theater – Menschen am Theater – darüber hat Barbara Streidl mit Stefanie Beckmann gesprochen. Beckmann hat als Dramaturgin gearbeitet und berät heute Kunst- und Kulturschaffende.
Nina Brochmann, Ellen Stokken Dahl: Viva la Vagina! Alles über das weibliche Geschlecht. S. Fischer, 2018.
Dazu passt der schöne Kunstband „Vibration Highway“ von Andrea Éva Györi, erschienen in der Edition Taube, 2018.
Hat es nicht mehr in die Sendung geschafft, passt aber gut zum Thema:
Die Studie, die Maria Furtwängler mit ihrer MaLisa-Stiftung im Juli 2017 präsentiert hat: Frauen sind deutlich unterrepräsentiert im Fernsehen und im Kino, als Expertinnen, bei Informationssendungen und vor allem jenseits der 30. Die Studie hat sie im ZDF Heute Journal präsentiert, Moderator Claus Kleber wurde für seine Haltung gegenüber Furtwängler mit dem Negativ-Preis „Saure Gurke“ ausgezeichnet
Seit 23 Jahren gehen in der Türkei Frauen immer samstags auf die Straße, um zu demonstrieren: die Samstagsmütter oder Samstagsfrauen. Ihre Söhne wurden inhaftiert und gelten als vermisst. Diese Demonstrationen sollen verboten werden. Ein Unding, finden Katrin Rönicke und Barbara Streidl.
Statt eines Verbots sollte das „Verschwinden“ aufgeklärt werden. Weitere Themen in dieser Sendung sind der Umgang mit den Werken des Künstlers Balthus, das Unternehmen Goop von Gwyneth Paltrow, der Roman „Das weibliche Prinzip“ von Meg Wolitzer und die Hörerfrage „Können Männer Feministen sein?“.
Gehen wir von der ursprünglichen Idee hinter dem Begriff „Demokratie“ aus, dann dürfen alle eines Volkes mitbestimmen über das Gemeinwohl und das, was die Gemeinschaft betrifft. Gute Idee – und völlig klar, warum Feminismus an dieser Stelle so wichtig ist: Zu diesen „allen“ müssen Frauen gehören.
Ganz unbedingt! Das war in der griechischen Antike, der sogenannten Wiege der Demokratie, anders … Frauen, Sklavinnen und Sklaven als auch Menschen ohne Bürgerstatus – das waren oft Gastarbeiter – waren keine Bürger (hier brauchen wir das maskuline Nomen!!). Sie hatten somit keine Stimme.
Über Demokratie und die Notwendigkeit des Feminismus sprechen Barbara Streidl und Katrin Rönicke, anlässlich des neuen Böll-Themenhefts „Demokratie braucht Feminismus„. Dazu passt die Gedankenwelt von Hannah Arendt, die in ihrem posthum veröffentlichten Buch „Die Freiheit, frei zu sein“, ganz klar fordert, dass öffentliches Engagement zum Menschsein – und zur Freiheit – zwingend gehört. Es geht in dieser Sendung um den Film „Female Pleasure„, der zwar erst im November in unsere Kinos kommt, aber schon Großes verspricht – Katrin hat ihn gesehen. Barbara empfiehlt den Roman „Die Gabe“ von Naomi Alderman, der ein schönes „Was wäre wenn Frauen an der Macht wären“-Bild zeigt, und daran geknüpft wird die Frage diskutiert, ob Frauen auch zu Machtmissbrauch neigen: Danach hatte eine Hörerin gefragt – und mit ihrer Frage den Finger auf ein wichtiges Thema gelegt.
Buchtipp dazu von Shannon D. Beebe, „Unsere beste Waffe ist keine Waffe“ und der versprochene Hinweis auf Agnieszka Brugger und dann noch auf Christine Buchholz, um auch eine Linke zu nennen
Was es nicht in die Sendung geschafft hat, aber dennoch spannend ist:
Universität in Tokyo verschlechtert absichtlich Prüfungsergebnisse von Frauen – und das mit der Begründung, es sei ein „notwendiges Übel“, weil die Frauen ja schwanger werden können
Nachrufe in der New York Times sind seltenst nicht männlich oder nicht weiß
Kritiker_innen der #metoo-Debatte bemängeln, dass ein Hashtag doch nichts ändern würde. Stimmt das? Zusammen mit Aoibhinn Ní Shúilleabháin betrachten wir die Abstimmung über das Recht auf Abtreibung in Irland und wie die Macht der Geschichten dort wirkte!
