Are men okay? Feministische Perspektiven auf Männlichkeit – mit Fikri Anıl Altıntaş (Teil 1)

Ein Blick ins Weltgeschehen, das Internet oder das eigene Umfeld reicht eigentlich schon, um sich zu fragen: Are men okay? Geht es Männern gut? 

Korrektur: AMAB/AFAB
Ab Minute 6:20 spricht Laura in dieser Folge über die Abkürzung AMAB, die für Assigned Male At Birth steht. Die Abkürzung AFAB steht entsprechend für Assigned Female At Birth. Diese Abkürzungen ersetzen jedoch nicht, wie Laura im Podcast sagt, die Begriffe (cis) Mann oder (cis) Frau. Sie sind nicht synonym zu verwenden. Vielmehr bieten sie eine Möglichkeit, diskriminierungssensibel über die Vergangenheit einer nicht-binären oder trans Person zu sprechen. So kann ein trans Mann beispielsweise die Abkürzung AFAB verwenden, um auszudrücken, dass ihm bei der Geburt fälschlicherweise das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde – und diese Praxis gleichzeitig kritisieren. Bitte entschuldigt den Fehler.

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Sind Männer gut für den Feminismus?

Männern geht es ganz offensichtlich nicht gut. Es gibt zig traurige Negativ-Statistiken, die sie anführen: Kriminalität, Drogenmissbrauch, Wohnungslosigkeit, Suizid, Radikalisierung und vor allem: Gewalt. Gewalt gegenüber Frauen, aber auch Gewalt gegenüber Männern geht mehrheitlich von Männern aus. Der Faktor „Männlichkeit“ spielt also eine große Rolle bei vielen gesellschaftlichen Problemen. Und hier kommt der Feminismus ins Spiel.

Anders als viele immer noch glauben, geht es beim Feminismus nicht darum, das Patriarchat einfach durch ein Matriarchat zu ersetzen. Es geht auch nicht um stumpfes Männer-Bashing. Männer haben Probleme und Männer machen Probleme. Aber Männer sind nicht das Problem. Das Patriarchat mit seinen engen Geschlechterrollen ist es. Ergo ist Feminismus auch für Männer gut. Aber: Sind Männer auch gut für den Feminismus? Was ist überhaupt „Männlichkeit“? Wie lassen sich Männer für den Feminismus gewinnen? Und ist das überhaupt die richtige Frage?

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Männlichkeit dekonstruieren

Lena und Laura schauen sich das Thema Männlichkeit in dieser Folge ganz genau an und versuchen differenzierte Antworten auf komplexe Fragen zu finden. Mit dabei ist Fikri Anıl Altıntaş. Anıl ist Autor und schreibt über Männlichkeit(en), Rollenbilder, Orientalismus, Antifeminismus sowie (De)-Konstruktion von migrantischer, muslimisch-türkischer Männlichkeit in Deutschland. Im April 2023 erschien sein Roman „Im Morgen wächst ein Birnbaum“. Anıl ist außerdem HeForShe-Botschafter für Gleichstellung von UN Women Deutschland.

Dies ist der erste Teil einer Doppelfolge zum Thema Männer und Feminismus. In dieser Folge schaffen wir Grundlagen. Im zweiten Teil wollen wir vor allem Fragen beantworten, die uns zu dem Thema erreicht haben.

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Links und Hintergründe

 

4 thoughts on “Are men okay? Feministische Perspektiven auf Männlichkeit – mit Fikri Anıl Altıntaş (Teil 1)”

  1. Wie sollen Jungs und Männer denn emphatischer und damit auch sensibler für Diskriminierung anderer werden, wenn ihnen von der Gesellschaft sowohl Emphatiefähigkeit als auch Gefühle (außer Wut) abgesprochen werden und gleichzeitig die Gesellschaft sich ihrerseits absolut unemphatisch ihnen gegenüber zeigt, weil Männer ja stark sein und alles ertragen müssen. Männer die weinen werden ausgelacht. Die Konservativen sagen:“Das ist ein starker Mann, der muss das aushalten.“ Und die Progressiven sagen:“Cis-Männer brauchen gar nicht rumheulen, denn sie sind privilegiert.“ Letzterers ist übrigens ein Zitat von einer Kommilitonin aus der Uni die im Nebenfach Genderstudies studiert hat. Von Männern wird erwartet, dass sie keine Emphatie haben und deshalb wird automatisch davon ausgegangen, dass man sie ihnen anerziehen müsse, weil sie sonst für immer blind für die Diskriminierung und das Leid anderer durch die Welt laufen. Und da ist es doch nicht verwunderlich, dass sie sich damit arrangieren und zu dem werden was die Gesellschaft von ihnen erwartet bzw. wie die Gesellschaft sie sieht. Wenn von Männern selbstverständlich erwartet werden würde, dass sie emphatisch sind und emphatische Männer nicht mehr als die großen positiven Ausnahmen von der Regel behandelt werden würden und wenn ihnen gleichzeitig Emphatie entgegengebracht werden würde, was diesen Unverwundbarkeitsmythos, dem viele Männer glauben gerecht werden zu müssen, aufbrechen würde, wären sie vielleicht auch viel sensibler gegenüber Ausgrenzung und Unterdrückung anderer. Das soll nicht heißen, dass Männer frei von jeder Verantwortung sind, ich sehe sie wie im Podcast auch gesagt wurde, in der Pflicht ihren Beitrag zu einer besseren und gerechteren Welt zu leisten. Aber ich glaube, dass es beides braucht. Einerseits den inneren Antrieb, dass Männer von sich aus versuchen sich zu reflektieren und etwas zu ändern und andererseits ein Männerbild in der Gesellschaft, das genau das auch von ihnen als selbstverständlich erwartet und da sind wir glaube ich alle gefragt, nicht nur Männer. Eigentlich ist dieses traditionelle Männerbild doch so entmenschlichend, da es Männern das menschlichste überhaupt, nämlich Gefühle, abspricht. Da ist es kein Wunder wenn Tyrannen aus einer solchen Sozialisierung hervorgehen.

  2. Deswegen wird auch so oft an der Glaubwürdigkeit von männlichen Opfern von Gewalt, insbesondere häuslicher Gewalt, gezweifelt, weil es nicht zum traditionellen Rollenbild mit dem wir alle mehr oder weniger internalisiert sind, passt. Ein Mann ist nie Opfer, immer Täter, er ist nie schwach, immer stark und dominant. Und wenn rauskommt dass seine Frau ihn verprügelt, verliert er seine Männlichkeit und damit seinen Selbstwert. Das ist eine reale Angst dieser Menschen. Und wenn sie sich dann doch überwinden Anzeige zu erstatten werden sie von den Polizisten, die meistens auch Männer sind, ausgelacht und nicht ernst genommen. Das zeigt doch wie verkorkst das alles ist. Ich denke dass das Eingeständnis der eigenen Verwundbarkeit und dazu die gesellschaftliche Anerkennung von außen dieses Eingeständnisses die Grundvoraussetzung dafür ist, auch die Vulnerabilität anderer sehen, erkennen und mitfühlen zu können.

    1. Hi, Philipp! Danke für deine Gedanken zu dem Thema und dass du das Dilemma nochmal in deinen Worten beschreibst. Es gibt noch viel zu tun. Liebe Grüße!

      1. Danke für die lieben Worte! Ja das Thema interessiert mich schon länger, auch aus soziologischer Perspektive. Es gibt da eine sehr gute Doku bei Netflix zu dem Thema. Beyond Men and Masculinity heißt die. Das ist bisher das beste was ich zu dem Thema gesehen hab, kann ich nur empfehlen. Und ich finde die Klosterstudie auch interessant. Da wurde die Lebenserwartung von Nonnen und Mönchen, die im Kloster unter fast gleichen Bedingungen leben, verglichen und dabei kam heraus, dass der Unterschied nur 1 Jahr ist. Das ist also biologisch. Bei der Bevölkerung in Deutschland beträgt der Unterschied in der Lebenserwartung allerdings 5 Jahre zwischen Männern und Frauen. In Russland sind es 11 Jahre. Man könnte da von einem Gender Lifetime Gap sprechen wie Thomas Gesterkamp es genannt hat. Die Studie zeigt also, dass alles was über ein Jahr geht an den unterschiedlichen Lebensumständen liegen muss. Wenn ihr dem mal versucht auf den Grund zu gehen und da vielleicht mal nochmal ne Folge zu machen würdet, das fände ich mega spannend. Aber ist nur so ein Gedanke.
        Liebe Grüße, Philipp

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