Zu Beginn dieser Sendung greifen wir noch einmal die Diskussion zwischen Svenja Flaßpöhler und Margarete Stokowski auf – auch ihr habt uns viele Kommentare dazu geschrieben. Wie kam die Debatte bei euch an und was haben wir durch sie gelernt? Kann ein „Hashtag-Feminismus“ die Welt verändern? Oder belässt die Frauen in der Opferrolle? Welche Rolle spielt die Macht der Geschichten bei #metoo? Was hat sie bewirkt? Wo ist Machtmissbrauch möglich?
Was Svenja Flaßpöhler vielleicht unterschätzt, ist wie wirkmächtig das Erzählen von Geschichten sein kann – deswegen haben wir einen Blick nach Irland geworfen. Dort hat die Bevölkerung in einer Volksabstimmung am 25. Mai entschieden, dass auch irische Frauen ein Recht auf Abtreibung haben sollen. Die Kampagne der Kirche und der konservativen Kräfte dagegen war hart und mächtig – doch noch mächtiger waren die persönlichen Geschichten der Frauen, die unter der bisherigen Gesetzgebung zu leiden hatten. Aoibhinn Ní Shúilleabháin erzählt uns, wie es war, an der „Yes“-Kampagne beteiligt zu sein und als „Mörderin“ beschimpft zu werden und wie dennoch die Iren, die bis heute zu über 70 Prozent katholisch sind, sich entschieden haben, das Abtreibungsverbot aus ihrer Verfassung zu streichen. Entscheidend – sagt Aoibhinn – waren die Geschichten.
Auch wenn es in Filmen, Liedern, Serien und Büchern viel über die Liebe geht, steht die Liebe, die ältere Frauen leben, eher selten im Fokus. Barbara Streidl ist auf Spurensuche gegangen, in Literatur und Serien, und hat mit einer alten Frau gesprochen.
In Doris Lessings „Und wieder die Liebe“ wundert sich eine 65-jährige Frau, dass sie nach 20 Jahren plötzlich wieder liebt. Neu liebt. Das geht auch der Protagonistin in Hedwig Dohms Novelle „Werde, die du bist“ so. Isabel Rohner, Hedwig-Dohm-Spezialistin, erzählt, wie die Autorin (die übrigens die Großmutter von Katia Mann war) sich für Frauenrechte eingesetzt hat: „Die Menschenrechte haben kein Geschlecht“, so einer ihrer prägnanten Sätze. Und dass das Team, das für die Serie „Grace and Frankie“ verantwortlich zeichnet, fast nur weiblich ist, sagt Susanne Klingner in diesem Podcast. Zuletzt gibt’s noch einen Buchtipp: Liv Strömquist hat wieder eine Graphic Novel gemacht: „Der Ursprung der Liebe“.
Das Stück „Autumn leaves“ ist von Slim Jazz, erschienen auf der CD „Nice old tunes“ (2018) (www.slimjazz.de); die Musik kann hier online erworben werden.
Fragt uns alles, war unser Aufruf für die 100. Folge des Lila Podcast. Und die Fragen kamen!
In dieser Sendung beantworten Susanne Klingner, Katrin Rönicke und Barbara Streidl Fragen der Hörerinnen und Hörer: Es geht um die Themen Aktivismus, kapitalistische Konsumlogik, Podcast-Machen, Gesellschaft und Medien – und die Zukunft. Zuletzt hat Barbara noch eine Buchempfehlung: Das „Kursbuch Frauen II“.
Vielen Dank für euer Mitmachen, eure Fragen und euer Zuhören – ohne euch würde es wohl keine 100 Folgen des Lila Podcast geben!
Sie ist Pädagogin und Kauffrau, Gründerin einer eigenen Frauenzeitschrift, Buchautorin und Muslimin. Sineb El Masrar schiebt die Stühle, zwischen denen Frauen wie sie angeblich sitzen, einfach zusammen und kreiert etwas Eigenes: eine emanzipatorische Bildungsbewegung innerhalb des Islams. Das ist gewagt! Und bleibt nicht unwidersprochen. Aber sie findet, dass es verdammt notwendig ist.
Für sie sind Vielfalt, Emanzipation und Islam keine Widersprüche, sondern das ganz normale Leben – wie sie auch mit ihrem Debüt „Muslim Girls“, das 2010 erschien, zeigte. Darin hat sie muslimische Mädchen und Frauen und deren vielfältige Art zu leben festgehalten und gezeigt: Klischees sind immer schlecht. Mehr Realität bitte! Sie wendet sich gegen eine stereotyp-defizitäre Darstellung von Frauen im Islam. Und gleichzeitig wehrt sie sich gegen die patriarchalen Ströme in der eigenen Religion und ruft alle dazu auf, diese zu verändern und zu einem besseren Ort für Frauen wie auch Männer zu machen. Sineb zeigt, wie man mit Empathie, Geduld und Beharrlichkeit – vor allem aber mit ganz vielen hartnäckigen Fragen, eine gemeinsame Bewegung schaffen kann.
In dieser Folge geht es erst um feministische Ideen, die gerade ein mögliches Update erfahren: die Rückkehr des Körpers – vor allem des weiblichen Körpers. War der nicht – wie auch das Geschlecht – eine Konstruktion? Danach diskutieren Susanne Klingner und Barbara Streidl einmal mehr über #metoo, besonders über den Umgang mit Kunstwerken von sogenannten Tätern.
Ist es heuchlerisch, die US-amerikanische Initiative Time’s up zu unterstützen, die Geld sammelt, um Frauen den nötigen Rückhalt für Strafverfahren wegen sexualisierter Gewalt zu geben, und gleichzeitig in einem Woody-Allen-Film zu spielen? Heuchelei wirft nämlich Allens Adoptivtochter, Dylan Farrow, Justin Timberlake vor.
Zum Schluss gibt es noch die Buchempfehlung für Mary Beard, „Women and Power“, und den Hinweis auf Susanne Klingners neuen Podcast bei Haus eins, den sie für „Plan W“ macht. Mehr Infos weiter unten.
Infos und Links:
Heide Oestreich fragt in der taz, ob der Körper im Feminismus wieder eine Rolle spielt
Eine Art Einführung in die Ideen von Judith Butler
Christina Thürmer-Rohr: „Es ist trügerisch zu meinen, Frauen führten mehr oder weniger und vielleicht sogar zunehmen ein unabhängiges Eigenleben parallel zu den patriarchalen Taten, sozusagen an einem anderen Ort.“ (aus: Vagabundinnen, ein Erzählband von Thürmer-Rohr)
Über den Umgang mit Kunstwerken von Tätern spricht Judy Blume bei NPR
Was #metoo in Sachen Leadership ändern könnte und was nichtj, behandelt dieser Kommentar aus Norwegen: „Aggressive, obstinate men are more likely to seek power and are often preferred as leaders. The #metoo revolution is pushing to change the way managers behave, but research shows that power changes people — and not always for the best.“
Buchtipp: „Women and Power. A Manifesto“ von Mary Beard; auf Deutsch heißt das Buch „Frauen und Macht“
Video mit zentralen Thesen bei Vortrag von Mary Beard im British Museum
Teaser auf den Plan-W-Podcast, den Susanne Klingner macht
Radiosendung von Barbara Streidl im BR zu #metoo: „Das Ende vom Schweigen der Lämmer: Was hat sich nach einem halben Jahr #metoo in Kultur und Medien verändert?“
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In der 100. Sendung dürft ihr uns alles fragen: „Ask me anything“ ist das Motto. Schickt uns eure Fragen – zu Themen, Problemen, Ärgernissen, über Mikrofone, Kaffeesorten, Bücher, Filme usw. bis zum 10.5.2018 (danach machen wir uns ans Beantworten). Wir freuen uns auf eure Fragen!
Zwei Schriftstellerinnen, ein Thema: Freiheit und wie man sie sich erkämpft.
Wie geht das ist die zentrale Frage im Buch „Beschreibung einer Krabbenwanderung“ von Karosh Taha, ein Roman, in dem die Protagonistin Sanaa manchmal wie gefangen in ihrer Vergangenheit, Rolle und Herkunft (Irak) wirkt und doch darum kämpft, sich frei zu machen. Im Gespräch mit Karosh beleuchten wir die Themen des Buches (Migration, Frausein, Emanzipation), das kürzlich bei Dumont erschienen ist.
Freiheit ist ebenso bestimmend in der Arbeit von Margarete Stokowski. Im Gespräch mit ihr blicken wir auf den Hass im Netz und wie man es schaffen kann, sich davon nicht am Schreiben und schon gar nicht am Wirken hindern zu lassen! Margarete erzählt, warum sie so oft über Sex schreibt, wie ältere Herren ihre Irritation über sie manchmal kaum verbergen können und dabei unverschämt werden, warum die gemeinsame, von vielen Feministinnen anvisierte Zukunft eine Party ist, auf der alle mehr Spaß und vielleicht sogar mehr Sex haben. Und warum es bei all dem Spaß und all den guten Nachrichten wichtig bleibt, den rechten Backlash genau im Auge zu behalten.
Infos über Gesprächspartnerinnen und besprochene Themen: